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Volume 8 des Oeuvres Complet<br />

Eugène Claudius Petit<br />

Firminy-Vert<br />

Die zwei Stadtplanungen für Firminy-Vert, wovon die erste praktisch<br />

innerhalb von neun Jahren verwirklicht worden ist und die zweite im<br />

Begriff steht, ausgeführt zu werden, verfolgen folgende Absichten:<br />

a) Schaffung der Grundlagen für ein neues Wohnen in menschlicher,<br />

familiärer und sozialer Hinsicht; Umwertung des täglichen Ablaufes,<br />

insbesondere in Rücksicht auf die Frau, die Mutter, was das Verhalten der<br />

Kinder weitgehend mitbestimmen dürfte.<br />

b) Gestaltung der Umgebung, des städtischen Alltags. Gestaltung<br />

von Raum und Masse, von Form und Farbe; Wiederherstellung der<br />

geschichtlichen Grundlage unter Erneuerung der zweckdienlichen<br />

Anlagen in neuer Anordnung und Verteilung, insofern von den<br />

historischen Resten nichts mehr vorhanden war.<br />

Infolgedessen standen die Architekten und Stadtplaner vor gewaltigen<br />

Aufgaben, um das Durchschnittliche zu verbannen, die Banalität zu<br />

verhüten, die Kopien zu vermeiden, mit einem Wort: um trotz kargen<br />

Mitteln der Schönheit neue Bahnen in Firminy zu öffnen.<br />

Die ersten Arbeiten bedeuteten die Anfangsstufe einer Entwicklung,<br />

bei welcher zunächst das Interesse der Bevölkerung wach wurde, sich<br />

dann aber zu einer wirklichen Begeisterung steigerte im Bewußtsein,<br />

daß dieses Gesamtwerk dem größten zeitgenössischen Architekten<br />

anvertraut worden sei.<br />

Das Stadion, das Haus der Kultur und der große Wohnblock waren teils<br />

geplant, teils in Ausführung begriffen, als Le Corbusier beauftragt wurde,<br />

die Petruskirche zu planen und zu bauen.<br />

Am 14. April 1960 schrieb mir Le Corbusier: «Ich fahre nach Indien und bin<br />

froh über die Studien, die für Firminy gemacht worden sind.<br />

Ich glaube, daß es sich um eine wichtige Weiterentwicklung von<br />

Marseille, Berlin und Co. handelt. Dank Ihrer wachen Mitarbeit wird es<br />

uns gelingen, keine Scheußlichkeiten zu bauen, sondern gute Sachen. So<br />

wollen wir das Spiel spielen, ein Spiel, das leider in den meisten Fällen<br />

verkehrt gehandhabt wird.»<br />

Er meinte damit den Wohnblock in Firminy.<br />

Am 21. Mai 1965 besichtigte er die Arbeiten dieses Wohnblockes, der<br />

damals auf die halbe Höhe gebracht worden war; zuvor hatte er sich<br />

<strong>LC</strong> Firminy<br />

67<br />

lange im Haus der Kultur aufgehalten, das kürzlich vollendet worden war.<br />

Er war von der Reise und der Besichtigung etwas ermüdet; war aber über<br />

den Empfang, den ihm die Bevölkerung, die Bauunternehmer und die<br />

Arbeiter entgegenbrachten, sehr gerührt.<br />

Es war sein letzter Besuch in Firminy. Natürlich äußerte er mir gegenüber<br />

seine Ungeduld, den Bau der Kirche beginnen zu sehen. Er war sich<br />

der Widerstände bewußt, doch hatte er sein Vertrauen gesetzt in die<br />

Hartnäckigkeit derer, die ihn beauftragt hatten.<br />

Am 23. März 1960 schrieb der Vorsteher der Kirchgemeinde: «Wir haben<br />

dem Bischof unseren Entschluß unterbreitet, unsere Kirche durch Le<br />

Corbusier bauen zu lassen. Im Prinzip ist Seine Hochwürden nicht<br />

dagegen, wenn nur Le Corbusier eine passende Kirche baue... Er ist ein<br />

Geistlicher, der die Dinge begreift und dessen Ideen auf einen einfachen,<br />

aber schönen Kirchenbau hinzielen, der auch in Zukunft als Ausdruck<br />

unserer zeitgenössischen Architektur Geltung behalten müßte... »<br />

Meinerseits schrieb ich an jemanden: «Sie wollen keinen falschen<br />

Schein, sie wollen Echtheit. Sie wünschen weder aufwendige Mittel<br />

noch technische Eigenheiten. Sie wollen, daß der Geist die bescheidenen<br />

Materialien belebe und den Volumen, dem Raum, dem Licht einen Sinn<br />

verleihe. Ein in die Wirklichkeit übertragener Gedanke. Sie denken, daß<br />

Le Corbusier dies besser als irgendwer bieten kann; sie haben meines<br />

Erachtens recht.»<br />

Am 30. Januar 1962 schrieb einer der Bauberater des Bistums: «Es ist<br />

ein allzu seltenes Glück für die Diözese, daß für den Kirchenbau eine<br />

Anlage vorgesehen wird, die in bester Übereinstimmung mit den neuen<br />

Stadtteilen steht.»<br />

Am 19. Juni 1962 kam Le Corbusier nach Firminy, um den Standort<br />

der Kirche zu bestimmen. Mit Skizzenbuch und Bleistift in der Hand<br />

durchschritt er Firminy-Vert, die umliegenden Hügel und die bestehenden<br />

Bauten umreißend; er gab Farbtöne an und unterstrich den Sinn aller<br />

Dinge. Er stieg bergwärts, beobachtete mit dem ihm eigenen Scharfsinn<br />

die Gegend, stieg wieder talwärts, langsam bis zu dem Punkte, wo er den<br />

Bau situierte.

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