07.12.2012 Aufrufe

Schwarzbuch - GEW

Schwarzbuch - GEW

Schwarzbuch - GEW

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

dung leidet unter den Nachteilen der Freiberuflichkeit<br />

und Selbstständigkeit, ohne deren<br />

Vorteile zu genießen. Sie haben häufig nur einen<br />

Auftraggeber, müssen sich an ein umfangreiches<br />

Weisungs- und Regelwerk halten und verfügen<br />

weder über Kapital noch über Angestellte.<br />

Vor allem aber können sie ihre Honorare nicht<br />

frei aushandeln. Ein Beispiel: Die zirka 18.000<br />

Kursleiter/innen in Integrationskursen werden<br />

zwar von unterschiedlichen Bildungseinrichtungen<br />

beschäftigt und entlohnt. Diese bekommen<br />

jedoch ihrerseits das Geld von einer Bundesinstitution,<br />

dem Bundesamt für Migration<br />

und Flüchtlinge (BaMF), das pro Unterrichtsstunde<br />

und Teilnehmer einen Festbetrag von<br />

2,35 Euro zahlt. Damit sind zumindest diese<br />

Lehrkräfte keine klassischen Unternehmer.<br />

Anfang 2010 hat das BaMF ein Mindesthonorar<br />

von 15 Euro pro Stunde festgesetzt. Davon<br />

bleiben allerdings nur zirka 3,50 Euro Netto pro<br />

Stunde übrig, wenn man bedenkt, dass jede Unterrichtsstunde<br />

etwa eine Stunde Arbeitszeit für<br />

Vor- und Nachbereitung sowie andere unbezahlte<br />

Aufgaben erfordert und die Honorarkräfte den<br />

Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil für die Sozialversicherung<br />

selbst bezahlen müssen. Selten<br />

betragen Honorare mehr als 24 Euro pro Unter-<br />

richtsstunde, aber auch bei diesem Betrag bleiben<br />

den Unterrichtenden gerade einmal sechs Euro<br />

Netto pro Stunde – immer noch weniger als der<br />

Mindestlohn, trotz hochqualifizierter Arbeit.<br />

Was heißt es, abgesehen von diesem prekären<br />

Verdienst, ein/e Mitarbeiter/in ohne Rechte zu<br />

sein? Vor allem bedeutet es fortdauernde soziale<br />

und berufliche Unsicherheit. Viele Beschäftigte<br />

haben auch nach Jahrzehnten der Mitarbeit<br />

keinen Anstellungsvertrag. Stattdessen löst ein<br />

Honorar- oder Werkvertrag den anderen ab,<br />

von Monat zu Monat. Die Folge ist eine ständige<br />

Zitterpartie: Bekomme ich genügend Aufträge<br />

zum Überleben? Wenn die Auftragslage<br />

schlecht ist, gibt es kein Geld. Wenn ich auf die<br />

Straße gehen will, um etwas an diesen Zuständen<br />

zu ändern, erhalte ich kein Kurzarbeitergeld<br />

oder gar Streikgeld, denn so etwas gibt es in<br />

dieser Branche nicht. Bei „Zwangsurlaub“, zum<br />

Beispiel während der Schließtage des Bildungsträgers,<br />

gibt es auch kein Geld. Das gleiche gilt<br />

für Feiertage: Für andere ein Grund zur Freude,<br />

können sie für Mitarbeiter/innen ohne Anstellungsvertrag<br />

schmerzhafte Einbußen bedeuten.<br />

Wer versucht, sich einzuklagen, bekommt keinen<br />

Auftrag mehr. Und klein dosierte Aufträ-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!