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Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...

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Politik des radikalen Realismus 843<br />

beiter im Produktionsprozeß des gesellschaftlichen Mehrwerts einnehmen, auf<br />

Grund auch der schieren Zahl ihrer Mitglieder und vor allem auf Grund ihrer<br />

eingespielten Organisation einen gesellschaftlichen Machtfaktor ersten Ranges.<br />

Das Kapital <strong>für</strong>chtet sie wie keine andere soziale Bewegung in seinem<br />

Herrschaftsbereich. Und zum anderen werden sich die Gewerkschaften heute<br />

selbst dann, wenn sie allein die unmittelbaren tagtäglichen Überlebensinteressen<br />

ihrer Mitglieder gewährleisten wollen, in einer ihnen von außen aufgezwungenen<br />

gnadenlosen Klassenauseinandersetzung ohne Aussicht auf einen<br />

baldigen wohlfeilen Komprorniß anti-kapitalistisch repolitisieren müssen - ob<br />

sie es nun wollen oder nicht. Die Welle von Aufsässigkeit der Arbeiter, die dieses<br />

Frühjahr durch Westeuropa schwappte, ist nur erst der Anfang dieses Prozesses.<br />

In bei den Hinsichten sind die <strong>neuen</strong> sozialen Bewegungen der traditionellen<br />

Arbeiterbewegung eindeutig unterlegen. Was den ersten Punkt anlangt, beziehen<br />

Friedens- und Umwelt bewegung ihre Stärke nicht aus einer Integration in<br />

den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß, und dementsprechend verfügen<br />

sie auch über keine vergleichbare organisatorische Stärke und politische Kontinuität.<br />

Kurzatmiger und diffuser in ihren Aktionen, fallen sie bisher nicht als<br />

vergleichbarer Machtfaktor ins Gewicht. Wegen der traditionell zentralen Rolle<br />

der Frauen bei der Aufzucht potentieller und bei der Versorgung invalider<br />

oder alt gewordener Arbeitskräfte sowie wegen der Bedeutung der Frauenarbeit<br />

in der industrie kapitalistischen Produktion ist dagegen die Frauenbewegung<br />

an einer zentralen Stelle im gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß angesiedelt;<br />

ihre organisatorische Stärke kann sich aber bisher noch lange nicht<br />

mit ihrer ideologischen Einwirkung auf die gesamte bürgerliche Gesellschaft<br />

messen. Was den zweiten Punkt angeht, sehen sich die <strong>neuen</strong> sozialen Bewegungen<br />

aus eben diesen Gründen und auf sich allein gestellt auch nicht gezwungen,<br />

die zentralen Mechanismen des Verwertungsprozesses selbst anzugehen:<br />

Als Bewegungen können sie - anders als vielleicht ihre Angehörigen und<br />

anders jedenfalls als die Arbeiterbewegung - einer entscheidenden Auseinandersetzung<br />

im Herzen des Systems ausweichen und versuchen, in schlechten<br />

Zeiten unterirdisch zu überwintern.<br />

Auf der anderen Seite ist aber auch festzuhalten, daß sich die <strong>neuen</strong> sozialen<br />

Bewegungen in den letzten Jahren der traditionellen Arbeiterbewegung oft genug<br />

in politischer Phantasie und in ihrer Fähigkeit zu kurzfristiger moralischer<br />

Mobilisierung als überlegen erwiesen haben, wie beispielsweise bei verschiedenen<br />

Gelegenheiten die europäische Friedensbewegung.<br />

Eine politische Alternative hat deshalb in den westlichen Industrieländern<br />

nur bei einem Bündnis der traditionellen Arbeiterbewegung mit den anti-kapitalistischen<br />

Elementen in den <strong>neuen</strong> sozialen Bewegungen eine Chance. Nur<br />

ein solches Bündnis verspricht Erfolg bei der Durchsetzung der Ziele <strong>eines</strong> jeden<br />

der heiden Partner.<br />

Die bei den Seiten des Bündnisses sind wechselseitig aufeinander angewiesen.<br />

Ohne die organisierte, im Produktionsprozeß fest verwurzelte Arbeiterbewegung<br />

haben die <strong>neuen</strong> sozialen Bewegungen kaum eine Chance, die Imperative<br />

der Akkumulation mit allem, was aus ihnen resultiert, zu modifizieren oder

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