05·2007 - Themen: … im Wasser, am Wasser, Kraftwerke - Umrisse
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Bau- und Immobilienrecht]<br />
60]<br />
Schriftformmängel durch<br />
»verspätete« Gegenzeichnung?<br />
Ein großer zeitlicher Abstand zwischen<br />
den beiden Unterschriften des Mietvertrages<br />
führt ebenfalls zu Schriftformproblemen:<br />
Gemäß § 147 Absatz 2 BGB kann der<br />
einem Abwesenden gemachte Antrag nur<br />
bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden,<br />
in welchem der Antragende den Eingang<br />
der Antwort unter regelmäßigen<br />
Umständen erwarten darf. In der Rechtsprechung<br />
wurde diese Annahmefrist bei<br />
Mietverträgen zwischen fünf Tagen und<br />
zwei bis drei Wochen angesetzt. Erfolgt die<br />
Annahme eines Angebots nach Ablauf der<br />
Annahmefrist, so gilt diese Annahme, also<br />
die Gegenzeichnung des Vertrages, als<br />
neuer Antrag (§ 150 Absatz 1 BGB). Fraglich<br />
und bislang höchstrichterlich noch<br />
nicht entschieden ist, was dies für einen<br />
Mietvertrag bedeutet, der schließlich in<br />
Vollzug gesetzt wird. In der Literatur wird<br />
zumindest teilweise die Auffassung vertreten,<br />
daß der Mietvertrag dem Schriftformerfordernis<br />
nicht genüge, weil die verspätete<br />
Gegenzeichnung gemäß § 150 Absatz<br />
1 BGB zwar ein schriftliches neues<br />
Angebot sei, das allerdings nicht mehr<br />
schriftlich angenommen wurde, sondern<br />
nur konkludent durch Invollzugsetzung des<br />
Mietvertrages (Übergabe des Mietobjektes,<br />
Zahlung der Miete etc.).<br />
Zerstörung der Schriftform<br />
durch nachträgliche Änderungen<br />
Die Schriftform eines Mietvertrages kann<br />
nicht nur von Anfang an fehlen, sondern<br />
auch <strong>im</strong> nachhinein, durch nicht der<br />
Schriftform entsprechende Änderungen<br />
wesentlicher Vertragsinhalte, zerstört werden.<br />
Jegliche Änderung der wesentlichen<br />
Vertragsinhalte (Mietobjekt, Miete, Laufzeit<br />
etc.) muß in einem förmlichen Nachtrag<br />
niedergelegt werden, der als »Xter Nachtrag<br />
zum Mietvertrag zwischen A + B«<br />
überschrieben ist und deutlich macht, welche<br />
früheren Best<strong>im</strong>mungen weiter gelten<br />
sollen und welche verändert werden. Weiter<br />
muß dieser Nachtrag in gleicher Weise<br />
wie der Mietvertrag selbst von vertretungsberechtigten<br />
Personen (halbwegs<br />
leserlich) unterzeichnet werden.<br />
Änderungen des Mietobjekts<br />
während der Bauphase:<br />
Der Mietvertragsabschluß steht häufig <strong>am</strong><br />
Beginn einer Projektentwicklung. Das<br />
Mietobjekt wird in diesen Fällen regelmäßig<br />
durch Pläne und die Baubeschreibung<br />
definiert. Wird das Mietobjekt dann nicht<br />
so errichtet, wie es in Plänen und/oder der<br />
Baubeschreibung definiert ist, so erfordert<br />
das einen förmlichen Nachtrag zum Mietvertrag.<br />
Wird diese formlose Einigung<br />
durch Baubesprechungsprotokolle oder<br />
ein Übergabeprotokoll, das nicht die Qualität<br />
eines förmlichen Nachtrags hat, dokumentiert,<br />
läßt sich die Änderung und d<strong>am</strong>it<br />
der Schriftformverstoß noch dazu ohne<br />
weiteres nachweisen.<br />
Zerstörung der Schriftform durch<br />
Briefwechsel oder kaufmännisches<br />
Bestätigungsschreiben:<br />
Häufig wird die Schriftform von Mietverträgen<br />
auch dadurch zerstört, daß sich die<br />
Parteien mündlich auf Änderungen des<br />
Mietvertrages einigen und die mündliche<br />
Einigung nur durch ein kaufmännisches<br />
Bestätigungsschreiben dokumentieren<br />
oder eine Einigung <strong>im</strong> Wege eines Schriftwechsels<br />
erfolgt. Beides genügt der<br />
gesetzlichen Schriftform nicht. Ein Mietvertrag<br />
kann nur wiederum durch eine<br />
dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB<br />
entsprechende Urkunde, also einen förmlichen<br />
Nachtrag, geändert werden. Wird er<br />
in anderer Weise geändert (mündlich,<br />
durch Briefwechsel etc.), ist jene Änderung<br />
wirks<strong>am</strong>, zerstört aber die Schriftform<br />
des Vertrages, so daß dieser jederzeit<br />
kündbar ist.<br />
Zerstörung des Mietvertrages durch<br />
falsche Nebenkostenabrechnungen:<br />
Sogar falsche Nebenkostenabrechnungen<br />
können ein Schriftformproblem darstellen.<br />
Nach der Rechtsprechung ist von einer<br />
konkludenten Änderung des Vertrages<br />
auszugehen, wenn über Jahre hinweg<br />
Nebenkostenpositionen, die nach dem<br />
Mietvertrag nicht (wirks<strong>am</strong>) umgelegt sind,<br />
gegenüber dem Mieter abgerechnet und<br />
von diesem bezahlt werden. In gleicher<br />
Weise ist nach der Rechtsprechung von<br />
einer konkludenten Vertragsänderung auszugehen,<br />
wenn Nebenpositionen, die vertraglich<br />
umgelegt sind und auch tatsächlich<br />
anfallen, über einen längeren Zeitraum<br />
nicht dem Mieter belastet werden. Die<br />
Nebenkosten stellen einen Teil des Entgeltes<br />
für die Überlassung der Mietsache dar.<br />
Die Bezahlung von Nebenkosten ist d<strong>am</strong>it<br />
eine der Hauptleistungspflichten des Mieters.<br />
Ihre Änderung ändert den Mietvertrag<br />
also in einem nicht unwesentlichen Punkt.<br />
Erfolgt eine solche Einigung nur konkludent<br />
und nicht in einem dem Schriftformerfordernis<br />
entsprechenden Nachtrag, so kann<br />
dadurch die Schriftform des Mietvertrages<br />
zerstört werden.<br />
Zerstörung der Schriftform<br />
durch Mieterhöhungen:<br />
Auch Mieterhöhungen bergen die Gefahr<br />
einer Zerstörung der Schriftform. In<br />
gewerblichen Mietverträgen werden normalerweise<br />
Indexklauseln vereinbart.<br />
Ändert sich nach der vertraglichen Vereinbarung<br />
die Miete automatisch, so ist dies<br />
unter Schriftformgesichtspunkten unproblematisch.<br />
Ist aber vereinbart, daß bei<br />
einer best<strong>im</strong>mten Veränderung des Indexes<br />
die begünstigte Vertragspartei eine<br />
Änderung verlangen kann, so muß die<br />
Änderung nach der Rechtsprechung in<br />
einem förmlichen Nachtrag niedergelegt<br />
werden. Verlangt der Vermieter eine<br />
höhere Miete und wird diese vom Mieter<br />
bezahlt, ohne daß ein förmlicher Nachtrag<br />
abgeschlossen wird, so wird dadurch<br />
regelmäßig die Schriftform zerstört.<br />
Zus<strong>am</strong>menfassung<br />
Entspricht ein gewerblicher Mietvertrag<br />
nicht dem Schriftformerfordernis, so kann<br />
er (ein Jahr nach Überlassung der Räume)<br />
jederzeit mit gesetzlicher Frist gekündigt<br />
werden. Die Einhaltung der Schriftform<br />
stellt deshalb einen maßgeblichen Faktor<br />
bei der Bewertung von Mietverträgen und<br />
d<strong>am</strong>it von gewerblichen Immobilien dar.<br />
Um sie einzuhalten, müssen die an einem<br />
Mietvertrag, dessen Verwaltung und<br />
Umsetzung Beteiligten darauf achten, daß<br />
die wesentlichen Inhalte des Mietvertrages<br />
in einer einheitlichen Urkunde niedergelegt<br />
und diese (halbwegs leserlich)<br />
möglichst gleichzeitig von beiden Parteien<br />
unterschrieben wird. Spätere Änderungen<br />
müssen in gleicher Weise wie der Mietvertrag<br />
selbst in einer Urkunde niedergelegt<br />
werden. Die mündliche Einigung über<br />
Änderungen führt ebenso wie die Einigung<br />
durch Schriftwechsel zu einem Verlust der<br />
Schriftform.<br />
Dr. jur. Ira Hörndler<br />
Rechtsanwältin<br />
RAe Wagensonner Luhmann Breitfeld Helm,<br />
München<br />
Dr. jur. Ira Hörndler<br />
© RAe Wagensonner Luhmann Breitfeld Helm<br />
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