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Schwarzbuch - GEW

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dicken Stiften auf großen Blättern und führt<br />

ihre Hand. Hussein war als Kind auf einer Koranschule<br />

und hat eine gute Feinmotorik, aber<br />

leider schreibt er die lateinischen Buchstaben<br />

immer wieder von rechts nach links. Nada malt<br />

gewissenhaft die ihr fremden deutschen Wörter<br />

ab. Versteht sie es auch? Für Duangjang sind<br />

unsere Laute so fremd, dass ihr die Aussprache<br />

nicht gelingt. Doch dann löst sich der Knoten:<br />

Im gemeinsamen Singen wird auch Unaussprechliches<br />

aussprechbar. Dass Lieder und Gedichte<br />

helfen können, phonetische Hürden zu überwinden,<br />

kennt Amelia auch aus eigenem Erfahren<br />

mit Sprachen lernen. Von neun bis dreizehn Uhr<br />

dauert der Unterricht mit dieser Gruppe Lernunerfahrener,<br />

und damit es nicht langweilig wird,<br />

ist Methodenvielfalt das A und O. Bearbeitung<br />

der Hausarbeiten, Stillarbeit, ein Gesprächskreis,<br />

Paararbeit und Teamarbeit wechseln sich ab.<br />

Eine viertelstündige Pause ist während der fünf<br />

Unterrichtseinheiten vorgesehen. Für Amelia<br />

ist sie unbezahlt, wie auch die Vor- und Nachbereitung<br />

des Unterrichts. An eine Pause ist<br />

für sie nicht zu denken. Fünf Teilnehmer/innen<br />

brauchen täglich eine Unterschrift für das<br />

Sozialamt und stehen Schlange, dazu kommen<br />

Teilnehmer/innen mit Fragen und Problemen.<br />

Amelia muss täglich die Anwesenheitslisten<br />

abgleichen, Krankmeldungen einsammeln, fehlende<br />

Teilnehmer/innen melden. So will es das<br />

BaMF. „Bin ich eigentlich weisungsgebunden?“,<br />

fragt sie sich. Nun, die Weisungen des BaMF<br />

kennen kein Ende. Die Bücher und der Stundenumfang,<br />

die Teilnehmerzahl und die Unterrichtsinhalte,<br />

die Prüfungen und der Prüfungsablauf<br />

– all das ist vorgeschrieben. Sie arbeitet<br />

in einem Bundesprogramm nach Bundesanweisungen,<br />

die einheitlich sind, von Hamburg<br />

bis München, von Köln bis Dresden. Dennoch<br />

gilt sie als „frei“, wie zirka 18.000 zugelassene<br />

Lehrkräfte in Integrationskursen. Warum? Weil<br />

es schon immer so war, dass Kursleiter/innen<br />

in der Erwachsenenbildung als Honorarkräfte<br />

arbeiten. Die Stundenzahl spielt dabei keine<br />

Rolle. Amelia hat heute noch einen langen Tag<br />

vor sich.<br />

Mittagszeit: Alle wünschen sich in der Schlussrunde<br />

einen schönen Tag, „bis morgen“, und<br />

hetzen hinaus, zu ihren Familien, zu ihren Kindern,<br />

manche zu Ein-Euro-Jobs. Amelia hat<br />

jetzt Pause, bis es am Nachmittag weitergeht<br />

mit einem anderen Integrationskurs. Wer das<br />

hier nicht als Hobby macht, anderswo angestellt<br />

ist oder vom Einkommen seines Partners

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