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Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...

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898 Harald Mattfeldt<br />

Harald Mattfeldt<br />

Linker Antikeynesianismus*<br />

In der Kritik m<strong>eines</strong> Artikels im Argument-Heft 145 geht Michael Ernst-Pörksen wenig<br />

auf die eigentliche Stoß richtung meiner Aussagen ein. Ohne die von mir angeschnittene<br />

Problematik vom »Primat der reinen <strong>Theorie</strong>« oder »Primat der Programmatik« <strong>für</strong><br />

linke Ökonomen in der jetzigen Situation und dem Stellenwert der Lehre von Keynes<br />

dabei zu diskutieren, wird unter dem Schlagwort der »Überlegenen <strong>Theorie</strong>« <strong>für</strong> die Erarbeitung<br />

<strong>eines</strong> Wissenschaftsprogramms linker Ökonomen der Primat einer bestimmten<br />

<strong>Theorie</strong>, nämlich »der überlegenen«, als Grundlage gemeinsamen Handeins von<br />

Ernst-Pörksen gefordert. Ganz abgesehen von der Frage, ob und wo es diese »Überlegene<br />

<strong>Theorie</strong>« schon gibt, wie sie aussieht, ob das Kriterium ihrer Überlegenheit allein<br />

wirtschafts wissenschafts-immanent gewonnen wird und gewonnen werden kann oder ob<br />

dies auch im politischen Praxisraum mitentschieden wird sowie der Wortwahl (wer<br />

möchte nicht Mitglied der Gruppe »Überlegene Theoretiker« sein?), handelt es sich bei<br />

dem Beitrag in weiten Passagen um eine Variante linker Ausgrenzungskonstruktionen.<br />

Diese werden in der Tat von mir in meinem Aufsatz kritisiert. Die Frage <strong>eines</strong> politök0-<br />

nomischen Minimalkonsenses als politischer Notwendigkeit ist im Begriff der Ȇberlegenen<br />

<strong>Theorie</strong>« von Ernst-Pörksen nicht enthalten. - »Überlegene <strong>Theorie</strong>« wird nur<br />

als abstrakte Antiphrase zu Keynes verwendet. Eine »linke Ökonomik«, besser: Politische<br />

Ökonomie, als Bestandteil einer <strong>Theorie</strong> der Reform, kann sich nicht auf einen engen<br />

wirtschaftstheoretisch-analytischen Rahmen beschränken, der allein aus der Erklärung<br />

der Funktionsdynamik kapitalistischer Systeme besteht und hier eine (meinetwegen<br />

»Überlegene <strong>Theorie</strong>« entwickelt, sondern sie muß ebenfalls <strong>Theorie</strong> der bewußten Veränderung<br />

und <strong>Theorie</strong> der Träger von Reformen und Reformwiderständen sein, also die<br />

Frage nach den Reformzielen und den »reformwilligen« und »reformfahigen« Subjekten<br />

und gesellschaftlichen Kräften beantworten. Eine nur wirtschaftstheoriedimensi0-<br />

nierte linke Ökonomik führt zwangsläufig zurück in den Elfenbeinturm des Regensburger<br />

Neoklassizismus oder in die hölzerne Kapitalsyllogistik, deren Anhänger, vor lauter<br />

Angst, den trojanischen Pferden rechtssozialdemokratischer Systemstabilisierer in die<br />

Falle zu gehen, auf die Formulierung und positive Bestimmung einer alternativen Wirtschaftspolitik<br />

verzichten oder sich auf Defensivkonzepte (gegen Sozialabbau, gegen<br />

Umweltzerstörung, gegen usw.) beschränken. Dies reicht nicht aus, um wirtschaftspolitische<br />

Kompetenz oder gar Hegemonie zurückzugewinnen. Stellt man als Kriterium <strong>für</strong><br />

die Überlegenheit einer <strong>Theorie</strong> nicht ihren, am neoklassischen Modell gemessenen,<br />

wirtschaftswissenschaftsimmanenten Reinheitsgrad auf, auf den dann voluntaristisch als<br />

Handlungsorientierung irgendetwas mit »dezentralen Entscheidungsstrukturen«, »Unterstützung<br />

des Kampfes der Gewerkschaften« aufgepfropft wird, sondern steckt im Begriff<br />

der Überlegenheit auch der der politischen Überlegung, so muß man eine linke<br />

»Überlegene <strong>Theorie</strong>« an ihren Möglichkeiten messen, gesellschaftliche Kräfte programmatisch<br />

zu mobilisieren, zu vereinheitlichen und zu organisieren. Die These m<strong>eines</strong> Artikels<br />

besteht darin, daß die Lehre von Keynes unter einer wichtigen <strong>linken</strong> programmatischen<br />

- und nicht verengt wirtschafts-theoretischen - Zielrichtung, nämlich der Verteidigung<br />

und des Ausbaus von Demokratisierungspotentialen und der Vollbeschäftigungspolitik<br />

einen Beitrag leisten kann. Ernst-Pörksen diskutiert diese These nicht, sondern<br />

- man muß schon etwas polemisch werden - fahrt auf den ausgeleierten Gleisen<br />

• Erwiderung auf Michael Ernst-Pärksen, Keynesianismus und die »linke Position«, Das Argument<br />

145, 26.Jg. 1984,409-414; Ernst-Pärksen kritisiert in diesem Beitrag den Aufsatz von<br />

Mattfeldt, Keynesianismus, Monetarismus und Demokratie, im selben Heft, 391-408.<br />

DAS ARGUMENT 148/1984 ©

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