Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...
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DAS ARGUMENT 148/1984 :;<br />
Interventionen 909<br />
2.5 Deshalb überzeugt auch Thomas Metsehers Formulierung nicht, wenn er den marxistischen<br />
Charakter einer wissenschaftlichen <strong>Theorie</strong> »von der grundlegenden politischen<br />
Orientierung und ideologischen Einbindung dieser Wissenschaft« ableiten möchte<br />
(in: Argument 146, 600). Die sozialistische Perspektive von Wissenschaft muß von ihrem<br />
inneren und eigenen Standpunkt konstruiert werden.<br />
2.6 Nach Pascals Tod soll man einen Zettel gefunden haben, den er in seinen Rock eingenäht<br />
hatte und auf dem u.a. stand: »Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs -<br />
nicht Gott der Philosophen und der Wissenschaftler.« Vielleicht wird man <strong>eines</strong> Tages<br />
im Jackett <strong>eines</strong> marxistisch-leninistischen Theoretikers die postume Botschaft finden:<br />
»Der Marx unserer Politiker i der Marx unserer Ideologen - nicht der Marx der Wissenschaftler.«<br />
2.7 Umgekehrt dürfen wir den Marxismus nicht auf marxistische <strong>Theorie</strong> oder Wissenschaft<br />
reduzieren.<br />
3. Politik<br />
3.1 Wie die Ökonomie auf dem Wertgesetz, so beruht die Politik auf dem Hegemoniegesetz.<br />
3.2 Öffentlichkeit und Diskussion sind wesentliche Formen, in denen sich Überzeugungen<br />
(hegemoniale Effekte) bilden.<br />
3.3 Der Unterdrückung offener Debatten zwischen Mitgliedern in den eignen Medien<br />
einer Partei entspricht die Unfahigkeit, offene Debatten außerhalb zu bestehen.<br />
3.4 Unbewußt mag dabei ein Verhalten übertragen werden, das unter Bedingungen der<br />
Verschmelzung einer einzigen herrschenden Partei mit einem Staatsapparat entstanden<br />
ist. Solches Verhalten ist aber nicht nur kritikwürdig (auch und gerade von marxistischem<br />
Standpunkt), sondern hierzulande auch in jeder Weise disfunktional.<br />
3.5 Die Frage der Einheit als Bedingung von Handlungsfahigkeit stellt sich auf politischem<br />
Feld unabweisbar. Die Art, wie sie sich stellt, hängt indessen von den Umständen<br />
ab.<br />
3.6 Jede mögliche fortschrittliche Politik in unserm Land und in absehbarer Zeit wird<br />
multizentrisch sein, wie ein Netzwerk, das eine Struktur miteinander verbundener Knotenpukte<br />
ist, die sehr unterschiedlich sein können.<br />
3.7 Die Marxisten sind auf verschiedne Organisationen, die als solche Knotenpunkte<br />
fungieren, verteilt. Diese Dispersion kann Schwäche bedeuten; sie kann aber auch zu einer<br />
Stärke gemacht werden, wenn es gelingt, durch die Unterschiede hindurch die gemeinsamen<br />
Bezugspunkte zu aktivieren.<br />
3.8 Die Beziehung auf die Arbeiterklasse ist nur ein vorgeschobner Grund <strong>für</strong> die Spaltungslinien<br />
zwischen Marxisten; die politischen Methoden, das Verhältnis zu demokratischen<br />
Prozessen, zur Überzeugungsbildung und zur politischen und theoretischen Kultur,<br />
bestimmen die Bruchlinien ungleich mehr.<br />
4. Das »Kritische Wörterbuch des Marxismus«<br />
4.1 Kritik als eine besonders wichtige Dimension des Marxismus hervorzuheben, ist<br />
kein »Pleonasmus« angesichts der Geschichte dogmatischer Erstarrungen in der zweiten<br />
und dritten Internationale und auch in der Gegenwart immer wieder.<br />
4.2 Die Tilgung von »Kritik« aus dem legitimen Bestand »der Begriffe und Kategorien<br />
des Marxismus« (MEGA2 11.5, 59 +; vgl. meine Rezension in Argument 145, 455) läuft<br />
auf eine Selbstaushöhlung des Marxismus-Leninismus hinaus.<br />
4.3 Dies ist besonders absurd in einer Ausgabe, die sich selbst als »Kritische Ausgabe«<br />
der Werke von MarxiEngels bezeichnet.<br />
4.4 Der Anspruch <strong>eines</strong> Kritischen Wörterbuchs, die damit bezeichnete Tradition der<br />
besten Aufklärung, muß unbedingt in den Marxismus aufgenommen werden.