Energiekrise in Sicht - Sonnenzeitung
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Europa noch nie zu e<strong>in</strong>em Unglück<br />
entlang e<strong>in</strong>er Gaspipel<strong>in</strong>e gekommen<br />
wäre – bis ihnen die Gasleitungsgegner<br />
e<strong>in</strong> Video des Hessischen Rundfunks<br />
vom Unglück <strong>in</strong> Gräveneck/Hessen<br />
vorspielten. Damals (2007) stiegen<br />
die Flammen 100 m hoch, im Umkreis<br />
von 150 m wurde alles verwüstet. Nur<br />
durch viel Glück gab es ke<strong>in</strong>e Toten.<br />
Die Pipel<strong>in</strong>e hatte e<strong>in</strong>en Durchmesser<br />
von 60 cm, für die Tauerngasleitung<br />
s<strong>in</strong>d 90 cm veranschlagt. Im Falle<br />
e<strong>in</strong>er Explosion ist also mit viel schlimmeren<br />
Konsequenzen zu rechnen.<br />
Gas von Russland<br />
nach Italien<br />
Bei der Tauerngasleitung handelt es<br />
sich um e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> privatwirtschaftliches<br />
Projekt, daher s<strong>in</strong>d rechtlich gesehen<br />
Enteignungen kaum möglich (siehe<br />
Kasten). Dennoch spricht Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister<br />
Re<strong>in</strong>hold Mitterlehner von<br />
Enteignungen als „Ultima Ratio“, die<br />
also als letztes, äußerstes Mittel <strong>in</strong><br />
Betracht kommen. Mit dieser Aussage<br />
wurde er im vergangenen März <strong>in</strong> den<br />
Tauerngasleitung ist nicht<br />
von öffentlichem Interesse:<br />
„Wenn die Durchleitungskapazitäten<br />
am<br />
Markt nicht verkaufbar<br />
s<strong>in</strong>d, dann rechnet<br />
sich die Leitung<br />
nicht und dann wird<br />
sie auch nicht gebaut.<br />
Daher hat die Leitung<br />
doch vorwiegend e<strong>in</strong>en<br />
Kommerz-Zweck“, erklärte beispielsweise der Salzburger<br />
Agrarlandesrat Sepp Eisl schon im August 2008<br />
<strong>in</strong> ORF onl<strong>in</strong>e.<br />
Arno Gasteiger, Vorstandssprecher der Salzburg AG im<br />
Wortlaut: „Die TGL wird nur gebaut werden, wenn ihre<br />
Auslastung durch verb<strong>in</strong>dliche Vorverträge mit Gaserzeugern<br />
und Gashändlern garantiert ist. Aus den Erlösen der<br />
Durchleitung von Gas wird das Projekt f<strong>in</strong>anziert. Sollte<br />
die nötige Zahl von Vorverträgen nicht erreichbar se<strong>in</strong>,<br />
wird das Projekt beendet.“<br />
SONNENZEITUNG 2/09<br />
Salzburger Nachrichten zitiert, e<strong>in</strong>e<br />
Woche nachdem er noch genau das<br />
Gegenteil gesagt hatte. E<strong>in</strong>e Enteignung<br />
ist laut dem maßgeblichen<br />
Gaswirtschaftsgesetz aber nur zulässig,<br />
wenn dies für die Errichtung der „Fern-<br />
oder Verteilerleitung erforderlich und<br />
im öffentlichen Interesse gelegen ist“.<br />
In erster L<strong>in</strong>ie würde hier wohl für den<br />
Gastransit enteignet werden. Denn<br />
die Aussage von Wulf Bernotat, Chef<br />
des deutschen Atom- und Gasriesen<br />
E.ON, gegenüber der Nachrichtenagentur<br />
Reuters im November 2008<br />
steht für sich: „Wir arbeiten an der<br />
Verbesserung der italienischen Energie-<br />
Infrastruktur [...] unter anderem mit<br />
der Tauerngasleitung, welche Gas von<br />
Russland nach Italien durch Zentral-<br />
Europa br<strong>in</strong>gen wird.“ E.ON führt mit<br />
Anteilen von 45 % das Baukonsortium<br />
der Tauerngasleitung an und ist<br />
eng mit der allmächtigen russischen<br />
Gazprom verwoben, die wiederum<br />
direkt und <strong>in</strong>direkt rund die Hälfte des<br />
zweitgrößten Erdgasspeichers Europas<br />
<strong>in</strong> Haidach/Salzburg, unmittelbar an<br />
der geplanten Trasse der TGL, besitzt.<br />
Gegner der Tauerngasleitung <strong>in</strong> Salzburg:<br />
www.sprachrohr-sbg.com<br />
Gegner der Tauerngasleitung <strong>in</strong> Kärnten:<br />
www.ne<strong>in</strong>zurtgl.com<br />
Landwirt Erw<strong>in</strong> Haider, „Südschiene“:<br />
www.ne<strong>in</strong>zuregl-suedschiene.at<br />
Betreibergesellschaft: www.tauerngasleitung.at<br />
© Dieter Burgstaller<br />
Landwirtschaftsvertreter<br />
für Gazprom?<br />
Besonders empört s<strong>in</strong>d die Bauern,<br />
wie etwa der Landwirt Alois Essl,<br />
darüber, dass ihre Standesvertreter<br />
h<strong>in</strong>ter ihrem Rücken mit den „Gasleitungs-Bauern“<br />
die Modalitäten der<br />
Entschädigungszahlungen verhandelten.<br />
„Die Landwirtschaftskammer vertritt<br />
nicht unsere Interessen, sondern<br />
jene der Gazprom“, erklärt Sirikit<br />
Reuchl<strong>in</strong>, Sprecher<strong>in</strong> der Bürger<strong>in</strong>itiativen<br />
gegen die Tauerngasleitung.<br />
Und: „Die Tauerngasleitung steht<br />
daher nicht nur im Widerspruch zu<br />
den <strong>in</strong>ternationalen und EU-Verpflichtungen<br />
Österreichs zum Klimaschutz,<br />
sondern auch zu den nationalen<br />
Bestrebungen, e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />
Energiepolitik zu entwickeln.“<br />
Michael Johann, Obmann der<br />
Grünen Bauern, ergänzt: „Was<br />
sich hier abspielt, ist e<strong>in</strong> Kampf um<br />
Marktanteile zwischen den Gasriesen<br />
Europas. Die lokale Bevölkerung trägt<br />
die Lasten.“<br />
THEMA<br />
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