Layout LC.indd - Professur Schett
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<strong>LC</strong> Paris<br />
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denen die Häuser aufgrund ihrer gewölbten Dächer nachempfunden<br />
scheinen. Der Kamin, der fast den Rang des aus osteuropäischen Häusern<br />
vertrauten Ofens einnimmt, wird in seiner Massivität durch Nischen und<br />
Regale aufgelockert.<br />
Es ist aber vor allem das Spiel mit dem Licht, mit dem Le Corbusier von<br />
seinen Vorkriegshäusern abweicht. Das Licht strömt von allen Seiten<br />
in die Räume, entweder durch breite Öffnungen oder schmale Schlitze<br />
und schafft so ein differenziertes, aber dennoch einheitlich wirkendes<br />
Interieur, verstärkt in seiner Einheitlichkeit durch die mit Sperrholzplatten<br />
verkleideten Wände. So sind verschiedene Nutzungen eines Zimmers<br />
möglich, dessen Lichtverhältnisse sich im Tagesverlauf verändern.<br />
Die Fenstergrößen reichen von der kleinen Öffnung, durch die nur<br />
punktuell Licht einfällt, zu großen, raumhohen Fenstern, die durch<br />
Holzplatten unterbrochen und somit an die jeweilige Raumnutzung<br />
angepasst werden. Die Öffnungen treten in Wechselbeziehung zu den<br />
geschlossenen Mauerfl ächen und der geometrischen Anordnung der<br />
beiden Häuser und folgen so den vom Modulor-System vorgeschriebenen<br />
Proportionsreihen.<br />
Die farbig gestrichenen oder holzgetäfelten Wände und die Backsteine<br />
mit ihren warmen Farbtönen bilden eine neue Materialpalette, die<br />
Le Corbusier zeitgleich beim Bau der Villa Sarabhai in Ahmedabad<br />
verwendete. Wenn die Jaoul-Häuser auch auf den ersten Blick wie die<br />
Antipoden der puristischen Villen erscheinen, so bewahren sie doch<br />
ihre Verbindung zu den Pariser Wohnhäusern des 18. Jahrhunderts. Auf<br />
die Schlafzimmer folgt ein Wäscheraum, Abstellkammern, ein Bad mit<br />
anschließender Ankleide und sogar eine Hauskapelle, genau wie in den<br />
frühen Pariser Stadthäusern. Mit einer Terrasse, die sich zur Stadt hin<br />
öffnet, laden die Häuser zur Entspannung ein.<br />
Wenn die Jaoul-Häuser, wie Stirling treffend bemerkte, so komfortabel<br />
sind, dass sie die Vorstellung einer „Wohnmaschine“ widerlegen und<br />
„jedermann zusagen“, dann deshalb, weil sie das Werk eines Architekten<br />
sind, der in 30 Jahren einen großen Erfahrungsschatz gesammelt hat. Der<br />
auf Komfort verzichtende Bohemien hat einem sinnlicheren Architekten<br />
Platz gemacht, der den Anforderungen des häuslichen Lebens mehr<br />
Aufmerksamkeit schenkt, dabei aber nicht weniger fantasievoll vorgeht.