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Psychosoziale und Ethische Aspekte der Männergesundheit.qxp

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scheint es sich um ein wesentliches F<strong>und</strong>ament des Männlichkeitskonstruktes zu handeln. Obwohl<br />

Männerkollektive vor allem auf Beziehungen unter Männern basieren, dürfen sich Männer den Blick<br />

aufeinan<strong>der</strong> nicht eingestehen, da er Ausdruck von Begehren sein könnte. Auch Homoerotik gehört also<br />

mit zu dem Geheimnis, dem Tabu, das es in diesem Männlichkeitskonstrukt zu schützen gilt. Diese<br />

Tabuisierung scheint kollektiv <strong>und</strong> individuell zu funktionieren. Einige Interviewpartner erzählen, dass sie mit<br />

an<strong>der</strong>en Männern deshalb nichts Persönliches besprechen würden, weil sie sich dabei zu nahe kommen<br />

könnten. Diese Nähe macht ihnen Angst. Die Vermeidung <strong>der</strong> Nähe zu an<strong>der</strong>en Männern verstellt Männern<br />

aber auch den Blick auf die eigene Männlichkeit <strong>und</strong> das eigene Geschlecht.<br />

Verglichen mit heterosexuellen Männern fällt es den von uns befragten homosexuellen Männer tendenziell<br />

leichter, offen über sich zu reden, über ihre Begehrlichkeiten <strong>und</strong> über ihre Probleme. Sie sind – aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Homosexualität - aus dem normierten Männlichkeitskonstrukt ausgebrochen <strong>und</strong> daher von <strong>der</strong><br />

Aufrechterhaltung des Geheimnisses nicht im selben Maße existentiell abhängig wie an<strong>der</strong>e Männer.<br />

Abschließend ist festzuhalten, dass männliche Normen am <strong>und</strong> über den Körper hergestellt werden <strong>und</strong><br />

wirksam sind. Mit <strong>der</strong> Aufrechterhaltung des Konstruktes Männlichkeit ist ein immenser Druck– individuell<br />

wie kollektiv - verb<strong>und</strong>en. Die normative Festschreibung von Männlichkeit kommt einem<br />

Männlichkeitskorsett gleich, das Männer einschnürt <strong>und</strong> sie bisweilen nach Luft ringen lässt. Das Konstrukt<br />

Männlichkeit ist symbolisch überfrachtet. Den gesellschaftlichen <strong>und</strong> kulturellen Normen, Zuschreibungen<br />

<strong>und</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen bezüglich Männlichkeit können Männer nicht ohne weiteres entsprechen. Männer<br />

versuchen, mit dieser Diskrepanz zurechtzukommen, indem sie Normen aufrechterhalten <strong>und</strong> festigen,<br />

denen sie in Wahrheit nicht entsprechen können. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> schließen wir uns dem an, was<br />

Ursula Müller als Herausgeberin des Buches Der gemachte Mann von Robert W. Connell konstatiert:<br />

„Dass es neben <strong>der</strong> schon weit entwickelten Diskussion über die Vervielfältigung <strong>und</strong> Differenzierung von<br />

‚Weiblichkeit‘ nun an <strong>der</strong> Zeit wäre, auch die Wandlungstendenzen <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungsbedingungen von<br />

‚Männlichkeit‘ zur Kenntnis zu nehmen.“ (Müller 1999, 11)<br />

Literatur<br />

BRUCH, Hilde: Essstörungen. Zur Psychologie <strong>und</strong> Therapie von Übergewicht <strong>und</strong> Magersucht.<br />

Frankfurt/M. 1994.<br />

BUCHINGER, Birgit/HOFSTADLER, Beate: Warum bin ich dick? Lebensprobleme <strong>und</strong> Übergewicht bei<br />

Frauen. Wien 1997.<br />

CONNELL, Robert W.: Gen<strong>der</strong> and Power, Society, the Person and Sexual Politics. Oxford 1987.<br />

CONNELL, Robert W.: Der gemachte Mann, Konstruktion <strong>und</strong> Krise von Männlichkeiten.<br />

Opladen1999.<br />

FREUD, Sigm<strong>und</strong>: Der Witz <strong>und</strong> seine Beziehung zum Unbewussten (1905), Studienausgabe Bd. 4.<br />

Frankfurt/M. 1982: 9-219.<br />

FREUD, Sigm<strong>und</strong>: Eine Schwierigkeit <strong>der</strong> Psychoanalyse (1917), Gesammelte Werke, Bd. 12.<br />

Frankfurt/M. 1986: 3-12.<br />

FRIEDL, Harald: Der Schwanz. Männer über ihr Geschlecht. Wien 1998.<br />

HOFSTADLER, Beate/BUCHINGER, Birgit: KörperNormen KörperFormen. Männer über Körper,<br />

Geschlecht <strong>und</strong> Sexualität. Wien 2000.<br />

KLEINSPEHN, Thomas: Warum sind wir so unersättlich? Frankfurt/M. 1987.<br />

Seite 75

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