48Der edle Germanikus stärkte durch seine Standhaftigkeit die Schwäche anderer. In hervorragender Weiserang er mit den wilden Tieren. Der Statthalter wollte ihn überreden und sagte, er hätte Mitleid mit seinemjungen Alter; doch er zog die Bestie mit Kraft an sich, damit er umso schneller von diesem gottlosen undungerechten Leben befreit werde. <strong>Die</strong> ganze Volksmenge geriet in Entsetzen über den Heldenmut derGottesliebe und Gottefurcht, den hier die <strong>Christen</strong>sekte bewies, und brach in den Schrei aus: “Fort mit denGottesleugnern! Auf! Sucht nach Polycarp!”Nur einer aus Phrygien, Quintus, der eben erst von dort hergekommen war, wurde beim Anblick derBestien feige. Er war es gewesen, der sich freiwillig dem Gericht gestellt hatte und auch einige andere dazuveranlaßt hatte. Ihn brachte der Statthalter durch wiederholtes Zureden zum Schwur und zum Opfer. Darum,Brüder, loben wir es nicht, wenn sich einige der Unseren selbst ausliefern. Das lehrt das Evangeliumnicht. Ganz anders blieb Polycarp, als er von dem allen hörte, bewunderungswürdig unerschrocken.Als sie ihn nicht fanden, verhafteten sie zwei junge Sklaven, von denen einer unter der Folter zum Verräterwurde. - Mit dem jungen Sklaven zogen die Häscher an einem Freitag zur Essensstunde mit einer AbteilungReiterei in gewohnter Bewaffnung gegen ihn los. Zu später Stunde kamen sie an und fanden ihn im oberenStockwerk eines kleinen Hauses.Sie waren betroffen über sein hohes Alter und seine ruhige Würde.Er gab Auftrag, ihnen Essen und Trinken vorzusetzen, so viel sie wollten, und bat sie, ihm eine Stundezu ungestörten Gebet zu gewähren.Als nun die Zeit des Aufbruchs kam, setzte man ihn auf einen Esel und brachte ihn so zur Stadt. Es waran einem großen Samstag. Der Polizeibeamte Herodes und sein Vater Niketes kamen ihm entgegengefahren.Sie nahmen ihn zu sich in den Wagen, saßen neben ihm und redeten ihm zu: “Was ist es denn Schlimmes“Herr!” und “Kaiser!” zu sagen, zu opfern und anderes dieser Art zu tun und dadurch sich das Leben zuretten!” <strong>Anfang</strong>s gab er ihnen keine Antwort. Als sie ihn aber nicht in Ruhe ließen, sagte er: “Ich bin nichtgewillt, zu tun, wozu ihr mir ratet.”Als er in die Rennbahn eintrat, war ein solcher Lärm, daß man nichts verstehen konnte.Als er nun vorgeführt wurde, fragte ihn der Statthalter, ob er Polycarp wäre. Er bejahte es. Der Statthalterwollte ihn zur Verleugnung überreden und sagte ihm: “Bedenke dein hohes Alter!”, und anderes dieserArt, wie sie in solchen Fällen zu sprechen pflegen. “Schwöre beim Genius des Kaisers, ändere deinen Sinn.Sprich: “Weg mit den Gottesleugnern!” Da überschaute Polycarp mit ernster Miene die ganze Menge, diein der Arena versammelt war, und bewegte seine Hand über sie hin, seufzte auf, sah nach dem Himmel undrief: “Weg mit den Gottesleugnern!” Doch der Statthalter drang noch weiter in ihn: “Schwöre!” und ichgebe dich frei! Fluche auf Christus!” Da antwortete Polycarp: “Sechsundachtzig Jahre diene ich ihm, und erhat mir nie ein Leid getan. Wie könnte ich meinen König und Erretter lästern?” Als aber der Statthalter aufsneue in ihn drang: “Schwöre beim Genius des Kaisers!” antwortete er: “Wenn du nach dem leeren Ruhmverlangst, daß ich, wie Du es beabsichtigst, beim Genius des Kaisers schwöre, und wenn du dich stellst, alswüßtest du nicht, wer ich bin, so höre mein offenes Bekenntnis: “Ich bin Christ. Wenn du kennen lernenwillst, was <strong>Christen</strong>tum ist, so bestimme mir einen Termin, an dem du mich hören kannst.”Der Statthalter antwortete: “Rede dem Volk zu.”Polycarp antwortete ihm: “Dir erkenne ich die Würde zu, daß ich dir meine Erklärung abgebe; dennman hat uns unterwiesen, den von Gott gesetzten Regierungen und Gewalten die entsprechende Ehre zuerweisen, so weit das uns keinen Schaden bringt. <strong>Die</strong>se Versammlung hier halte ich nicht für wert, mich vorihnen zu verantworten.”Daraufhin erklärte ihm der Statthalter: “Ich habe wilde Tiere. Ich werde dich ihnen vorwerfen lassen,wenn du deinen Sinn nicht änderst.”“Laß sie kommen”, antwortete er, “bei uns ist die Sinnesänderung vom Besseren zum Schlechteren ausgeschlossen;zu ehren ist es umgekehrt, sich vom Schlechten zur Gerechtigkeit umzuwenden.”
49Der Statthalter fuhr fort: “Wenn du dir aus den Bestien nichts machst und deine Meinung nicht änderst,lasse ich dich ins Feuer werfen.”Polycarp gab ihm zur Antwort: “Du drohst mir mit einem Feuer, das nur eine Stunde brennt, also nachkurzem verlöscht; denn das Feuer des kommenden Gerichts und der ewigen Strafe für die Gottlosen kennstdu nicht. <strong>War</strong>um wartest du? Hole her, was Du willst!” Während Polycarp diese und entsprechende weitereWorte sprach, war er voll Mut und Freude. Sein Antlitz strahlte aus seinem Inneren heraus. <strong>Die</strong> Drohungenkonnten ihn nicht im geringsten aus der Fassung bringen. Der Statthalter war erstaunt.Durch seinen Herold ließ er dreimal in der Arena ausrufen: “Policarp hat sich als Christ bekannt.” Als derHerold das ausgerufen hatte, schrie die ganze Menge, Heiden und Juden, die ganze Einwohnerschaft Smyrnasin unverhohlener Wut und mit lautem Geschrei: “Er ist der Lehrer Asiens! Der Vater der <strong>Christen</strong>! DerZerstörer unserer Götter! Viele hat er dahin gebracht, nicht zu opfern und nicht anzubeten.” So schrieen sieund forderten von Philippus, dem Priester dieses <strong>Die</strong>nstes, er solle einen Löwen auf Polycarp loslassen. Ererklärte, das sei ihm nicht gestattet, weil die Tierhetzen geschlossen seien. So kam es zu dem einstimmigenGeschrei, daß Polycarp lebendig verbrannt werden sollte. So mußte das Gericht in Erfüllung gehen, in demer beim Gebet sein Kissen hatte brennen sehen.Zu den Seinen, die bei ihm waren, hatte er hierbei die prophetischen Worte gesprochen:”Ich muß lebendigverbrannt werden.” Alles ging nun viel schneller vor sich, als es erzählt werden kann: die Volksmasseschleppte aus den Werkstätten und Badeheizungen Holz und Reisig zusammen; das meiste schafften dabeibereitwilligst die Juden, wie immer bei solchen Gelegenheiten. Als der Holzstoß fertig war, legte Polycarpalle seine Oberkleider ab, machte seinen Gürtel auf und versuchte seine Schuhe zu lösen. Das hatte er sonstnicht selbst getan; denn die Gläubigen drängten sich dazu, wer zuerst seinen Leib berühren dürfte; denn umseines guten Lebens willen war er schon vor dem Martyrium sehr verehrt worden. Schnell war das Brennmaterial,das für den Scheiterhaufen bestimmt war, um ihn herumgelegt.Als man ihn auch annageln wollte, wehrte er es ab: “Laßt mich. Der mir die Kraft gibt, den Feuertodauszuhalten, wird mir auch die Kraft geben, unbeweglich auf dem Scheiterhaufen auszuharren, auch ohnedie Sicherung eurer Nägel.”Als er das <strong>Am</strong>en gesprochen und sein Gebet vollendet hatte, zündeten die Henker das Feuer an.Als schließlich aber die gottlosen Menschen sahen, daß sein Leib vom Feuer nicht verzehrt werden konnte,befahlen sie dem Henker, ihm den Dolch in die Brust zu stoßen.Als aber der Versucher, der Verleumder und Böse, der Feind des Geschlechtes der Gerechten, die ganzeGröße seines Martyriums und seine von jeher unbefleckte Lebenshaltung sah, - veranlaßte er Niketes, denVater des Herodes, den Bruder der Alka, mit dem Statthalter zu sprechen, er solle den Leichnam nicht herausgeben;damit sie nicht - das sind seine Worte - den Gekreuzigten verlassen und anfangen, ihn anzubeten.So redeten sie auf das Zureden und Drängen der Juden, die auch acht gegeben hatten, als wir ihn aus demFeuer nehmen wollten. Sie wissen es nicht, daß wir Christus niemals verlassen werden. Er hat für das Heilaller, die auf der Erde gerettet werden, als Schuldloser für die Schuldigen gelitten. Wir können niemals einenanderen anbeten. Ihn beten wir an, weil er der Sohn Gottes ist. <strong>Die</strong> Märtyrer lieben wir, wie es ihnenzukommt als Jüngern und Nachfolgern des Herrn. Haben sie doch ihren König und Meister grenzenlos geliebt.Wie wünschen wir, daß wir ihre Genossen und Mitschüler werden! Als der diensthabende Offizier dasBetreiben der Juden sah, ließ er den Leichnam in der Mitte des Scheiterhaufens verbrennen, wie es ihremBrauch entspricht. So konnten wir später seine Gebeine, die wertvoller als Edelstein und kostbarer als Goldsind, zusammenbringen und an unserer Begräbnisstätte beisetzen. Dort werden wir uns, so oft es uns Gottschenkt, in Jubel und Freude zusammenfinden, so viel es möglich ist. Dort werden wir den Todestag seinesMartyriums als Geburtstag feiern zum Gedenken an die, die im Kampfe bestande haben, und zur Stärkungund Vorbereitung für die, die ihm noch entgegengehen. Soweit unser Bericht über den seligen Polycarp,der - die aus Philadelphia mit eingerechnet - der zwölfte Blutzeuge zu Smyrna ist.Martyrium des heiligen Polycarp, am 22. Februar 156 verfaßt. 12
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Ehre sei Dir, Vater,Ehre sei Dir, d
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175hat, denn er kommt vom Teufel. H
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177Nun siehst du viele Zweige, die
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181Wer ist der Jüngling, der ihnen
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183haltung nennen. In ihr gehört z
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189Man kann Hermas weder in die Rei
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19179 Eusebius erwähnt hier ausdr
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