Energiekrise in Sicht - Sonnenzeitung

THEMA
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Weil’s (nicht nur) Spaß macht!
Der deutsche Windkraft-Experte Uwe Hallenga über die Faszination
von Energie-Autarkie und schwarzen Schafen in der Branche
Sonnenzeitung: Herr Hallenga, Sie sagen,
Ihr Weg zur Kleinwindkraft hätte
bei einer Demo in Berlin begonnen.
Was steckt dahinter?
Hallenga: Wir haben in den 80ern
gegen Atomkraft demonstriert. Die
Diskussion hat mich damals sehr geärgert,
bei den Demos hab ich sogar
ganz schön eins aufs Maul gekriegt.
Ich hab mir gedacht, „Gegen Atomkraft
sein alleine ist zu wenig“ und
hab begonnen, mich mit Photovoltaik
und Kleinwindkraft zu beschäftigen.
Zumindest hab ich es geschafft, Ende
der 80er-Jahre meine Wohnung
stromautark zu versorgen.
SZ: Und wie ging es weiter?
Hallenga: Der Gedanke der Energie-
Autarkie hat mich fasziniert. Seither
teste ich Kleinwindkraftanlagen und
mache beruflich Windmessung. Seit
2006 betreibe ich die Homepage
www.kleinwindanlagen.de – die
Nachfrage ist gewaltig. Wir hatten
in den ersten drei Jahren fast eine
Million Zugriffe.
SZ: Was ist die meist gestellte Frage in
Ihrem Internet-Forum?
Hallenga: Das ist ganz klar die Frage
nach der Wirtschaftlichkeit.
SZ: Und Ihre Antwort?
Hallenga: Ich denke, dass an 90 bis
95 % der Standorte in Deutschland
Kleinwindkraft nicht wirtschaftlich zu
betreiben ist. Vor allem bei Anlagen
unter 10 kW ist es schwierig. Bei
größeren Anlagen sollten die Kosten
je kW sinken, außerdem werden die
Standorte bei größeren Investitionen
meist sorgfältiger ausgewählt.
SZ: Immer wieder geraten Kleinwindkraft-Hersteller
wegen unseriösen
Auftretens unter Kritik. Wie ist Ihre
Erfahrung?
Hallenga: Unglaublich, was in dieser
Branche versprochen und gelogen
wird! Im vergangenen Jahr sind
mindestens 20 neue Hersteller auf
den Markt getreten – 19 davon sind
Schwätzer mit einer fetten Homepage
und riesigen Versprechungen.
Meistens bauen diese Firmen dann H-
Rotoren oder Anlagen mit Savonius-
Rotoren, weil diese einfach zu bauen
sind. Am Ende scheitern viele der
Unternehmen am passenden Generator
und der elektronischen Steuerung.
SZ: Inwiefern trifft das Interessenten?
Hallenga: Es gibt genügend Fälle, wo
Kunden eine Anzahlung leisten oder
gleich kaufen. Und noch bevor ein
funktionierendes Windrad steht, ist
die Firma in Konkurs und das Geld
beim Teufel. Diese Leute werden nie
wieder etwas mit Windkraft zu tun
haben wollen – die ganze Branche
nimmt Schaden.
SZ: Das klingt alles sehr negativ. Sind
Sie nicht Verfechter der Kleinwindkraft?
Hallenga: Doch. Aber man muss bei
der Wahrheit bleiben und bei dem,
was realistisch ist. In den Foren werde
ich dadurch manchmal wirklich zum
Buh-Mann.
SZ: Nach alldem, was Sie hier erzählen
– warum sollte ich noch ein Windrad
kaufen wollen?
Uwe Hallenga
Windkraft-Experte
© Privat
Hallenga: Weil’s Spaß macht!
SZ: Das ist der einzige Grund?
Hallenga: Windkraft ist faszinierend,
kann an vielen Standorten sinnvoll
sauberen Strom produzieren und
schärft das Bewusstsein für Erneuerbare
und Selbstständigkeit. Schimpfen
alleine ist jedenfalls zu wenig.
SZ: Worauf ist beim Kauf einer Anlage
unbedingt zu achten?
Hallenga: Erstens: Nicht sofort kaufen.
Angebote vergleichen und schauen,
wo schon Anlagen im Praxiseinsatz
zu sehen sind. Zweitens: Sich von erfahrenen
Menschen aus der Branche
beraten lassen, ob man wirklich einen
geeigneten Standort hat. Drittens:
Wenn Sie Windmessungen durchführen,
dann nicht mit Billigstationen, die
Sie im Elektrohandel kaufen. Wenn
Sie solche Schätzeisen verwenden,
können Sie auch eine Brottüte in die
Ecke werfen und zusehen, wie sie
sich dreht. Viertens: Wer Windkraftanlagen
einfach nur billig über e-bay
oder aus China bezieht, kann auch
Anlagen bekommen, die wenig Strom
liefern, aber viel Krach machen.
Uwe Hallenga (49) aus Osnabrück ist Gutachter für Wind- und Solarenergie und seit mehr als 20 Jahren
in der Branche tätig. Der Fachmann für Windmessung und Windkraft betreibt seit 3 Jahren auch die
Internetplattform www.kleinwindanlagen.de