Schwarzbuch - GEW
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Expertise<br />
außergewöhnlich langen Arbeitszeiten und in<br />
diesem Zusammenhang von zahlreichen zu leistenden<br />
unbezahlten Überstunden, was aus Sicht<br />
der selbstständigen Honorarkräfte angesichts<br />
ihrer Einkommen als unakzeptabel bezeichnet<br />
wird. Die Ausdehnung der Arbeitszeiten in den<br />
Abend oder ins Wochenende wird zwar von den<br />
Selbstständigen wie auch von den Festangestellten<br />
als mehr oder minder selbstverständlich hingenommen,<br />
kritisiert wird hierbei aber die unzureichende<br />
Bezahlung dieser Leistung.<br />
„Ich gebe häufig Kurse am Wochenende<br />
oder abends, manchmal auch Vorträge (…).<br />
Das ist ja auch klar, denn viele Teilnehmer<br />
arbeiten und viele machen das ja auch als<br />
Hobby in der Freizeit. (…) Was ich ungerecht<br />
finde ist, da höre ich, Ärzte zum<br />
Beispiel kriegen Wochenendschichten extra<br />
bezahlt und ich, ich krieg keinen Cent extra<br />
dafür. Das wird als selbstverständlich gesehen<br />
und ich empfinde dies im Vergleich zu<br />
anderen Berufsgruppen als Ausbeutung.“<br />
(Transkript 5)<br />
Es ist es also nicht die geforderte Arbeitszeitflexibilität,<br />
die kritisch betrachtet wird, sondern<br />
es ist die unangemessene Honorierung bei<br />
befristeter Vertragsgestaltung, die zur massiven<br />
Unzufriedenheit führt, insbesondere dann,<br />
wenn Abstriche am „Privatleben“ in Kauf genommen<br />
werden müssen, ohne dass dafür eine<br />
entsprechende Gegenleistung seitens der Beschäftigungsbetriebe<br />
erfolgt. Die unbezahlt zu<br />
leistende Mehrarbeit und die geringen Honorarsätze<br />
führen dazu, dass die Selbstständigen<br />
mit niedrigem Einkommen genötigt sind, für<br />
mehrere Auftraggeber gleichzeitig tätig zu sein,<br />
um die Gefahr eines kurzfristigen Auftrags- und<br />
somit Einkommensausfalls zu minimieren. Im<br />
Extremfall kommt es durch mehrere Arbeitsverhältnisse<br />
mit hoher zeitlicher (unbezahlter)<br />
Arbeitszeitbelastung und häufig wechselnden<br />
Anforderungen in der Aufgabenerledigung zu<br />
einer Spirale der dauerhaften „Selbstausbeutung“,<br />
die kaum zu durchbrechen ist. Bei einer<br />
Arbeitszeit von manchmal bis 200 Unterrichtsstunden<br />
im Monat, unzähligen befristeten Verträgen,<br />
die mit bis zu 30 verschiedenen Auftraggebern<br />
in den letzten fünf Jahren abgeschlossen<br />
wurden (so wird es von verschiedenen Probanden<br />
berichtet), gewinnt die Kombination von<br />
Flexibilität und Prekarität für die Beschäftigten<br />
eine erschreckende Dimension. Die im Laufe<br />
der Tätigkeit erworbene Akzeptanz hoher beruflicher<br />
Flexibilität ohne entsprechende Grati-<br />
ANHANG