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<strong>LC</strong> La Tourette<br />

65<br />

Spitznamen „Mondrian-Mauer“ erhielt.<br />

Die Kirche ist eine autonome Einheit, vom U der Zellen durch einen<br />

schmalen Zwischenraum getrennt. Mit ihrer Form setzte Le Corbusier<br />

ein neues Konzept um, nämlich das eines „Wunderkastens“ - eines<br />

großen Raums, in dem alle möglichen „Schauspiele“ veranstaltet werden<br />

können und das er in Tokio vergeblich zu realisieren versuchte. Die<br />

Dunkelheit des Raums - ebenfalls ein neues Thema -, die das Schwarz<br />

des Steinfußbodens unter dem Altar vertieft, wird durch eine senkrechte<br />

Wandspalte nach Osten und eine waagerechte Spalte nach Westen<br />

aufgehellt. In der an den Hauptraum angrenzenden Krypta werden die<br />

sieben Altäre, an denen die Dominikaner einer (nach dem 2. Vatikanischen<br />

Konzil abgeschafften) Ordensregel folgend ihre Messen zelebrieren, von<br />

einer mehrfach geschwungenen Mauer umfasst. Die Altäre werden durch<br />

„Lichtkanonen“ beleuchtet, die die Krypta in den Abglanz ihrer farbig<br />

gestrichenen Laibungen tauchen. Die Sakristei auf der anderen Seite des<br />

Kirchenschiffs wird durch sieben „Lichtmaschinengewehre“ erhellt.<br />

Nahe dem durch drei Zylinderformen markierten Eingang befi ndet<br />

sich eine kleinere, von einer Betonpyramide bekrönte Kapelle. Die<br />

Galeriepassagen kreuzen sich in einem Atrium mit Pultdach und laden<br />

zu einem großartigen „architektonischen Spaziergang“ ein, der die<br />

Entdeckung der Baukörper und der Landschaft erlaubt, über der sie von<br />

dünnen Betonscheiben getragen schweben. Wellenförmige Verglasungen,<br />

deren Holzrahmen nach dem Modulor bemessen sind und die wechselnde<br />

lineare Schattenmuster auf die Böden werfen, rhythmisieren die Wände<br />

der Galerien. Die Ausführung hat dem griechischen Bauleiter lannis<br />

Xenakis, der als politischer Flüchtling in Paris lebte, viel zu verdanken.<br />

Zur gleichen Zeit komponierte er sein Hauptwerk „Metastasis“, dessen<br />

Klangsequenzen sich in den „Wellenfenstern“ wieder fi nden.<br />

Ein „Werk der Liebe“ in den Augen Le Corbusiers, weckt dieses Kloster aus<br />

rauhem Beton zugleich Ratlosigkeit und Interesse. Der amerikanische<br />

Architekturhistoriker Vincent Scully verglich es mit den Villen der 1920er<br />

Jahre. Er sah im Haus „Citrohan“ ein griechisches Megaron (älteste<br />

griechische Hausform mit einem Raum und einer Vorhalle) mit vier<br />

massiven und einer verglasten Mauer, in der Villa Savoye ein „Sandwich“<br />

- und La Tourette demzufolge als „Megaron, das davon träumt, sich in<br />

ein Sandwich zu verwandeln (oder umgekehrt)“. Colin Rowe seinerseits<br />

bemerkte, der Architekt habe „sich bewusst darum bemüht, die<br />

akademische Debatte in künstlerische Begriffe umzusetzen“ und das<br />

Kloster sei „weniger eine von Wohnungen umgebene Kirche als ein<br />

bewohnbares Theater für Virtuosen der Askese, das durch eine Sporthalle<br />

für das Training spiritueller Athleten verdoppelt wird“. Als der Orden<br />

infolge fehlenden Nachwuchses sein Aufbauprogramm der klösterlichen<br />

Gemeinschaft in La Tourette aufgab, wurde das Kloster zum Kultur- und<br />

Begegnungszentrum.

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