Energiekrise in Sicht - Sonnenzeitung
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© Naku (4x)<br />
FORSCHUNG & ENTWICKLUNG<br />
Alles Pflanze!<br />
Natur und Kunststoff <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Produkt<br />
vere<strong>in</strong>t: Geht nicht? Geht doch:<br />
Die Biokunststoffe kommen!<br />
Sonja Spiller<br />
26<br />
Kaum e<strong>in</strong> anderes Material hat die Industrie so tiefgreifend<br />
verändert wie die Erf<strong>in</strong>dung des Kunststoffs.<br />
Inzwischen ist dieses vielseitige Material aus unserer Welt<br />
kaum mehr wegzudenken und dies nicht zuletzt aufgrund<br />
se<strong>in</strong>er herausragenden technischen Eigenschaften.<br />
Der Haken: Der wichtigste Rohstoff zur Herstellung von<br />
Kunststoffen ist das nur begrenzt vorhandene Erdöl.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus braucht herkömmliches Plastik mehrere<br />
hundert Jahre um zu verrotten und ist somit auch für die<br />
Verschmutzung unserer Umwelt verantwortlich. Bei e<strong>in</strong>em<br />
jährlichen weltweiten Kunststoffverbrauch von etwa 200<br />
Millionen Tonnen wird es daher höchste Zeit, neue Wege<br />
zu beschreiten. E<strong>in</strong>e passende Alternative gibt es bereits:<br />
biologisch abbaubare Kunststoffe aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen, so genannte „Biokunststoffe“.<br />
Kunststoff vom Acker<br />
Die Idee dah<strong>in</strong>ter ist alles andere als neu, denn genauer<br />
betrachtet waren die ersten <strong>in</strong>dustriell gefertigten Kunststoffe<br />
vor über 100 Jahren auch pflanzenbasierte Kunststoffe,<br />
wie etwa das aus Cellulose gewonnene Celluloid.<br />
So war Henry Ford überzeugter Anhänger von natürlichen<br />
Materialien und entwickelte e<strong>in</strong>e komplette Automobil-<br />
Karosserie aus Soja-Kunststoff. Allerd<strong>in</strong>gs wurden die<br />
frühen Biokunststoffe schon bald von den billigeren<br />
Kunststoffen aus M<strong>in</strong>eralölen verdrängt und gerieten<br />
über Jahrzehnte <strong>in</strong> Vergessenheit. Erst <strong>in</strong> den 80-er Jahren<br />
erlebten die Biokunststoffe aufgrund ihrer ökologischen<br />
Vorzüge e<strong>in</strong> Revival und so wurde ihre Weiterentwicklung<br />
als eigenständiges Forschungsgebiet vorangetrieben. Als<br />
Rohstoffe dienen heute vor allem Mais, Weizen, Kartoffeln<br />
und Zuckerrüben, woraus sich die für die Produktion<br />
von Biokunststoffen benötigte Stärke gew<strong>in</strong>nen lässt.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus bestehen viele Biokunststoffprodukte<br />
aus Polymilchsäure (PLA), welche durch die Umwandlung<br />
von Kohlenhydraten mit Hilfe von Milchsäurebakterien<br />
entsteht. Um gewisse Materialeigenschaften zu erreichen,<br />
werden den Biokunststoffen verschiedene Zusatzstoffe<br />
und auch petrochemische Anteile zugemischt. Nicht alle<br />
als Biokunststoff geführte Materialien bestehen auch<br />
wirklich aus Biomasse, denn die biologische Abbaubar-<br />
keit e<strong>in</strong>es Kunststoffs reicht grundsätzlich aus, um als<br />
solcher durchzugehen. „Insgesamt betrachtet s<strong>in</strong>d die<br />
am Markt erhältlichen Biokunststoffe aber hauptsächlich<br />
auf pflanzlicher Basis, wobei je nach Anwendung unterschiedliche<br />
Mischungen von fossilen und nachwachsenden<br />
Rohstoffen vorkommen“, erklärt Felicitas Schneider<br />
vom Institut für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur<br />
<strong>in</strong> Wien. Polymere wie PLA können zu 100 %<br />
aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden<br />
und die Palette der natürlichen Ausgangsstoffe soll noch<br />
wachsen: „Im Zuge der Wiederentdeckung des Biokunststoffs<br />
hat man sich vorwiegend auf Pflanzen aus dem<br />
Lebensmittelbereich gestützt, da sie relativ e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> der<br />
Weiterverarbeitung s<strong>in</strong>d. Jetzt, da man die Prozesse und<br />
Technologien der Biokunststoffproduktion besser kennt,<br />
wird die zukünftige Herausforderung das Auff<strong>in</strong>den von<br />
potenziellen Rohstoffalternativen se<strong>in</strong>“, erklärt Schneider,<br />
wobei auch die Nutzung von agrarischen Reststoffen und<br />
Nebenprodukten der Industrie denkbar wäre.