2. BDI-Rohstoffkongress am 20. März 2007 in Berlin Ergebnisbericht ...
2. BDI-Rohstoffkongress am 20. März 2007 in Berlin Ergebnisbericht ...
2. BDI-Rohstoffkongress am 20. März 2007 in Berlin Ergebnisbericht ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
62<br />
Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
<strong>BDI</strong>-Präsidialgruppe »Internationale Rohstofffragen«<br />
Good Practice bzw. rücksichtsvoller, partnerschaftlicher<br />
Umgang zwischen den Mitgliedern der Wertschöpfungskette<br />
E<strong>in</strong> weiteres unternehmerisches Instrument zur Bewältigung<br />
und zum Umgang mit Verteuerungen und Verknappungen<br />
von Roh- und Werkstoffen <strong>in</strong>nerhalb der Wertschöpfungskette<br />
stellt Good Practice dar. Mit dem Begriff Good Practice<br />
ist <strong>in</strong> Bezug auf die Beziehung zwischen Unternehmen<br />
e<strong>in</strong> rücksichtsvoller, partnerschaftlicher Umgang zwischen<br />
den Mitgliedern der Wertschöpfungskette geme<strong>in</strong>t. Das<br />
übergeordnete Ziel von Good Practice ist, dass die Überlebensfähigkeit<br />
der Wertschöpfungskette <strong>in</strong>sges<strong>am</strong>t durch die<br />
Vermeidung existenzieller Krisen bei e<strong>in</strong>zelnen Gliedern gewährleistet<br />
bleibt.<br />
Good Practice kann sich <strong>in</strong> der Gestaltung der vertraglichen<br />
Beziehungen widerspiegeln. Bei Verträgen mit längerer<br />
Laufzeit zwischen den Mitgliedern der Wertschöpfungskette<br />
können sich für Abnehmer wie Zulieferer Probleme aus unvorhergesehenen<br />
Kostenänderungen ergeben. E<strong>in</strong>e längerfristige<br />
Vere<strong>in</strong>barung, die Festpreise vorsieht, sollte deshalb<br />
grundsätzlich Verhandlungen über e<strong>in</strong>e Preisanpassung im<br />
Falle unvorhergesehener wesentlicher Kostenänderungen<br />
offen lassen und überschaubare Zeiträume nicht überschreiten.<br />
Dort, wo für alle betroffenen Unternehmen akzeptierte<br />
Maßstäbe für die Entwicklung von Vormaterialpreisen existieren,<br />
s<strong>in</strong>d langfristig vere<strong>in</strong>barte Preisgleitklauseln Teil<br />
erfolgreicher unternehmerischer Praxis. Dazu gehört auch der<br />
Abschluss langfristiger Verträge mit defi nierten Ober- und<br />
Untergrenzen (Caps & Floors), die Preisgleitklauseln be<strong>in</strong>halten,<br />
welche wiederum den E<strong>in</strong>satz kurz- oder mittelfristiger<br />
Absicherungs<strong>in</strong>strumente erlauben. Dies ist gegenwärtig beispielsweise<br />
bei e<strong>in</strong>er Reihe von Nichteisen-Metallen der Fall,<br />
bei denen die Abnahmepreise an die Entwicklung der Notierungen<br />
an der London Metal Exchange (LME) geknüpft werden.<br />
Hierbei bestehen e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Varianten (z. B.<br />
Entgeltung auf der Basis der durchschnittlichen Preisnotierungen<br />
über e<strong>in</strong>en zu bestimmenden Zeitraum), mit denen der<br />
Bedarf nach kurzfristigen Preisanpassungen und Nachverhandlungen<br />
m<strong>in</strong>imiert und gleichzeitig Verlässlichkeit <strong>in</strong> der<br />
Kette geschaffen wird.<br />
An ihre Grenzen stoßen diese Ansätze jedoch überall dort,<br />
wo e<strong>in</strong> breit akzeptierter transparenter Maßstab und e<strong>in</strong> hierfür<br />
erforderliches homogenes Basisprodukt als Grundlagen<br />
für e<strong>in</strong>e Indexierung fehlen. Ebenfalls fi ndet Good Practice<br />
dort se<strong>in</strong>e Grenzen, wo die Möglichkeit, Langfristverträge<br />
u. U. <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Preisgleitklauseln abzuschließen,<br />
nicht oder nur <strong>in</strong> begrenztem Maße gegeben ist, wie z. B. im<br />
Bereich der Sekundärrohstoffe.<br />
Rohstoffsicherheit –<br />
Anforderungen an Industrie und Politik<br />
Nachdem es zu Beg<strong>in</strong>n der drastischen Preisanstiege <strong>in</strong> der<br />
deutschen Industrie zunächst zu Reibungsverlusten gekommen<br />
war, wurde mit Good Practice im Anschluss gute Erfahrungen<br />
gemacht. Vor allem, weil verhandlungsbereite Partner<br />
die Marktsituation analysiert haben, ist es <strong>in</strong> Deutschland,<br />
anders als bei ausländischen Wettbewerbern, nicht zu Unterbrechungen<br />
<strong>in</strong> der Produktion oder zu e<strong>in</strong>em Abreißen der<br />
Lieferkette gekommen. Auch für die Herausforderungen, die<br />
der deutschen Industrie mit Blick auf die Entwicklungen an<br />
den Rohstoffmärkten noch bevorstehen, kann Good Practice<br />
e<strong>in</strong> wichtiges Element zur Sicherung der Wertschöpfungskette<br />
se<strong>in</strong>.<br />
<strong>2.</strong> Politischer Handlungsbedarf für<br />
mehr Rohstoffsicherheit<br />
Politische Instabilität der Rohstoffförderländer, politisch motivierte<br />
Lieferausfälle oder Lieferunterbrechungen sowie<br />
Verstaatlichungen von Rohstoffbetrieben <strong>in</strong> manchen Förderländern<br />
können durch unternehmerische Instrumente wie z. B.<br />
Lieferantendiversifi kation der Rohstoffabnehmer, alle<strong>in</strong> nicht<br />
kompensiert werden. Ebenso wenig können die Selbstheilungskräfte<br />
von Markt und Wettbewerb bei staatlichen E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong><br />
den Handel mit Rohstoffen zur Wirkung kommen. Dies gilt z.<br />
B. bei dirigistischen Exportkontrollen oder dem Vorbeilenken<br />
der durch staatlich forcierte Rückwärts<strong>in</strong>tegration mancher<br />
Länder gewonnenen Rohstoffe an den Weltmärkten. Solche<br />
politisch verursachten Probleme müssen politisch gelöst werden.<br />
Es ist Aufgabe des Staates, für offene und funktionierende<br />
Weltrohstoffmärkte Sorge zu tragen und für gleiche Wettbewerbsbed<strong>in</strong>gungen<br />
der Unternehmen e<strong>in</strong>zutreten.<br />
Die Bedeutung der Rohstoffsicherheit für die deutsche<br />
Wirtschaft ist von der Politik als Ges<strong>am</strong>theit bislang zu wenig<br />
oder nicht <strong>in</strong> ihrer ganzen Komplexität wahrgenommen worden.<br />
Dabei verlangen die volkswirtschaftlichen Kosten e<strong>in</strong>er<br />
mangelhaften Rohstoffversorgung ebenso wie die gegenwärtigen<br />
Bee<strong>in</strong>trächtigungen der Rohstoffsicherheit sowie die<br />
politischen und wirtschaftlichen Risiken der Rohstoffversorgung<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Ause<strong>in</strong>andersetzung verschiedenster Politikbereiche<br />
mit dem Thema. Rohstoffversorgung alle<strong>in</strong> unter<br />
dem Aspekt der nationalen Wirtschafts- und Umweltpolitik<br />
zu betrachten, ist nicht mehr ausreichend.