Plenarprotokoll
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Abgeordnetenhaus von Berlin<br />
17. Wahlperiode<br />
Seite 7779 <strong>Plenarprotokoll</strong> 17/75<br />
28. Januar 2016<br />
(Dr. Michael Garmer)<br />
neuen Kampfbegriffen fündig geworden sind und versuchen,<br />
aus Divestment ein Geschäftsmodell zu machen,<br />
auf dass die Spenden wieder fließen.<br />
Sie sehen, wir haben bei diesem Thema ernsthafte Bedenken.<br />
Lassen Sie uns in den Ausschüssen darüber reden.<br />
– Herzlichen Dank!<br />
[Beifall bei der CDU]<br />
Vizepräsidentin Anja Schillhaneck:<br />
Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! – Nun gibt es zunächst<br />
die Anmeldung einer Zwischenbemerkung des Abgeordneten<br />
Schäfer. – Bitte!<br />
Michael Schäfer (GRÜNE):<br />
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Geschätzter<br />
Kollege Dr. Garmer! Ich möchte einmal zitieren, was wir<br />
gemeinsam beschlossen haben:<br />
Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Senat,<br />
Berlin mit einem entsprechenden Schritt zur ersten<br />
Divestment-Hauptstadt der Welt zu machen, indem<br />
er sich verpflichtet, Anlagen aus Unternehmen,<br />
deren Geschäftsmodell den Zielen der Klimaneutralität<br />
widerspricht, innerhalb der nächsten<br />
fünf Jahre abzuziehen und diese Investitionen in<br />
Zukunft durch Anlagerichtlinien auszuschließen.<br />
[Beifall bei den GRÜNEN]<br />
Das war ein guter Beschluss, den wir gemeinsam gefasst<br />
haben. Sie haben dazu keinen Änderungsantrag gestellt.<br />
Sie haben ihn mit beschlossen. Ich bin davon ausgegangen,<br />
dass das, was wir im Oktober letzten Jahres gemeinsam<br />
für richtig erachtet haben, auch heute noch gemeinsam<br />
richtig finden.<br />
[Beifall bei den GRÜNEN]<br />
Ich frage mich – wenn Sie jetzt von einer der damals<br />
mitbeschlossenen Empfehlungen Abstand nehmen –, ob<br />
das auch für andere gilt. Ist das eine Ausnahme? Ist für<br />
Sie der ganze Enquete-Bericht nicht verbindlich?<br />
[Martin Delius (PIRATEN): Das war doch nur<br />
eine Enquete-Kommission!]<br />
Wollen wir nicht den dort gemeinsam beschriebenen Weg<br />
auch gemeinsam beschreiten? Diese Frage stelle ich<br />
Ihnen ganz ernsthaft.<br />
Ihr Hauptargument war, dass Sie Konsequenz anmahnen.<br />
Sie sagen, dass es konsequent umgesetzt werden muss,<br />
wenn man es umsetzt. Da haben Sie recht. Der Kollege<br />
Wolf hat argumentiert, dass zwei Drittel der bekannten<br />
fossilen Energiereserven nicht genutzt werden dürfen,<br />
damit wir das 2-Grad-Ziel erreichen können. Der Marktwert<br />
der Unternehmen spiegelt das nicht wider. Deswegen<br />
sei es ökonomisch sinnvoll auszusteigen. Natürlich<br />
muss man dann auch die Frage bei fossilen Infrastrukturen<br />
wie dem Gasnetz stellen. Das haben wir in der Enquete-Kommission<br />
auch getan. Wir haben in der Enquete-<br />
Kommission ganz klar gesagt: Nur wenn der Kaufpreis<br />
den Ertragswert nicht überschreitet, den das Gasnetz im<br />
Fall einer Konsequenz in der Klimapolitik noch hat, können<br />
wir eine Rekommunalisierung empfehlen. Diese<br />
Konsequenz, die Sie hier anmahnen, findet sich im Abschlussbericht<br />
der Enquetekommission. Nur weil der<br />
Senat nicht bereit ist, diese Beschlüsse umzusetzen, können<br />
wir doch nicht noch von den anderen Empfehlungen<br />
abrücken. Dann machten wir uns wirklich lächerlich.<br />
[Beifall bei den GRÜNEN]<br />
Die Gründe, aus denen wir diese Empfehlungen beschlossen<br />
haben, gemeinsam, einstimmig, in der Enquete-<br />
Kommission, gelten heute immer noch. Deshalb bitte ich<br />
Sie sehr darum, dass wir das, was wir gemeinsam erarbeitet<br />
haben, auch gemeinsam umsetzen. Das gilt nicht nur<br />
für diese Empfehlung, sondern auch für die anderen. –<br />
Vielen Dank!<br />
[Beifall bei den GRÜNEN –<br />
Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]<br />
Vizepräsidentin Anja Schillhaneck:<br />
Vielen Dank, Herr Schäfer! – Herr Dr. Garmer, bitte, Sie<br />
haben jetzt die Gelegenheit zur Antwort.<br />
Dr. Michael Garmer (CDU):<br />
Lieber Herr Kollege Schäfer! Wir sind im Grundsatz gar<br />
nicht so weit voneinander entfernt. Wir haben auch die<br />
meisten Dinge einmütig in der Enquete-Kommission<br />
beschlossen. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass im<br />
Einzelfall das Herausgehen aus Investitionen durchaus<br />
sinnvoll sein kann. Das haben wir auch in der Enquete-<br />
Kommission besprochen. Wenn es aber stimmt, dass wir<br />
mit 10 Millionen Euro – ich kann die Zahl jetzt nicht<br />
nachvollziehen – in ETFs investiert sind, wird der fossile<br />
Anteil daran unterhalb der Nachweisgrenze liegen. Ob es<br />
sinnvoll ist, darauf die politische Kraft zu lenken, halte<br />
ich für sehr zweifelhaft. Ich halte es für sinnvoller, den<br />
Emissionshandel zu stärken. Wir brauchen beim Emissionshandel<br />
die Einbeziehung weiterer Branchen. Wir<br />
brauchen ambitionierte Minderungsziele nach 2020,<br />
[Zuruf von den GRÜNEN]<br />
wir brauchen die Erweiterung auf weitere Regionen in<br />
der Welt. Drauf sollten wir unsere politische Kraft lenken.<br />
Dann erreichen wir insgesamt mehr für den Klimaschutz,<br />
als wenn wir jetzt weitere politische Instrumente<br />
entwickeln und halbfertig in den Raum stellen. Lassen<br />
Sie uns das nutzen, was wir schon haben, und weiterentwickeln<br />
zum Wohle des Klimas! – Vielen Dank!<br />
[Beifall bei der CDU –<br />
Zurufe von Stefanie Remlinger (GRÜNE) und<br />
Benedikt Lux (GRÜNE)]