Plenarprotokoll
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Abgeordnetenhaus von Berlin<br />
17. Wahlperiode<br />
Seite 7748 <strong>Plenarprotokoll</strong> 17/75<br />
28. Januar 2016<br />
(Stefan Evers)<br />
[Beifall bei der CDU –<br />
Zuruf von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]<br />
Denn, liebe Frau Kollegin Pop: Ich weiß nicht, was mich<br />
gestern früh trauriger gestimmt hat – die ersten Hinweise<br />
in sozialen Netzwerken darauf, dass ein Flüchtling mit<br />
Grippesymptomen im Umfeld des LAGeSo verstorben<br />
sein soll, oder das fast zeitgleich einsetzende zynische<br />
Halali, mit dem die apokalyptischen Reiter der Opposition<br />
losbrachen, diese Hexenjäger von Linken, Piraten und<br />
Grünen, die ohne jedes Zögern, ohne mal seriöse Sachverhaltsaufklärung<br />
zu betreiben,<br />
[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das ist eine<br />
Unverschämtheit!]<br />
zu Felde gezogen sind.<br />
[Beifall bei der CDU –<br />
Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]<br />
Was haben wir gestern alles von Ihnen gehört: Rücktritt<br />
jetzt! Er ist nicht schuldig, aber verantwortlich! Wir haben<br />
es alle kommen sehen! Blut an den Händen von<br />
Czaja und Henkel! – Unsäglich!<br />
[Beifall bei der CDU]<br />
Liebe Frau Pop! Das war selbst einer Viertelspitzenkandidatin<br />
unwürdig, was wir gestern erlebt haben!<br />
Präsident Ralf Wieland:<br />
Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen<br />
Kowalewski?<br />
Stefan Evers (CDU):<br />
Nein, die Fragen haben wir ja im Laufe des gestrigen<br />
Tages beantwortet bekommen.<br />
[Zurufe von den GRÜNEN]<br />
Dass dieser Todesfall sich als digitale Märchenstunde<br />
herausgestellt hat, darüber sind wir hoffentlich gemeinsam<br />
froh. Ich bin froh, dass Sie alle Ihre Reden in der<br />
Nacht zu heute noch einmal haben umschreiben müssen,<br />
denn keine billige Parole war Ihnen zu schade, das gestern<br />
auszuschlachten.<br />
[Beifall bei der CDU –<br />
Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Unverschämtheit!]<br />
Ich hoffe, es war Ihnen eine Lehre, künftig genauer hinzusehen,<br />
nicht sofort in jede Hysterie zu verfallen und zu<br />
einer sachlichen politischen Auseinandersetzung miteinander<br />
in diesem Haus zurückzukehren,<br />
[Zurufe von Uwe Doering (LINKE) und<br />
Dr. Manuela Schmidt (LINKE)]<br />
und das will ich jetzt auch tun.<br />
Sie alle warten auf einen großen Wurf, Sie warten darauf,<br />
dass alle Probleme beim LAGeSo auf einen Schlag gelöst<br />
werden.<br />
[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]<br />
Ich sage Ihnen, das wird es nicht geben. Das kann es bei<br />
dieser Ausgangslage auch nicht geben. Es hat aber bereits<br />
eine Vielzahl von Maßnahmen gegeben, die auch Stück<br />
für Stück greifen, und es wird eine Vielzahl weiterer<br />
Maßnahmen geben. Das mögen Sie als Opposition gerne<br />
übersehen, wenn Sie das als Ihren Job verstehen. Wir für<br />
unseren Teil arbeiten jedenfalls weiter daran. Das tut<br />
auch der Senat. In seiner Senatsklausur hat er eine Reihe<br />
weiterer Schritten beschlossen, und auch wir werden<br />
heute in diesem Haus einen Teil – nicht die Wundermaßnahme,<br />
als die sie hier beschrieben war –, aber einen<br />
wichtigen Teil mit der Herauslösung des Asylbereichs<br />
aus dem LAGeSo leisten und das neue Amt für Flüchtlingsangelegenheiten<br />
auf den Weg bringen. Das ist unsere<br />
verdammte Pflicht und Schuldigkeit als Abgeordnetenhaus,<br />
unserer Verantwortung und unseren Pflichten nachzukommen,<br />
die sich mit dieser Krisensituation verbinden.<br />
[Beifall bei der CDU –<br />
Vereinzelter Beifall bei der SPD]<br />
Eine ganz besondere Rolle in dieser Debatte nimmt zu<br />
Recht der Umgang mit dem ehemaligen Flughafen Tempelhof<br />
ein. Seine Hangars sind schon heute weitgehend<br />
vollständig mit Flüchtlingen belegt. Wir reden nicht über<br />
die Zukunft, sondern über das, was heute schon Tag für<br />
Tag in Tempelhof Realität ist. Dass das ein Zustand ist,<br />
den wir gemeinsam verbessern wollen – gemeinsam auch<br />
hier, hoffe ich –, darüber sind wir uns vielleicht einig.<br />
[Uwe Doering (LINKE): Dann fangt doch mal an!]<br />
In der aktuellen Situation ist es eine Notwendigkeit – die<br />
kann man kleinreden oder ignorieren –, alle vorhandenen<br />
Platzkapazitäten des Landes zu nutzen, um die Obdachlosigkeit<br />
von Flüchtlingen zu vermeiden, ob sie uns gefallen<br />
oder nicht. Wir tun vieles, was uns noch vor einem<br />
Jahr undenkbar erschienen wäre.<br />
[Heidi Kosche (GRÜNE) hält ein Plakat hoch.]<br />
Wir machen es uns nicht leicht, wir tun das schweren<br />
Herzens, aber wir tun es, weil wir es für notwendig halten<br />
und wir im Gegensatz zu Ihnen in Verantwortung stehen.<br />
Sie erwecken den Eindruck, als wollten Sie das nicht; das<br />
nehmen wir mal zur Kenntnis.<br />
[Beifall bei der CDU und der SPD]<br />
Wir stehen dazu, die Kapazität des ehemaligen Flughafengebäudes<br />
zu erweitern. Dazu gehört das Zugeständnis,<br />
das wir heute zu machen bereit sind, nämlich auch im<br />
Bereich des befestigten Flughafenvorfelds mobile Unterkünfte<br />
errichten zu können, befristet auf maximal drei<br />
Jahre. Ich bin mir sehr bewusst, dass die dafür erforderliche<br />
Änderung des Tempelhof-Gesetzes, so kurz nach<br />
dem Volksentscheid, vielen Menschen Sorge bereitet. Ich<br />
habe an dieser Stelle schon einmal gesagt, dass die<br />
Kommunikation, der erste Aufschlag zu dieser Debatte<br />
wirklich glücklicher hätte sein können, denn ich habe ein<br />
gewisses Verständnis für das Misstrauen, das in Teilen<br />
der Bevölkerung besteht.