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Energiekrise in Sicht - Sonnenzeitung

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THEMA<br />

Klare Formen<br />

und Materialien<br />

bestimmen auch<br />

das Bild der E<strong>in</strong>familienhäuser.<br />

Zum ersten Mal<br />

<strong>in</strong> der Geschichte<br />

des Dorfes<br />

gibt es nun<br />

zweigeschoßige<br />

Wohnungen.<br />

Der multifunktionaleMehrzweckraum<br />

für<br />

die Volksschüler<br />

im ersten Stock<br />

ist an der Decke<br />

mit wunderschönen<br />

bengalischen<br />

Saris verkleidet.<br />

(l<strong>in</strong>ks)<br />

Die alten Lehmbehausungen<br />

der<br />

E<strong>in</strong>heimischen<br />

haben oft ke<strong>in</strong>e<br />

Fenster und<br />

wenig Wohnkomfort.<br />

Das<br />

kann sich mit<br />

den neuen völlig<br />

ändern. (rechts)<br />

34<br />

Nachhaltigkeit und Ökologie s<strong>in</strong>d die<br />

Schlagworte unserer Tage. Nicht nur<br />

<strong>in</strong> Sachen Fortbewegung, Ernährung<br />

und Bekleidung, sondern mittlerweile<br />

auch beim Bauen und Wohnen.<br />

Immerh<strong>in</strong> benötigt kaum e<strong>in</strong> anderer<br />

Bereich mehr Materialien und<br />

Energie, produziert mehr Abfälle und<br />

trägt weniger zum Materialrecycl<strong>in</strong>g<br />

bei, als das Bauen.<br />

Nicht so die Bauprojekte von Anna<br />

Her<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> Rudrapur, e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />

Dorf mit etwa 2 000 E<strong>in</strong>wohnern im<br />

Nordwesten von Bangladesh.<br />

Bei den Bauten, die sie <strong>in</strong> den vergangenen<br />

Jahren geme<strong>in</strong>sam mit der<br />

lokalen Bevölkerung, geme<strong>in</strong>nützigen<br />

Organisationen wie Dipshika (bengalische<br />

NGO für Ausbildung und Dorfentwicklung)<br />

und Shanti (deutsche<br />

Initiative für Entwicklung und Frieden)<br />

sowie der Kunstuniversität L<strong>in</strong>z<br />

schuf, hat sie fast ausschließlich mit<br />

regionalen, recyclebaren Materialien<br />

gearbeitet. Zum E<strong>in</strong>satz kamen Lehm,<br />

Stroh, Bambus und lokale Textilien<br />

(Saris), aber auch klimaregulierende,<br />

<strong>in</strong>telligente Baukonstruktionen und<br />

energieautarke Technologien wie<br />

Photovoltaik und Solarenergie.<br />

Enormer Mehrwert<br />

Die äußerst umsichtige Herangehensweise<br />

sollte nicht nur dabei helfen<br />

Energie und Kosten zu sparen, sondern<br />

auch die Wohn- und Lebensqualität<br />

zu verbessern, die regionale Wirtschaft<br />

und Identität zu stärken, Abhängigkeiten<br />

abzubauen, um dadurch<br />

langfristig die verloren gegangene<br />

Harmonie zwischen den Menschen,<br />

ihrer Kultur und der Natur wiederherzustellen.<br />

„Durch die Kolonialisierung<br />

und die zunehmende westliche Bee<strong>in</strong>flussung<br />

haben die Bengalen <strong>in</strong> den<br />

© Kathar<strong>in</strong>a Dobl<strong>in</strong>ger<br />

© Anna Her<strong>in</strong>ger<br />

vergangenen Jahrhunderten wertvolles<br />

Bau- und Kulturgut verloren“, erzählt<br />

Clemens Quir<strong>in</strong> von BASEhabitat, dem<br />

Projektstudio, das die Kunstuniversität<br />

L<strong>in</strong>z extra für das Bauen <strong>in</strong> Entwicklungsländern<br />

geschaffen hat. „Früher<br />

haben die E<strong>in</strong>heimischen hauptsächlich<br />

mit Lehm und anderen natürlichen<br />

Materialien gebaut. Heute verwenden<br />

sie zunehmend westliche Baustoffe,<br />

wie Ziegel und Wellblech, weil sie als<br />

chic gelten.“ Dabei s<strong>in</strong>d diese Materialien<br />

für das tropische, feucht-heiße<br />

Klima <strong>in</strong> Bangladesh viel weniger gut<br />

geeignet als Lehm. Im Sommer, wenn<br />

es heiß ist, heizen sich die Wellblechhütten<br />

auf bis zu 50 Grad auf. Noch<br />

dazu haben Ziegel und Wellblech wesentlich<br />

schlechtere Energiebilanzen.<br />

Wellblech wird unter immens hohem<br />

Energieaufwand hergestellt und muss<br />

oftmals importiert werden. Für die<br />

Ziegelproduktion werden <strong>in</strong> Bangladesh<br />

außerdem Autoreifen verbrannt<br />

und die dadurch entstandenen Abgase<br />

ungefiltert <strong>in</strong> die Luft geblasen.<br />

Die Energiebilanz von Lehm h<strong>in</strong>gegen<br />

ist unübertroffen, weil das organische<br />

Material fast überall <strong>in</strong> Bangladesh<br />

vorhanden ist und problemlos <strong>in</strong> die<br />

Natur zurückgeführt werden kann.<br />

„Außerdem wirkt Lehm ausgleichend<br />

– kühlend im Sommer und wärmend<br />

im W<strong>in</strong>ter, Geruch absorbierend<br />

und hilft, die Raumluftfeuchte gut<br />

zu regulieren“, sagt Mart<strong>in</strong> Rauch,<br />

Österreichs erster Lehmbauexperte<br />

und Lehrender an der Kunstuniversität<br />

L<strong>in</strong>z, der bei den Bauprojekten<br />

vor Ort <strong>in</strong>volviert ist. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

s<strong>in</strong>d Lehmwände sowohl bei hohen<br />

Temperaturen wie auch bei feuchten<br />

Bed<strong>in</strong>gungen äußerst standfest. Bei<br />

entsprechenden Lehmbautechniken<br />

und guter Pflege halten sie sogar<br />

e<strong>in</strong>ige hundert Jahre lang.<br />

Das war bisher nicht so. Wie Anna<br />

von den E<strong>in</strong>heimischen erfuhr, hielt<br />

ke<strong>in</strong> Haus länger als zehn Jahre.<br />

Durch regelmäßige Überschwemmungen<br />

<strong>in</strong> der Regenzeit und mangelndes<br />

Know-how <strong>in</strong> der Lehmverarbeitung<br />

bekamen die Wände und<br />

Dächer Löcher. Ratten drangen <strong>in</strong> die<br />

Wohnungen e<strong>in</strong>.<br />

© BASEhabitat

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