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26<br />
GESUNDHEIT & FORSCHUNG<br />
25 Jahre Hüftsonographie<br />
LKH Stolzalpe als Vorreiter und Ausbildungszentrum<br />
Univ.Prof.Prim.Dr.<br />
Reinhard Graf, LKH<br />
Stolzalpe.<br />
Die so genannte<br />
angeborene Hüftgelenksverrenkung<br />
ist<br />
die häufigste angeborene<br />
Erkrankung am<br />
Halte- und Bewegungsorgan<br />
und ist in<br />
ihren Grundzügen<br />
schon seit Hippokrates<br />
bekannt. Die Erkrankung<br />
tritt in verschiedenen<br />
Ländern<br />
häufiger auf und kann bei nicht rechtzeitiger<br />
adäquater Therapie zu fatalen Spätfolgen<br />
führen. So sind oft bereits im frühen Kindesalter<br />
mehrfache Operationen notwendig,<br />
wobei trotz bester Behandlung Frühabnützungen<br />
des Hüftgelenkes oft schon im jugendlichen<br />
Alter vorprogrammiert sind. Bewegungseinschränkungen,<br />
Frühinvalidität<br />
sind nicht seltene Folgen. Oft müssen bereits<br />
im jugendlichen Erwachsenenalter<br />
künstliche Hüftgelenke eingesetzt werden.<br />
So haben Berechnungen ergeben, dass aus<br />
dem Pool der Patienten, die künstliche Hüftgelenke<br />
brauchen, 10–12% ihre Ursache in<br />
diesen Hüftgelenkserkrankungen haben.<br />
Nicht nur die Folgen für den Einzelnen, sondern<br />
auch die Kosten der Behandlung für die<br />
Allgemeinheit sind enorm.<br />
Ringen um Früherkennung<br />
Es war daher nahe liegend, dass sich vor allem<br />
im vergangenen Jahrhundert viele Kinderärzte<br />
und Orthopäden um die Früherkennung<br />
dieses Leidens bemühten. Trotz aller<br />
Anstrengungen war es nicht möglich, mit einer<br />
klinischen händischen Untersuchung allein<br />
alle Erkrankungen rechtzeitig zu diagnostizieren.<br />
Allgemeine Röntgenuntersuchungen<br />
aller Babys im 3. Lebensmonat<br />
konnten aufgrund der damit verbundenen erhöhten<br />
Strahlenbelastung ebenfalls nicht<br />
durchgeführt werden.<br />
Stolzalpe Vorreiter<br />
mit Ultraschalldiagnose<br />
Im Jahre 1978 wurden auf der Stolzalpe<br />
erstmals Versuche unternommen, dieses Erkrankungsbild<br />
gleich nach der Geburt mit Ultraschall<br />
zu diagnostizieren. Dies schien deshalb<br />
möglich, weil der Großteil der Säuglingshüfte<br />
noch aus Knorpel besteht und diese<br />
Knorpel im Gegensatz zum Röntgenbild<br />
gut darstellbar sind.<br />
1980 erfolgte erstmals weltweit eine Publikation<br />
in englischer Sprache, die die Diagnose<br />
einer angeborenen Hüftluxation mittels<br />
Ultraschalluntersuchungen beschrieb.<br />
Die darauf folgenden weiteren wissenschaftlichen<br />
Forschungen führten zu einer<br />
rasanten Weiterentwicklung dieser Untersuchungstechnik,<br />
die durch ihre Standardisierung<br />
zunehmend lern- und lehrbar wurde.<br />
1991 führte Österreich als erstes Land<br />
weltweit eine allgemeine Untersuchung<br />
aller Neugeborenen in dieser von der<br />
Stolzalpe entwickelten Technik durch.<br />
1995 folgte diesem Beispiel die Schweiz<br />
und 1996 auch Deutschland.<br />
Ausbildungs- und<br />
Trainingskurse<br />
Unbemerkt von der lokalen Öffentlichkeit<br />
wurden seit 1981 auf der Stolzalpe strukturierte<br />
monatliche Ausbildungskurse angeboten,<br />
die mittlerweile von 200–250<br />
ausländischen Ärzten jährlich besucht<br />
werden. So konnten Kursteilnehmer aus<br />
allen Ländern Europas, aber auch aus<br />
Nord- und Südamerika, Australien, Israel,<br />
Saudi-Arabien, Ägypten, Indien, China, Thailand,<br />
etc. auf eine Kurswoche auf der Stolzalpe<br />
verweisen. Die mittlerweile auf der<br />
ganzen Welt auf Einladung durchgeführten<br />
Ausbildungs- und Trainingskurse in dieser<br />
Untersuchungstechnik werden von Kollegen<br />
aus den USA und England unterstützt.<br />
Die letzten Ausbildungskurse unter unserer<br />
Leitung mit Unterstützung von international<br />
angesehenen Ausbildnern fanden in Teheran<br />
und vor kurzem in Bombay statt.<br />
Forschungsarbeiten und internationale<br />
Auszeichnungen<br />
Die Forschungsarbeiten wurden durch zahlreiche<br />
internationale wissenschaftliche Auszeichnungen<br />
mittlerweile anerkannt und fanden<br />
ihren Niederschlag in immerhin 12 Ehrenmitgliedschaften<br />
von wissenschaftlich<br />
orthopädischen Gesellschaften weltweit.<br />
Besonders hervorzuheben ist dabei die Aufnahme<br />
in die älteste wissenschaftliche Gesellschaft<br />
der Welt, die Deutsche Akademie<br />
der Naturforscher Leopoldina, die eine<br />
Schwestergesellschaft der Akademie<br />
Française und der Royal Society in England ist<br />
und der zahlreiche hochrangigste internationale<br />
Wissenschaftler angehören. Besonders<br />
Univ.Prof.Dr. Graf mit indischen Kollegen bei der<br />
Demonstration der Abtasttechnik.<br />
Eröffnungszeremonie des Ultraschallkurses in<br />
Indien nach Hindi-Riten mit englischen und<br />
amerikanischen sowie indischen Kollegen.<br />
hervorzuheben ist auch die Ehrenmitgliedschaft<br />
der Nordamerikanischen Gesellschaft<br />
für Kinderorthopädie, die erstmals an einen<br />
Europäer die Ehrenmitgliedschaft verlieh.<br />
Für die Präsentation der Ergebnisse in<br />
Deutschland wurde den Autoren Niethard et<br />
al. der Hufelandpreis 2005 verliehen. Dies ist<br />
der höchstdotierte Preis, der in Deutschland<br />
für Arbeiten auf dem Gebiet der Präventivmedizin<br />
vergeben wird.<br />
Ultraschalldiagnose reduziert<br />
Operationshäufigkeit<br />
Die seit der Erstpublikation vor 25 Jahren<br />
systematisch weiterentwickelte und heute<br />
zunehmend weltweit eingesetzte Untersuchungstechnik<br />
hat in den deutschsprachigen<br />
Ländern, die aufgrund ihrer medizinischen<br />
Gesundheitsstruktur ein generelles<br />
Screening aller Neugeborenen durchführt,<br />
zu einer dramatischen Reduzierung von<br />
Operationen geführt. Die Diagnose kann<br />
bereits gleich nach der Geburt gestellt werden.<br />
Falls erforderlich werden die Säuglinge<br />
seiner sofortigen Therapie zugeführt, die<br />
wesentlich kürzer und weniger aggressiv<br />
als in der Vorsonographieära ausfällt. Operationen<br />
können bis auf wenige Ausnahmefälle<br />
reduziert werden. ■<br />
Dezember 2005 Menschen helfen Menschen