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Chapelle Nôtre-Dame-du-Haut<br />
Le Corbusier<br />
mit André Maisonnier, Bänke von Joseph Savina<br />
1950-1955<br />
Haute-Saône, 70250 Ronchamp<br />
<strong>LC</strong> Ronchamp<br />
59<br />
Angesichts der „plastischen Revolution“ von Ronchamp waren Le<br />
Corbusiers Anhänger und Schüler starr vor Staunen: sie ist das<br />
Ergebnis seiner Auseinandersetzung mit der Sakralarchitektur. In<br />
der Nachkriegszeit gaben ihm seine Aufträge Anlass, über den vom<br />
Menschen bewohnten Raum zwischen Himmel und Erde zu meditieren.<br />
Auf dem Hügel von Bourlémont (500 m. ü. M.), einem letzten Ausläufer<br />
der Vogesen, sollte er die im Zweiten Weltkrieg durch Bomben völlig<br />
zerstörte Kirche Notre-Dame-du-Haut, einen historischen Wallfahrtsort,<br />
wieder aufbauen. Trotz seines Misstrauens gegenüber der katholischen<br />
Kirche gab er den Bitten der Angehörigen der Bewegung für sakrale Kunst<br />
nach, die sich für die Einführung der modernen Architektur und Malerei<br />
in Kirchenbauten einsetzte. Den Patres Couturier und Régamey sowie<br />
François Mathey und Maurice Jardot gelang es schließlich, Le Corbusier<br />
für diese Aufgabe zu gewinnen.<br />
Schon bei seinem ersten Ortstermin im Jahr 1950 war Le Corbusier<br />
fasziniert von der Lage: der Ort ähnelte der zusammen mit L‘Eplattenier<br />
40 Jahre zuvor erkundeten Juralandschaft. Er ergriff die Gelegenheit, „die<br />
Menschen mit dem Kosmos zu verbinden“, und zwar nach dem Vorbild<br />
der indischen Sternwarten, die er zur gleichen Zeit entdeckte. Sein Bau<br />
wurde ganz spezifi sch nur für diesen Ort entworfen. Er studierte seine<br />
Geschichte, las ein vom Kanonikus Belot verfasstes Buch über die alte Kirche<br />
und schickte sich an, „ein an den Ort gerichtetes Wort“ zu formulieren,<br />
gewissermaßen eine „Antwort auf den Horizont“. Das Gelände und<br />
seine Lage sind zwar die wichtigsten entwurfsbestimmenden Faktoren,<br />
aber nicht die einzigen. Der Grundgedanke ging vom Fund eines leeren<br />
Krabbenpanzers am Strand von Long Island aus, ähnlich denen, die er in<br />
den 1930er Jahren auf seine Leinwände gebannt hatte. Der Panzer gab<br />
dem auf vier dicken Betonmauern ruhenden Dach der Kapelle seine Form.<br />
Ausgehend von dieser Grundidee wurden nach und nach mehrere<br />
Modelle aus Eisendraht und Holz gebaut, nach denen 1952 der endgültige<br />
Entwurf entstand. Die Bauarbeiten begannen 1954. Das Dach wurde<br />
wie eine Art Flugzeugtragfl äche aus zwei, in einer Schale übereinander<br />
liegenden Decken angefertigt; die durch einen schmalen Zwischenraum<br />
von der Dachschale getrennten frei stehenden Mauern und Pfeiler aus<br />
Stahlbeton bilden das Tragwerk, an dem innen und außen der Verputz<br />
aufgebracht wurde. Die Südmauer ist zugleich dicker und „löchriger“<br />
als die übrigen; während der Entwurfsphase wurde der tragende