Plenarprotokoll
p17-075-wp
p17-075-wp
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Abgeordnetenhaus von Berlin<br />
17. Wahlperiode<br />
Seite 7814 <strong>Plenarprotokoll</strong> 17/75<br />
28. Januar 2016<br />
(Präsident Ralf Wieland)<br />
Ich komme nun zu<br />
lfd. Nr. 9:<br />
Cybergewalt – Berlin muss die Beschlüsse der<br />
Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz<br />
(GFMK) in die Tat umsetzen<br />
Beschlussempfehlung des Ausschusses für<br />
Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten,<br />
Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 6. Januar<br />
2016<br />
Drucksache 17/2664<br />
zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen<br />
Drucksache 17/2455<br />
In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die<br />
Grünen. – Frau Kollegin Kofbinger, bitte schön, Sie haben<br />
das Wort!<br />
Anja Kofbinger (GRÜNE):<br />
Guten Tag! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren!<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist die zweite<br />
Lesung eines wichtigen Antrags, wie ich finde, denn es<br />
geht um Gewalt, hier im Speziellen um Gewalt gegen<br />
Mädchen und Frauen, aber im großen Kontext um Cybergewalt,<br />
und die geht jeden an. Wir alle bewegen uns in<br />
einem digitalen Raum, und dieser digitale Raum ist nicht<br />
zu schützen. Das ist einfach so. Wir wollen ihn auch nicht<br />
überwachen lassen, aber wir müssen konsequent und<br />
zusammen gegen Gewaltausübung in diesem Raum vorgehen.<br />
Dazu haben wir Ihnen schon vor einiger Zeit einen Antrag<br />
vorgelegt, wobei ich sagen muss: Die Beratung ging<br />
jetzt praktisch in Lichtgeschwindigkeit vor sich. Normalerweise<br />
dauert das alles wesentlich länger. Dafür erst<br />
einmal meinen Dank, dass das so schnell abgelehnt wurde;<br />
dann können wir uns gleich mit dem nächsten Antrag<br />
beschäftigen.<br />
Worum geht es? – Es gab im Oktober 2014 eine Gleichstellungs-<br />
und Frauenministerkonferenz in Wiesbaden,<br />
und dort haben eben diese Gleichstellungs- und Frauenministerinnen<br />
und -minister verschiedene, wie ich finde,<br />
sehr gute Beschlüsse gefasst, die hier sogar noch einmal<br />
bestätigt wurden, nämlich Anfang Juni 2015 bei der<br />
25. Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz in<br />
Berlin. Nun hätte man nach einer so langen Zeit – jetzt<br />
schon weit über ein Jahr – erwartet, dass sich daraus<br />
vielleicht auch mal konkrete Politik ergeben würde. Das<br />
ist jetzt sozusagen der Schwachpunkt, den wir versucht<br />
haben, mit diesem Antrag, den wir im September letzten<br />
Jahres gestellt haben, zu heilen. Das ist uns leider in den<br />
Beratungen nicht gelungen. Das ist sehr bedauerlich, und<br />
deshalb möchte ich noch einmal ganz kurz auf die Punkte<br />
eingehen, die uns so besonders wichtig sind und die in<br />
diesem Antrag vermerkt sind.<br />
Es geht im Wesentlichen um Bildungs- und Fortbildungsmaßnahmen,<br />
Fortbildung zum Beispiel für Polizeibeamtinnen<br />
und -beamte, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte<br />
und Richterinnen und Richter. Wir haben dieses<br />
Thema heute interessanterweise schon einmal ganz kurz<br />
angetippt, und zwar in der Fragestunde. Da wurde nämlich<br />
gesagt, dass die Verfahren gegen Cyberbeleidigungen<br />
– wie auch immer –, die es gibt, zum Beispiel auch<br />
gegen Journalistinnen und Journalisten, viel zu schnell<br />
eingestellt werden. Dazu wurde interessanterweise der<br />
Regierende Bürgermeister befragt, der allerdings auch<br />
nicht viel dazu sagen konnte, sondern nur, dass er dem<br />
nachgeht. Das geht aber alles in genau die gleiche Richtung.<br />
Wir kennen dieses Phänomen auch, wenn es um die Diskussion<br />
mit den Flüchtlingsheimen geht. Auch da haben<br />
wir das Problem, dass sich eine sogenannte Hate-Speech<br />
in diesen digitalen Raum ergießt, die überhaupt nicht<br />
mehr aufzuhalten ist, die wirklich schlimmste Beleidigungen<br />
beinhaltet. Natürlich müssen Polizistinnen und<br />
Polizisten, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und<br />
Richterinnen und Richter hier fortgebildet werden, um<br />
das überhaupt zu erkennen und auch ihre Instrumente, die<br />
ihnen bereits zur Verfügung stehen, anwenden zu können.<br />
Das ist eine ganz wichtige Sache.<br />
[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN –<br />
Beifall von Evrim Sommer (LINKE)]<br />
Denn wenn sie immer wieder beleidigen und davonkommen<br />
und die, die beleidigen, nie wegen einer Beleidigung<br />
belangt werden, werden sie es immer weiter machen, und<br />
die Situation wird immer unerträglicher, und das speziell<br />
für Frauen und Mädchen, die sich zum Beispiel im Internet,<br />
auf den Plattformen, in den sozialen Medien bewegen.<br />
Deshalb ist Fortbildung hier ganz dringend notwendig.<br />
Um hier einen Punkt zu setzen und positiv und aktiv<br />
hineinzugehen, haben wir Bündnisgrüne ein längeres<br />
Eckpunktepapier zur Bildung mit digitalen Medien in<br />
Berlin verfasst. Es ist elf Seiten lang, und ich kann es<br />
Ihnen gerne zur Verfügung stellen. Da stehen verschiedene<br />
Abschnitte drin, die sich mit Cybermobbing, Cybergrooming,<br />
Sexting, Cybergewalt im Allgemeinen<br />
beschäftigen und die Punkte Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit<br />
in besonderem Maße aufführen.<br />
Wie gesagt, da wäre Hilfestellung nötig, denn sehr weit<br />
gekommen sind Sie nicht, auch nicht bei dem letzten<br />
Punkt unseres Antrages, § 1 Abs. 2 des Gewaltschutzgesetzes,<br />
wo wir denken, es sollte um ein bekanntes Regelbeispiel<br />
der Verfolgung im Internet, mit einer Sperr- und<br />
Löschanordnung ergänzt werden. Das ist uns sehr wichtig.<br />
Das ist möglich. Das ist keine Hexerei. Ich habe gehört,<br />
es wird gerade geprüft. Bitte, prüfen Sie schneller!<br />
Es wäre ein sehr wichtiger Bestandteil eines solchen<br />
Gewaltschutzgesetzes, dass man das da aufnimmt. Das ist