MOTORRAD 21/2015
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VERRÜCKT SEIN<br />
MACHT SPASS<br />
Jussi hat die ideale Methode entwickelt,<br />
um relativ gefahrlos Wheelies zu üben<br />
Finnland<br />
Professionelles Kettenvernietwerkzeug<br />
ist total überbewertet. Und<br />
Finnland als Motorradreiseland<br />
ziemlich unterschätzt. Wäre ich<br />
jetzt ein wortkarger Finne, könnte der Reisebericht<br />
durch den Süden des dünn besiedelten<br />
Landes hier schon beendet sein.<br />
Keine Angst, ich bin da doch etwas<br />
kommunikativer veranlagt. Also: Ende Juni<br />
reisen Frank, Knut und ich ins nördlich von<br />
Helsinki gelegene Lahti und übernehmen<br />
hier attraktive Mietmotorräder in Form von<br />
Multistrada, Caponord und Super Ténéré<br />
(www.bikemarine.fi). Vierter im Bunde ist<br />
Tourguide Tommi Lumiaho, Testfahrer<br />
bei Rukka und flott unterwegs mit<br />
seiner gut abgehangenen CBR 600.<br />
Zu deren kosmetischer Reparatur der<br />
findige Finne schon mal einen Legostein<br />
verwendet, aufgelöst in Aceton als<br />
Spachtelmasse für kleine Verkleidungsschäden<br />
ideal. Ab und an müssen auch<br />
die Kühlerlamellen freigekratzt werden,<br />
wenn der Supersportler wieder offroad<br />
durch die Mocke gescheucht worden ist.<br />
Auf der 12 raus aus Lahti und dann links<br />
ab auf die 292. Erste Überraschung: eine<br />
Kurvenstrecke par excellence! Es sei denn,<br />
ein turmhoch beladener LKW fährt frisch<br />
geschlagene finnische Fichte vor dir spazieren<br />
und kann nicht überholt werden.<br />
Manchmal können Kurven lästig sein.<br />
Das gilt natürlich nicht für den<br />
Ahvenis to Race Track in Hämeenlinna<br />
(www.ahvenistoracecircuit.com), wo zwei<br />
Stunden Karussellfahren nur 35 Euro kosten<br />
und wir Ossi Oikarinen treffen, früher Testingenieur<br />
bei Toyota und Ferrari. Knapp drei<br />
Kilometer misst der Rundkurs, der etwas<br />
an die Nordschleife erinnert mit seinem<br />
hügeligen Profil und den Leitplanken dicht<br />
an der Strecke. „Da ist kein Platz für Fehler,<br />
die tun dann richtig weh“, flachst Ossi.<br />
Absolut schmerzfrei scheint Jussi Seljas.<br />
Der „Nordic Mad Man“, so der Titel seiner<br />
Website, ist ein Stunt Driver der besonderen<br />
Art. Backflips auf ’nem Crosser kann<br />
ja heute fast schon jedes Kind, aber wer<br />
beherrscht diese hohe Kunst auch per<br />
Snowmobil von einer Skisprungschanze?<br />
Autsch und Knacks hat’s da mal bei einer<br />
leicht missglückten Landung in Rückenlage<br />
gemacht: Wirbeltrümmerbruch. Dank eines<br />
medizinischen Wunders hat „Mad“ Jussi<br />
danach nur drei Zentimeter an Körperlänge<br />
verloren und ist wieder wohlauf.<br />
In einer Hinterhofwerkstatt, deren kreatives<br />
Chaos quasi der Antientwurf zu einem<br />
sterilen OP-Saal ist, schraubt der tätowierte<br />
Meister schräger Ideen gerade an seiner<br />
neuesten Schöpfung, einer Wheelie-Maschine.<br />
Auf einem mit Riffelblech verschalten<br />
150 LEBEN<br />
<strong>21</strong>/<strong>2015</strong>