MOTORRAD 21/2015
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Grand Prix in Alcañiz/E<br />
die Beobachter im Fahrer lager, als sich<br />
die Chefs von Leopard Racing plötzlich mit<br />
Honda anlegten. Ausgerechnet mit jener<br />
Marke also, die 2014 als Werk einstieg, auf<br />
Anhieb den Moto3-Titel gewann und letztlich<br />
entscheidend zu Kents komfortablem<br />
WM-Vorsprung beigetragen hatte. „Die Honda<br />
entspricht meinem Fahrstil viel mehr“, erklärte<br />
der Engländer, der im Vorjahr eine mit<br />
KTM baugleiche Husqvarna gesteuert hatte.<br />
„Die Husqvarna musste ich in der Kurve viel<br />
mehr zusammenbremsen, ich konnte nicht<br />
meinen normalen Kurvenspeed mitnehmen.<br />
Mit der Honda konnte ich tun, was ich wollte,<br />
ohne meinen Fahrstil zu ändern.“<br />
Was die gemeinsame Zukunft mit Honda<br />
anging, kam es bei Leopard-Teambesitzer<br />
Flavio Becca trotzdem zu Zweifeln. Ob es<br />
nun an den Gerüchten lag, Honda schraube<br />
das Engagement in der kleinsten GP-Kategorie<br />
nach zwei WM-Titeln in Zukunft wieder<br />
zurück, oder ob KTM-Chef Stefan Pierer<br />
den Sponsoren des Teams und dem Management<br />
Quartararos den Himmel auf Erden<br />
versprach: Es kam jedenfalls im August,<br />
beim Brünn-GP zu einem denkwürdigen<br />
Gespräch zwischen den Leopard-Leuten<br />
und einigen Honda-Ingenieuren, bei dem<br />
Becca in Anwesenheit von Shinichi Kokubu,<br />
dem Technischen Direktor bei Honda und<br />
Chefkonstrukteur der Moto3-Maschine, von<br />
möglichen KTM-Tests sprach. Erstaunlich<br />
dabei: Zunächst versuchten die Japaner, das<br />
Feuer zu löschen, das sie gar nicht gelegt<br />
hatten. So flüsterte Honda-Rennsportdirektor<br />
Shuhei Nakamoto in der Start aufstellung<br />
der Moto3-Klasse in Brünn Quar tararo ins<br />
Ohr, dass er auch in Zukunft auf breiten<br />
Rückhalt des Werks bauen könne.<br />
Alle Fragen, ob Honda bei der weiteren<br />
Entwicklung der Moto3-Maschine tatsächlich<br />
vom Gas gehen würde, wischte er auch<br />
in Aragón mit Entschiedenheit beiseite.<br />
„Warum in aller Welt sollten wir die Moto3-<br />
Entwicklung zurückfahren? Für uns ist es<br />
kein Problem, das MotoGP- und das Moto3-<br />
Projekt gleichzeitig voranzutreiben“, polterte<br />
Nakamoto bei einem Espresso in der<br />
Honda-Box kurz nach dem Warm-up am<br />
Sonntagmorgen. „Wenn jemand langsamer<br />
wird bei der Entwicklung, dann ist es das<br />
KTM-Werk, das sich nun zusätzlich an die<br />
Entwicklung einer MotoGP-Maschine wagt.“<br />
Mit den Kiefer-Brüdern und Quartararo<br />
persönlich habe er kein Problem, denn die<br />
wollten mit Honda weitermachen. Nur der<br />
Sponsor habe andere Ansichten, fügte er<br />
grollend hinzu. Es ist ein Zerwürfnis, das<br />
sich kaum mehr kitten lässt: Noch am Sonntag<br />
sickerte von Honda-Seite durch, man<br />
habe lange genug gewartet und plane die<br />
Zukunft jetzt ohne Leopard Racing.<br />
Dem Leopard-Management scheint das<br />
gleichgültig zu sein, denn der Wechsel zu<br />
KTM erfolgt zu einem technisch günstigen<br />
Zeitpunkt. So gewann der Portugiese Miguel<br />
Oliveira auf der Werks-KTM des Aki-<br />
Ajo-Teams in Aragón seinen dritten Grand<br />
Prix des Jahres. Wie gut die KTM geworden<br />
ist, bewies auch Philipp Öttl, der ein tolles<br />
Moto3-Rennen fuhr und als Fünfter sein<br />
bislang bestes Resultat im Trockenen feierte,<br />
wobei er die mit vier Zehntelsekunden<br />
Abstand schnellste Runde aller KTM-Piloten<br />
hinzauberte. „Das war die Runde, in der ich<br />
zu der Gruppe vorne aufschloss. Ich konnte<br />
schnell fahren, habe dann zwei Runden in<br />
1.58,8 und 1.58,9 Minuten gefahren. Das<br />
hat gereicht, dass ich an die da vorne drankam“,<br />
grinste der Haudegen, der vor zwei<br />
Jahren in Aragón den offiziellen Rundenrekord<br />
aufgestellt hatte und diesmal nur<br />
um Hundertstel am neuen Rekord von Niccolò<br />
Antonelli vorbeischrammte. „Ich war<br />
Kampf der Systeme: Die Honda-Rennabteilung HRC setzt in der Moto3-Klasse auf eine Aluminium-Brückenkonstruktion (links).<br />
KTM hält mit einem Gitterrohrrahmen dagegen. In Misano wurde ein neues Chassis geliefert (Mitte), das im Vergleich zum Anfang<br />
des Jahres verwendeten Fahrwerk (rechts an der baugleichen Husqvarna) auf eine Strebe verzichtet, um mehr Flexibilität zu bieten<br />
182 SPORT<br />
<strong>21</strong>/<strong>2015</strong>