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Psychosoziale und Ethische Aspekte der Männergesundheit.qxp

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Was ist die Ursache für das vermin<strong>der</strong>te Inanspruchnahmeverhalten professioneller Hilfe bei objektiv<br />

gegebener Behandlungsbedürftigkeit? Wahrscheinlich steuern vor allem die normativen männlichen<br />

Geschlechtsrollenerwartungen zusammen mit den durch die Gesellschaft vermittelten Konzepten über<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit die Symptomwahrnehmung in Richtung Bagatellisierung, Verleugnen <strong>und</strong><br />

Nichtwahrnehmen <strong>der</strong> Erkrankung. Auch dürfte das soziale Stigma, das <strong>der</strong> Depression anhaftet, eine<br />

Barriere darstellen.<br />

Die Diagnosestellung <strong>und</strong> optimierte therapeutische Versorgung des depressiven Mannes wird dem Arzt<br />

nur bei genauer Kenntnis <strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> männlichen Depression gelingen, da Männer<br />

hauptsächlich physischen Symptomen präsentieren <strong>und</strong> psychische Beschwerden <strong>und</strong> soziale Probleme<br />

nicht aktiv erwähnen.<br />

Therapie<br />

Heute stehen dem Arzt zur Behandlung depressiver Störungen eine breite Palette von Antidepressiva zur<br />

Verfügung. Das typische männliche Antidepressivum gibt es nicht, doch sind neuere antidepressiv wirksame<br />

Medikamente mit einer serotonergen Wirkkomponente (SSRI [Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren],<br />

SNRI [Serotonin <strong>und</strong> Noradrenalin Reuptake Inhibitoren]) aufgr<strong>und</strong> des mutmaßlichen Pathomechanismus<br />

zu bevorzugen. Bei <strong>der</strong> Auswahl des Antidepressivums sollte vor allem dem spezifischen<br />

Nebenwirkungsprofil Rechnung getragen werden. Bei männlichen Patienten haben vor allem die durch<br />

Antidepressiva ausgelösten sexuellen Funktionsstörungen eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung. Diese müssen vom<br />

Arzt explizit exploriert werden, um die Compliance zu sichern <strong>und</strong> vorzeitige Therapieabbrüche zu<br />

vermeiden. Auch das Suizidrisiko muss abgeschätzt werden <strong>und</strong> in die Wahl <strong>der</strong> Behandlung einfließen: es<br />

empfiehlt sich die Gabe eines Antidepressivums mit geringer Toxizität (z. B. SSRI); bei akuter Suizidgefahr<br />

ist die stationäre Aufnahme an einer psychiatrischen Abteilung unabdingbar.<br />

Psychotherapeutische Interventionen sind sowohl in <strong>der</strong> Akut- als auch in <strong>der</strong> Langzeittherapie depressiver<br />

Störungen wirksam; die Kombination aus Psychotherapie <strong>und</strong> Psychopharmakotherapie ist als wirksamer<br />

als die jeweilige Monotherapie anzusehen. Männer nehmen diese Behandlungsform in weit geringerem<br />

Ausmaß als Frauen in Anspruch. Mit zunehmendem Alter kommt es zu einem weiteren Absinken <strong>der</strong><br />

Inanspruchnahme von Psychotherapie. Damit sind ältere Männer, die das statistisch höchste Suizidrisiko<br />

aufweisen, psychotherapeutisch am schlechtesten versorgt. Gerade hier sind eine verstärkte Motivation<br />

durch den zuweisenden Arzt, möglichst nie<strong>der</strong>schwellige, kostengünstige Psychotherapieangebote von<br />

definierter Dauer mit Fokussierung auf die aktuelle Problematik notwendig. Eine Implementierung eines<br />

Programms in den Behandlungsplan, das Männern Stressbewältigungs- <strong>und</strong> Stressmanagementfähigkeiten<br />

vermittelt, scheint ebenfalls angezeigt.<br />

Depressive Erkrankungen bei Männern sind vor allem in Bezug auf die geschlechtstypisch unterschiedliche<br />

Symptomatik wie Dysphorie <strong>und</strong> Irritabilität bemerkenswert. Das geschlechtsspezifische Rollenverhalten<br />

von Männern mit vermin<strong>der</strong>ter Inanspruchnahme professioneller Hilfe bei psychischen Problemen in<br />

Kombination mit einer im Vergleich zu Frauen doppelt so hohen Suizidrate legen die Notwendigkeit zu<br />

höherer Aufmerksamkeit schon in <strong>der</strong> allgemeinärztlichen Praxis dar, die für einen Großteil <strong>der</strong> Männer die<br />

erste Anlaufstelle ist.<br />

Abbildung 1. Geschlechtsunterschiede in Bezug auf die Symptomatik bei <strong>der</strong> Aufnahme an die<br />

Klinik. Gezeigt sind die Mittelwerte <strong>der</strong> AMDP-Symptome, die sich bei 104 weiblichen <strong>und</strong> 113<br />

männlichen depressiven Patienten statistisch signifikant unterschieden haben (Mann-Whitney-U Test;<br />

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