Energiekrise in Sicht - Sonnenzeitung

Klimaregulierende
Konstruktionen
Aber nicht nur die Verwendung von
unzweckmäßigen Baumaterialien
schlug sich negativ auf den Wohnkomfort
der bengalischen Bevölkerung
nieder. „Das, was wohl am
meisten zur unvorteilhaften Klimaregulierung
der Häuser in Bangladesh
beiträgt, sind die unintelligenten
Baukonstruktionen“, erzählt Clemens
Quirin. „Die meisten Häuser sind
so gebaut, dass die enorme Hitze
im Sommer nirgendwohin entweichen
kann. Dadurch kommt es zu
Hitzestaus, was einen Aufenthalt im
Inneren unerträglich macht. Umgekehrt
kühlen die Wände an kühleren
Tagen und Nächten schnell aus und
die Bengalen frieren.“ Viele versuchen
diese Diskrepanz mit Öfen und
Ventilatoren zu kompensieren. Das
kostet Geld und Energie. Zwei Dinge,
die sich die meisten angesichts der
bitteren Armut nicht leisten können
oder die oftmals nicht vorhanden
sind. Quirin: „Deshalb sollten die
Dächer hinterlüftet beziehungsweise
offene Flächen zwischen den Dächern
und Decken geschaffen werden. Damit
können die Häuser auf einfache
Weise viel besser an die klimatischen
Bedingungen angepasst werden.“
Hilfe zur Selbsthilfe
Die Dorfbewohner wurden in
allen Phasen des Bauprozesses voll
integriert. Selbst die Kinder durften
mithelfen. Schließlich sollte jeder vom
Know-how und den Erfahrungen
profitieren. Seit 2004 sind auf diese
Weise fünf Bauwerke entstanden, die
nicht nur unter den Dorfbewohnern,
sondern auch weltweit Lob und Anerkennung
fanden: eine Volksschule,
vier Wohnhäuser sowie eine Berufsschule
für Elektriker.
Im ersten, METI (Modern Education
and Training Institute) genannten
Projekt, das gleichzeitig auch Heringers
Diplomarbeit war, entwickelte
die gebürtige Bayerin eine Volksschule.
Seit der Fertigstellung erhalten
hier 260 Kinder und Jugendliche eine
achtjährige ganzheitlich orientierte
Schulbildung mit handwerklichem
Unterricht im Schneidern, Tischlern,
sowie im Bambus- und Lehmbau.
Im Rahmen des Projekts HOMEmade
baute Heringer gemeinsam mit neugierig
gewordenen Studierenden aus
Bangladesh und der Kunstuniversität
Linz vier beispielgebende Wohnhäuser
in Rudrapur und Vishnupur. Entwicklungshilfeorganisationen
stellten
den einheimischen Familien dafür
günstige Mikrokredite zur Verfügung.
Bei ihrem dritten Bauprojekt, DESI,
konzipierte und realisierte Anna Heringer
mit finanzieller Unterstützung
der österreichischen Firma OMICRON
Dieses Solarpanel
versorgt
die gesamte
Berufsschule mit
der Energie, die
für alle elektrischen
Geräte
notwendig ist.
© BASEhabitat
electronics GmbH eine Berufsschule
für Elektriker mit Büros und Wohneinheiten
für das Lehrpersonal. Die
Jugendlichen werden auch im Bau
von Solaranlagen ausgebildet.
Verdienter Preissegen
Alle drei Projekte fanden auch in der
internationalen Architekturszene
großen Anklang. Nicht zuletzt auch
deshalb, „weil die Bauten nicht rein
zweckgebunden und zu 100 %
autark sind, sondern auch die kulturelle
Identität hervorkehren und
unglaublich schön sind“, so Clemens
Quirin. 2006 und 2008 wurde die
Architekturabsolventin Anna Heringer
dafür sogar mit dem AR Award für
Emerging Architecture, dem weltweit
renommiertesten Preis für junge
Architekten, ausgezeichnet.
Nach den immensen Erfolgen in
Bangladesh will die dortige Architekturkammer
den Baustoff Lehm
nun wieder fix in ihrer Bauwirtschaft
verankern. Auch Roland Gnaiger,
Leiter der Architekturabteilung der
Kunst universität und Gründer von
BASEhabitat, ist stolz auf seine ehemalige
Studentin: „Anna hat Hervorragendes
geleistet. Wir unterstützen
sie, wo wir nur können.“ Die Arbeit
der Kunst universität in den Entwicklungsländern
hat sich bereits herumgesprochen.
„Wir bekommen ständig
Anfragen von Studierenden aus aller
Welt, die sich daran beteiligen wollen.
Leider können wir das Potenzial
nicht nutzen, weil uns neue Sponsoren
fehlen“, bedauert Gnaiger.
THEMA
Das neue
Klassenzimmer
der Berufsschule
DESI im ersten
Stock ist gut
hinterlüftet.
Deshalb können
die angehenden
Elektriker auch
bei tropischen
Temperaturen
noch angenehm
arbeiten und
lernen.
www.basehabitat.ufg.ac.at
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© B.K.S. Inan