Schwarzbuch - GEW
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ANHANG<br />
>> Expertise<br />
fikation wird von den Probanden per se als notwendige<br />
Voraussetzung für die Berufstätigkeit,<br />
ja sogar als besondere Bringschuld für die eigene<br />
Beschäftigungssicherung interpretiert.<br />
„Eine zentrale Eigenschaft, die man für<br />
meine Arbeit braucht, ist Spontanität, also<br />
schnell einen neuen Kurs übernehmen, wenn<br />
eine Einrichtung gerade mal schnell einen<br />
Ersatz braucht. (…) Da muss man planen<br />
können, die Aufträge alle unter einen Hut zu<br />
bekommen. Ansonsten kann es passieren,<br />
das bei nächstem Mal nicht ich, sondern ein<br />
anderer gefragt wird (…). Aber das ist ja<br />
auch eine persönliche Herausforderung, sich<br />
schnell in ein neues Thema einarbeiten. Man<br />
hat da keinen Stillstand, keine Monotonie,<br />
sondern immer eine Abwechslung.“ (Transkript<br />
3).<br />
Flexibilität wird, trotz der spürbaren Belastungen,<br />
als persönliche Dispositionsfreiheit<br />
und als positives Merkmal der Selbstständigkeit<br />
herausgestellt. Die subjektive Verarbeitung der<br />
fast grenzenlos eingeforderten Flexibilitätsbereitschaft<br />
als positives Attribut individueller<br />
Disposition in der Arbeit verwundert etwas,<br />
denn mit der Beschäftigungsform werden die<br />
zentralen Standards eines „normalen“ Arbeitsverhältnisses<br />
verletzt und soziale Schutzzonen<br />
zu Lasten der Betroffenen verschoben. Die<br />
uneingeschränkte Anpassung an sich ständig<br />
verändernde Arbeitssituationen und die eher<br />
„kritiklos hingenommene“ Adaption an die als<br />
„unveränderbar“ erlebten Verhältnisse wird vom<br />
überwiegenden Teil der Befragten als eine notgedrungen<br />
akzeptierte Konstante im Arbeitsalltag<br />
gesehen. Zwar liegt die inhaltliche Ausgestaltung<br />
der übernommenen Arbeitsaufgaben<br />
im Großen und Ganzen im eigenen Ermessen,<br />
dies jedoch unter dem Regime arbeitszeitlicher<br />
Entgrenzung des zu bewältigenden Arbeitsvolumens,<br />
was in erheblichem Maße durch den Auftraggeber<br />
diktiert wird. Die Erfahrungen mit<br />
der finanziell-prekären Lage und mit den hohen<br />
Arbeitsbelastungen haben bei den selbstständig<br />
Beschäftigten ein Gefühl der Ausweglosigkeit<br />
entstehen lassen, da die Abhängigkeit gegenüber<br />
jedem einzelnen Auftraggeber faktisch hoch<br />
ist und die Verträge in der Regel kaum Gestaltungschancen<br />
für die Interessen der Beschäftigten<br />
bieten. Als „Selbstständige“ stehen sie<br />
aufgrund ihres Status und ihrer völlig unzureichenden<br />
rechtlichen Absicherung in massiver<br />
Abhängigkeit von allen Auftraggebern. Aber<br />
trotz der schlechten Bedingungen halten sie das