Plenarprotokoll
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Abgeordnetenhaus von Berlin<br />
17. Wahlperiode<br />
Seite 7789 <strong>Plenarprotokoll</strong> 17/75<br />
28. Januar 2016<br />
Dr. Clara West (SPD):<br />
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und<br />
Kollegen! Die Berlinerinnen und Berliner werden sich<br />
freuen, dass offenbar alle Mitglieder dieses Hauses jede<br />
Menge Überstunden schieben, um eine geniale Idee nach<br />
der nächsten zur Verbesserung der Bürgerämter zu produzieren.<br />
Reibungslos funktionierende Bürgerämter,<br />
diese Feder möchte sich gerne jeder von uns an den Hut<br />
stecken. So weit, so gut oder vielleicht auch nicht ganz so<br />
gut.<br />
Liebe Piraten! In Ihrem Antrag fordern Sie, die Berlin-<br />
Wahl dadurch sicherzustellen, dass die Verzögerungen im<br />
Berliner Meldewesen aufgearbeitet werden. Prima! Das<br />
ist eine Sehnsucht, die wir teilen. Deshalb hat dieses<br />
Parlament am 1. Dezember 2015 einen umfangreichen<br />
Antrag verabschiedet und den beteiligten Verwaltungen<br />
sehr viele Maßnahmen ins Aufgabenheft geschrieben, die<br />
genau das garantieren sollen. Wir haben über diesen<br />
Antrag sehr leidenschaftlich diskutiert. Sie werden sich<br />
vielleicht noch erinnern, es ist noch nicht ganz so lange<br />
her.<br />
Bei den Maßnahmen, die Sie jetzt vorschlagen, wird es<br />
gleich in mehrfacher Hinsicht interessant. Sie möchten,<br />
dass eine neue zentrale Stelle zur Bearbeitung von Melderechtsvorgängen<br />
beim Landesamt für Bürger- und<br />
Ordnungsangelegenheiten eingerichtet wird. Ich weiß mir<br />
nicht zu helfen, Herr Dr. Weiß, ich habe das schon einmal<br />
irgendwo gehört. Ich muss einmal überlegen. In jedem<br />
Fall ist es wahrscheinlich eine ganz gute Idee, das Ganze<br />
„Musterbürgeramt“ zu nennen, oder finden Sie nicht?<br />
Normalerweise würde ein solcher Vorschlag in Ihrer<br />
Fraktion, Sie haben es selber schon angesprochen, für<br />
wahre Entrüstungsstürme sorgen. Normalerweise würden<br />
Sie das in der Luft zerreißen, und normalerweise würden<br />
Sie das geißeln als infamen und eiskalten Versuch, Bezirksautonomie<br />
zu unterminieren. Liebe Piraten! Ich frage<br />
mich allen Ernstes, wie ausgerechnet Sie auf die Idee<br />
kommen können, dass noch eine zusätzliche Behörde die<br />
Patentlösung sein könnte. Das muss man sich einmal<br />
vorstellen. Wir hätten dann 42 bezirkliche Bürgerämter,<br />
ein zentrales Bürgeramt, ein Bürgeramt für Flüchtlinge<br />
und dank Ihnen noch eine zentrale Melderechtsbearbeitungsstelle.<br />
Das Personal für Ihre neue, tolle Superbehörde wollen Sie<br />
dann aus dem zentralen Bürgeramt holen, das der Senat<br />
gerade erst beschlossen hat, also genau das Personal, das<br />
vorgesehen ist, um den Stau in den Bürgerämtern aufzuarbeiten.<br />
Darauf muss man erst einmal kommen.<br />
Herr Zillich hat eine Zwischenfrage. – Nein, jetzt nicht,<br />
später! – Dieses Personal soll, wie Sie schreiben, zunächst<br />
nur eingeschränkt ausgebildet und eingearbeitet<br />
werden. – Okay, Sie konstruieren eine neue Behörde, die<br />
in Doppelzuständigkeit arbeitet, und Sie wollen sie mit<br />
Leuten bestücken, die nur halb eingearbeitet sind. Man<br />
könnte fast auf die böse Idee kommen, dass Sie den Senator<br />
Henkel reinlegen wollen. Erst tun Sie so, als würden<br />
Sie ihm sein Musterbürgeramt auf dem Silbertablett überreichen,<br />
und dann konstruieren Sie es so, dass es definitiv<br />
zum Scheitern verurteilt ist. Fürchte die Piraten, wenn sie<br />
mit Geschenken kommen!<br />
[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]<br />
Ich möchte aber auch noch etwas Nettes über Ihren Antrag<br />
sagen, Herr Dr. Weiß. Über mobile Bürgerämter<br />
können wir gerne reden, wenn es mal wieder besser läuft,<br />
auch wenn das nichts Neues ist. Ich finde auch den Vorschlag<br />
mit den Wohnungsbaugesellschaften durchaus<br />
interessant, denn das würde sicherlich zur Erreichbarkeit<br />
der Bürgerämter beitragen. Aber darüber könnte man<br />
nachdenken, wenn wir die ärgsten Probleme gelöst haben.<br />
Nichts davon löst die von Ihnen in markigen Worten<br />
beschriebenen Probleme im Hinblick auf die kommende<br />
Wahl. Damit alle Menschen sich rechtzeitig ummelden<br />
können, brauchen wir Termine. Dafür brauchen wir mehr<br />
motivierte Mitarbeiter und ein Terminvergabesystem, das<br />
diesen Namen auch wirklich verdient. Wir brauchen die<br />
Möglichkeit, Dinge auch online zu erledigen, und wir<br />
brauchen effizientere Abläufe in den Ämtern vor Ort.<br />
Genau das haben wir vor einem Monat beschlossen. Ich<br />
freue mich im Übrigen, dass die Bezirke jetzt schon, nach<br />
einem Monat, so weit sind, dass sie die meisten Stellen<br />
besetzen konnten.<br />
Jetzt einmal konkret zu Berlin-Wahl 2016, denn das war<br />
das eigentliche Thema Ihres Antrages: Weil wir alle ein<br />
Interesse daran haben, dass diese Wahl sichergestellt<br />
wird, habe ich unter anderem – das haben Sie schon erwähnt<br />
– beim letzten Plenum eine Mündliche Anfrage<br />
dazu eingebracht. Auch hier sind wir ein kleines Stück<br />
weiter. Herr Senator Henkel hat Ihnen bei der Beantwortung<br />
meiner Frage vor zwei Wochen vermutlich aus purem<br />
Understatement unterschlagen, dass der Senat bereits<br />
im November das Dreizehnte Gesetz zur Änderung der<br />
Verfassung von Berlin ins Parlament eingebracht hat, und<br />
das ist auch schon durch den Rechtsausschuss gegangen.<br />
Mit der vorgeschlagenen Änderung sind zumindest diejenigen,<br />
die in der nächsten Zeit innerhalb von Berlin umziehen,<br />
von den Problemen nicht mehr betroffen.<br />
[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Hört, hört!]<br />
Den Neuberlinern hilft das natürlich noch nicht weiter.<br />
Da wird sich Innenverwaltung wohl noch etwas einfallen<br />
lassen müssen. Ich gehe aber fest davon aus, dass die<br />
Innenverwaltung bereits mit Hochdruck daran arbeitet<br />
und uns eine funktionierende Lösung präsentieren wird,<br />
die ich allerdings in Ihrem Antrag beim besten Willen<br />
nicht erkennen konnte.<br />
[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Na, dann hoffen wir mal! –<br />
Steffen Zillich (LINKE): Zuversicht!]<br />
– Hoffnung stirbt zuletzt! – Wir wollen alle am 18. September<br />
2016 wählen. Ich schätze einmal, die überwie-