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Psychosoziale und Ethische Aspekte der Männergesundheit.qxp

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Einführung<br />

Männerges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> die verborgene Gewalt gegen Männer<br />

Hans-Joachim Lenz, Ludger Jungnitz<br />

Nachdem sie lange Zeit ein Schattendasein geführt hat, kommt die Ges<strong>und</strong>heit von Jungen <strong>und</strong> Männern<br />

seit einigen Jahren in Mode. Indizien sind die Zeitschrift Men’s Health 87 , <strong>der</strong> 1999 von <strong>der</strong><br />

Landessanitätsdirektion herausgegebene Wiener Männerges<strong>und</strong>heitsbericht, die unter dem Titel<br />

Kompetent, Authentisch <strong>und</strong> normal? erschienene Studie <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Aufklärung über Aufklärungsrelevante Ges<strong>und</strong>heitsprobleme, Sexualaufklärung <strong>und</strong> Beratung von<br />

Jungen aus dem Jahre 1998 o<strong>der</strong> auch die drei Wiener Männerges<strong>und</strong>heitskongresse 88 , von denen <strong>der</strong><br />

letzte erst vor kurzem im Oktober 2003 stattgef<strong>und</strong>en hat.<br />

Bereits eine oberflächliche Analyse dieser Belege macht deutlich, dass die Verletzbarkeit von Männern <strong>und</strong><br />

die gegen Männer gerichtete Gewalt entwe<strong>der</strong> überhaupt keine o<strong>der</strong> keine angemessene Berücksichtigung<br />

finden 89 . Damit bleibt letztlich einer <strong>der</strong> vermutlich größten Risikokomplexe für die Ges<strong>und</strong>heit von<br />

Männern aus dem Diskurs um Männerges<strong>und</strong>heit bislang ausgeblendet.<br />

Mit diesem Fakt wird auf gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>e Fragen verwiesen: Wie wird die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> was wird als<br />

Ges<strong>und</strong>heit in einer von Männlichkeitsbil<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Geschlechterklischees geprägten Medizin überhaupt<br />

wahrgenommen? Welche Vorstellungen von Männlichkeit bestehen bei dem im Medizinsystem praktisch<br />

<strong>und</strong> forscherisch tätigen Personal? Im Sinne einer konstruktivistischen Perspektive ließe sich auch fragen,<br />

welche Geschlechterklischees in dem von Männern dominierten Diskurs um Männerges<strong>und</strong>heit konstruiert<br />

werden? Die Vermutung besteht, dass in diesem Diskurs überwiegend tradierte Männlichkeitsklischees<br />

bedient werden, mit <strong>der</strong> Folge, dass die an<strong>der</strong>e, verletzliche Seite von Männern ignoriert o<strong>der</strong><br />

vernachlässigt bleibt.<br />

87 Die Zeitschrift erscheint im Suttgarter Motorpresseverlag.<br />

88 Vgl. gedruckt vorliegende Infoblätter <strong>und</strong> unter http://www.univie.ac.at/ismh/german/wcmh03.htm<br />

89 Beispielhaft lässt sich dies am Wiener Männerges<strong>und</strong>heitsbericht von 1999 zeigen. Zunächst wird im VI. Kapitel<br />

Ges<strong>und</strong>heitsstatus (S. 123) darüber informiert, dass die Unfälle, Vergiftungen <strong>und</strong> Gewalteinwirkung an dritter Stelle <strong>der</strong><br />

Todesursachen für Männer stünden (1997 waren dies 508 Männer). Danach wird im VIII. Kapitel über Lifestyle unter dem<br />

Abschnitt Alkoholkonsum (S. 146) betont, dass <strong>der</strong> Anteil alkoholbedingter Todesfälle bei Unfällen <strong>und</strong> Tod bei<br />

Männern durch Gewalteinwirkung nahezu 50 % betrage. Und im daran anschließenden Abschnitt<br />

Männerberatungsstellen (S. 152), in dem es um Unterstützungs- <strong>und</strong> Hilfsmöglichkeiten geht, wird darauf hingewiesen,<br />

dass die MÄNNERBERATUNG in Wien sich mit Fragen <strong>der</strong> Gewalt <strong>und</strong> des sexuellen Missbrauchs beschäftige. Im<br />

Weiteren wird dann aber deutlich, dass es sich dabei um Angebote für Täter von Gewalt- o<strong>der</strong> sexuellen Delikten<br />

handelt. We<strong>der</strong> werden in den jeweiligen Kapiteln noch im Resümee <strong>der</strong> Gesamtstudie diese äußerst wenigen<br />

Informationen im Hinblick auf die gegen Männer gerichtete Gewalt gewürdigt, noch werden weitere Konsequenzen<br />

gezogen o<strong>der</strong> gar For<strong>der</strong>ungen erhoben. Der Eindruck entsteht, dass sich die AutorInnen <strong>der</strong> Relevanz dieser<br />

Information nicht bewusst sind, in <strong>der</strong> Verstrickung mit den gängigen Geschlechterklischees gefangen bleiben <strong>und</strong> den<br />

vorurteilsfreien Blick auf die Männern wi<strong>der</strong>fahrene Gewalt nicht freibekommen.<br />

Seite 113

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