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Psychosoziale und Ethische Aspekte der Männergesundheit.qxp

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Behind cool eyes<br />

Jungen zwischen Verletzung, Beschämung <strong>und</strong> Bewältigung<br />

Jungen <strong>und</strong> Verletzungen<br />

Alexan<strong>der</strong> Bentheim<br />

Denken wir an Jungen <strong>und</strong> Verletzungen, kommen uns zuerst in den Sinn: Sportunfälle, schmerzhafte<br />

Folgen riskanter Mutproben, Schulhof-Raufereien. Wir assoziieren in <strong>der</strong> Regel mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

Ereignisse, bei denen Jungen körperlich beeinträchtigt werden o<strong>der</strong> zu Schaden kommen. Häufig geht<br />

dabei <strong>der</strong> Gedanke mit: „Der hätte besser aufpassen sollen, dann wäre das nicht passiert“. Wenn wir uns<br />

als pädagogisch Aktive – Eltern, Lehrer, Betreuer – mit Erziehungsfragen beschäftigt haben, fallen uns<br />

überdies noch ein: Bestrafungen, Maßregelungen, Entzug von Aufmerksamkeit, Schläge durch<br />

Erziehungsverantwortliche - Handlungen, die vielleicht nicht immer gewollt, aber gemessen an ihrer<br />

Häufigkeit 97 offensichtlich als nötig bef<strong>und</strong>en wurden, um bestimmte Ziele o<strong>der</strong> Verhaltensweisen zu<br />

erreichen. Die Empathie mit betroffenen Jungen nimmt zu, gleichwohl geht nicht selten auch hier ein<br />

Gedanke mit: „Hätte er sich folgsam verhalten, wäre die Ohrfeige nicht nötig gewesen“. Noch immer<br />

assoziieren wir vor<strong>der</strong>gründig körperliche Beeinträchtigungen – <strong>und</strong> fragen zugleich nach den möglichen<br />

Anteilen, manchmal gar vorausgegangenen Provokationen eines Jungen, die unser Verhalten (partiell)<br />

entschuldigen o<strong>der</strong> im Nachhinein wenigstens zu erklären versuchen. Erst wenn wir es mit fortgesetzten<br />

Mißhandlungen, sexuellem Mißbrauch o<strong>der</strong> systematischen Vernachlässigungen bei Jungen zu tun haben,<br />

dämmert uns, dass neben den körperlichen Beeinträchtigungen auch seelische Verletzungen eine Rolle<br />

spielen. Aber selbst dann noch bleibt mancher diesem Dämmerzustand verhaftet <strong>und</strong> zweifelt: „Ist das alles<br />

auch wirklich wahr, was da berichtet wird?“<br />

Wie wir es drehen <strong>und</strong> wenden: Verletzungen bei Jungen nehmen wir zunächst als physische, kaum jedoch<br />

zugleich als psychische Verletzungen wahr <strong>und</strong> denken selten daran, welche pathogenen Folgen eintreten<br />

können. Obwohl zahlreiche Studien seit vielen Jahren die Folgen unterschiedlichster Verletzungen<br />

erforschen (vgl. beson<strong>der</strong>s EGLE et al. 1997), die Diagnose <strong>der</strong> Posttraumatischen Belastungsstörung<br />

bereits 1980 als eigenständiges Störungsbild in das Diagnostic and Statistical Manual of Mental<br />

Disor<strong>der</strong>s (DSM) aufgenommen wurde <strong>und</strong> sowohl Angst- als auch Trauma(therapie)forschung viel zum<br />

Verständnis dissozialen Verhaltens beitrugen, finden die darauf bezogenen Erkenntnisse kaum Eingang in<br />

pädagogisches Gemeinwissen <strong>und</strong> erzieherisches/betreuendes Handeln. Sich speziell auch um die seelischen<br />

Folgen von verletzten Jungen zu kümmern, bleibt zumeist therapeutisch geschulten Fachleuten vorbehalten,<br />

97 Rd. 1,3 Mio. Kin<strong>der</strong> werden regelmäßig misshandelt (Angabe BMFSFJ, nach Quelle www.neuro24.de/ptbs1.htm).<br />

Seite 123

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