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Psychosoziale und Ethische Aspekte der Männergesundheit.qxp

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son<strong>der</strong>n müssen sich ihren Platz auf <strong>der</strong> Erde erkämpfen. Leistungen sind wichtig, um das Selbstwertgefühl<br />

zu erhöhen. Bittet man 12-jährige Mädchen <strong>und</strong> Jungen ihre Situation in 10 Jahren zu zeichnen, so wählen<br />

Knaben spontan Arbeitsszenen. Sie sehen sich als Lokomotivführer, Pilot, Kongokämpfer o<strong>der</strong> Polizist,<br />

während Mädchen Beziehungssituationen zeichnen.<br />

Im Gegensatz zum ceterum censeo <strong>der</strong> Gen<strong>der</strong>forschung, sind solche Präferenzen nicht lediglich auf die<br />

Erziehung zurückzuführen. Knaben reproduzieren nicht nur Klischees, son<strong>der</strong>n sie neigen genuin aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Anlagen dazu, sich durch Tätigkeiten zu definieren (Bischof-Köhler 2002, Baron-Cohen 2003). Der<br />

Beruf hat darum für viele Männer eine grosse identitätsstiftende Bedeutung. Während Frauen eine<br />

berufliche Tätigkeit als Job o<strong>der</strong> Aufgabe auffassen, beginnen Männer sich mit <strong>der</strong> beruflichen Funktion zu<br />

verschmelzen. Sie neigen dazu, ihre Persönlichkeit vom Beruf abzuleiten. Sie werden zu „Bähnler“,<br />

Bankangestellten, Lehrer o<strong>der</strong> Piloten. Die innere Distanz zur Aufgabe verschwindet. Der Beruf wird Teil<br />

<strong>der</strong> persönlichen Identität. Die Identität <strong>der</strong> Frauen gründet viel stärker auf dem persönlichen<br />

Beziehungsnetz. Die Beziehung zum Partner, die Rolle in <strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> das Team, mit denen sie<br />

zusammenarbeiten, haben für sie eine zentrale Bedeutung. Für Männer <strong>und</strong> Frauen hat die berufliche Arbeit<br />

nicht dieselbe emotionale Bedeutung, obwohl paradoxerweise Frauen in <strong>der</strong> Erfüllung von Arbeiten den<br />

Männern wegen ihrer grösseren Detailliebe <strong>und</strong> ihrer grösseren Konstanz vielfach überlegen sind. Männer<br />

arbeiten projektbezogen.<br />

Legitimationshandlungen<br />

Weil sich Männer über eine Tätigkeit legitimieren, suchen sie nach Handlungen, dank denen sie in ihrer<br />

Arbeit bestätigt werden. Sie wollen vor sich selber <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aussenwelt beweisen, dass es sie braucht. Der<br />

Umgebung muss kommunniziert werden, dass ihre Rolle, Position o<strong>der</strong> Arbeit wichtig ist <strong>und</strong> sie für die<br />

Gesellschaft unentbehrlich sind. Sie entwickeln Legitimationshandlungen, die auf die eigene Bedeutung<br />

hinweisen. Wenn sie von <strong>der</strong> Arbeit berichten, dann müssen sie von Stress, schwierigen K<strong>und</strong>en o<strong>der</strong><br />

unmöglichen Aufträgen reden. Der eigene Arbeitseinsatz will dramatisch dargestellt sein. In einer<br />

Werbefirma war es üblich, dass man ca alle 14 Tage wegen einem „over night“ klagen musste. Man<br />

kommunizierte damit seinen Kollegen <strong>und</strong> Kolleginnen, dass man die ganze Nacht an einem Auftrag<br />

gearbeitet hatte. Wichtig war auch, dass man gähnte <strong>und</strong> einen verschlafenen Eindruck machte. Der<br />

Belegschaft konnte man auf diese Weise mitteilen, dass man für die Firma eine immense Bedeutung hatte<br />

<strong>und</strong> in ganz wichtige Projekt involviert war. Die eigene Bedeutung in <strong>der</strong> Arbeit wurde damit allen klar.<br />

Männer versuchen sich auch über Objekte zu legitimieren. Durch das neueste Handy, den mo<strong>der</strong>nsten<br />

Laptop o<strong>der</strong> ein teures Auto wird <strong>der</strong> Umgebung die eigene Bedeutung signalisiert. Männer brauchen<br />

solche Objekte, um selber das Gefühl zu haben in <strong>der</strong> Welt notwendig zu sein. In <strong>der</strong> Firma gibt ihnen die<br />

persönliche Sekretärin, die Grösse des Büros <strong>und</strong> die Anzahl <strong>der</strong> Angestellten das Gefühl von Bedeutung.<br />

Oft geraten Männer nach <strong>der</strong> Pensionierung in eine Selbstwertkrise. Im Gegensatz zu Frauen verkraften sie<br />

es weniger gut, wenn sie von <strong>der</strong> Aussenwelt nicht mehr benötigt werden. Zuhause herumzusitzen, Sport zu<br />

treiben <strong>und</strong> sich zu langweilen ist für sie schwer erträglich.<br />

Schritte zur Männerges<strong>und</strong>heit<br />

Die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Männerges<strong>und</strong>heit muss auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Psychologie des Mannes erfolgen.<br />

Wenn wir Männer dazu bringen wollen, auf ihre Ges<strong>und</strong>heit zu achten, dann müssen wir ihre<br />

Verän<strong>der</strong>ungsresistenz (o<strong>der</strong> mangelnde Compliance), ihre Grandiosität, ihre Ausrichtung auf das Kollektiv<br />

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