Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...
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DAS ARGUMENT 148/1984 @<br />
842 P. Anderson, F. Fröbel, J. Heinrichs und O. Kreye<br />
Dritten Welt auf (oder sogar unter) die Schwelle nackter Subsistenz, wachsende<br />
Gefahr <strong>eines</strong> Atomkriegs, immer massiverer Raubbau an der Natur, Ausbrüche<br />
rassistischer Gewalt, Aufrechterhaltung patriarchalischer Unterdrückung.<br />
Eine ernstgemeinte alternative Strategie muß diese kapitalistische<br />
Weltordnung als ganze zu überwinden suchen und dazu das gesellschaftliche<br />
Kapitalverhältnis beseitigen, das die gegenwärtige Krise hervorruft und fortdauern<br />
läßt.<br />
Eine solche alternative Antwort auf die Krise erfordert zweierlei. Zum einen<br />
verlangt sie die Angabe konsistenter systematischer Alternativen in allen vier<br />
Konfliktbereichen, die heute die politischen Auseinandersetzungen im Weltkapitalismus<br />
bestimmen: Verhältnis von Kapital und Arbeit, Kapital-Kapital<br />
Verhältnis (insbesondere die Hegemoniefrage), West-Ost-Beziehungen und<br />
Nord-Süd-Beziehungen (Zentrum und Peripherie) - ohne daß damit die Antworten<br />
auf die <strong>Fragen</strong> des Raubbaus an der Natur und der Fremdbestimmung<br />
wie im Patriarchat und im Rassismus präjudiziert werden sollen, die sich überall<br />
stellen. Und zum anderen verlangt eine alternative Antwort die Angabe<br />
identifizierbarer politischer Akteure oder Kräfte, die willens und fähig sind,<br />
<strong>für</strong> diese Alternativen zu kämpfen.<br />
A. Akteure<br />
Offenkundig sind die Voraussetzungen <strong>für</strong> eine Realisierung dieser beiden Erfordernisse<br />
in den westlichen Industrieländern (auf die wir uns in unseren Bemerkungen<br />
beschränken) höchst unterschiedlich. Aus historischen Gründen<br />
erscheinen die Chancen einer Verwirklichung in den Vereinigten Staaten und in<br />
Japan weniger günstig als in Westeuropa. Und was die Europäische Gemeinschaft<br />
anlangt: Welche ernstzunehmenden Kandidaten mit einem eindeutig systemüberwindenden<br />
Potential lassen sich hier ausmachen? In der Mitte des<br />
Jahres 1984 kann schwerlich ein Zweifel darüber bestehen, wo das konservative,<br />
systemverhaftete Management der Krise dem wirkungsvollsten Widerstand<br />
begegnet. In der Bundesrepublik Deutschland streikt die größte Einzelgewerkschaft<br />
der kapitalistischen Welt, die IG Metall, <strong>für</strong> die 35-Stunden-Woche. In<br />
Großbritannien halten seit vielen, vielen Wochen die Bergarbeiter einem massiven<br />
Aufgebot staatlicher Repression stand. In Frankreich wehren sich die Belegschaften<br />
der Automobilwerke gegen Entlassungen und protestieren die lothringischen<br />
Stahlarbeiter dagegen, daß ihre Region dem wirtschaftlichen Niedergang<br />
preisgegeben werden soll. In Italien beherrscht der Zusammenstoß der<br />
Bewegung der autoconvocati in den Fabriken mit dem Lohnsenkungsprogramm<br />
der Regierung die Szene; in diesem Zusammenhang erlebte Rom im<br />
März dieses Jahres die größte Demonstration seiner Nachkriegsgeschichte.<br />
Diese länderübergreifende Wiederbelebung der Militanz der Arbeiterbewegung<br />
muß <strong>für</strong> alle jene eine Überraschung sein, die die alte Arbeiterbewegung<br />
als eine überlebte, verbrauchte oder diskreditierte Kraft bereits abgeschrieben<br />
hatten. Warum bildet auch heute noch die traditionelle Arbeiterbewegung in<br />
Zeiten der Apathie den langen Atem und in Zeiten des Aufruhrs die Speerspitze<br />
jeder alternativen Politik? Das hat zwei Gründe. Einmal repräsentiert die<br />
traditionelle Arbeiterbewegung auf Grund des zentralen Platzes, den die Ar-