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OCEAN7 2009-09-10

Ein österreichisches Abenteurerpaar segelt mit dem Katamaran durch die Südsee. Und der Meeresbiologe Dr. Kikinger schreibt darüber, was man über Meeresfrüchte wissen muss.

Ein österreichisches Abenteurerpaar segelt mit dem Katamaran durch die Südsee. Und der Meeresbiologe Dr. Kikinger schreibt darüber, was man über Meeresfrüchte wissen muss.

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schneller und vor allem ohne kommerziellen Zeitdruck manövrieren<br />

kann. Achterlich auf einen quer zur eigenen Fahrtrichtung<br />

näher kommenden Frachter zuzuhalten und ihn vor dem<br />

eigenen Bug passieren zu lassen, ist durchwegs für die eigenen<br />

Nerven schonender als vor seinem Bug, obzwar mit Wegerecht,<br />

vorbeizuschrammen. Allzu oft werden die Ausweichswilligkeit<br />

bzw. -fähigkeit des Großen über-, seine Geschwindigkeit aber<br />

unterschätzt. Zu GFK zerbröselnden Zwischenfällen kommt<br />

es – der nautischen Umsicht sei Dank – äußerst selten.<br />

Strom<br />

Empfohlen wird daher das Befahren der südlichen, besser noch<br />

der nördlichen Küstenverkehrszone. Wer seine Törnvorbereitung<br />

entsprechend genau und vollständig durchführt – vor<br />

allem, wenn ihm Aiolos den Wind auf die Nase geschickt hat,<br />

wird auch die Strömungs- und Gezeitenverhältnisse berücksichtigen.<br />

Bei Stromgeschwindigkeiten zwischen 3 und 7 Knoten<br />

würde eine zeitlich falsch gestartete Kreuz das rund 15<br />

Seemeilen lange Kernstück der Straße zwischen dem Felsen<br />

von Gibraltar und Tarifa zu einem stundenlangen Sisyphos-<br />

Zickzack mit einer VMG (Geschwindigkeit auf der direkten<br />

Kurslinie zum Ziel) von einem Knoten oder weniger machen.<br />

Bedingt durch die relativ geringen Niederschlagsmengen über<br />

dem Mittelmeer, mitverursacht durch den hohen, die Süßwasserzuflüsse<br />

stark reduzierenden Bedarf seiner Anrainerstaaten,<br />

ist der Wasserhaushalt des Mittelmeeres stark in Richtung<br />

Nettoverlust durch Verdunstung verschoben. Da sich um die<br />

70 Millionen Tonnen Wasser in der Sekunde über den mediterranen<br />

Weiten verflüchtigen, kommt es zu einer immer stärkeren<br />

Anreicherung der gelösten Salze. Das Wasser im Mittelmeer<br />

wird nicht nur weniger, sondern auch dichter und spezifisch<br />

schwerer. Demgegenüber liegt der Nordatlantik nicht nur in<br />

klimatisch kühleren Zonen, sondern er erhält auch reichlich<br />

Süßwasserzufuhr in seinen großen Niederschlagszonen.<br />

Fluten und Ebben, schnelles Wasser<br />

Zwei Meere verschiedener Wassereigenschaften; wo sie aufeinander<br />

treffen, machen sich diese Unterschiede besonders<br />

bemerkbar. So wird der ca. sechs Stunden dauernde Kreislauf<br />

das Anflutens und Abebbens des Atlantiks, der sich an der<br />

Küste mit einem Springtidenhub von bis zu 2,5 Meter an den<br />

Kaimauern abbildet, überlagert von permanent aus dem Atlantik<br />

ins Mittelmeer einströmenden ungeheuren Wassermassen.<br />

Aufgrund des salinen Dichteunterschieds liegt der Atlantikpegel<br />

1,4 Meter höher als der des Mittelmeeres. Auf einem mächtigen<br />

Druckgradienten fließen mehrere Millionen Kubikmeter<br />

Wasser pro Sekunde durch die Straße (entspricht mehr als der<br />

tausendfachen Wassermasse der Niagara-Fälle). Ein riesiges,<br />

zehn Seemeilen breites und in eine Tiefe von 200 Meter reichendes<br />

Förderband trägt so die aus dem Atlantik anfahrenden<br />

Schiffe mit 3 bis 4 Knoten ins Alboranmeer. Würde dieser<br />

Zufluss gestoppt, würde sich der Meeresspiegel im Mittelmeer<br />

jährlich um 96,5 cm senken. In weniger als 2.000 Jahren wäre<br />

es verschwunden.<br />

Legt sich zusätzlich die Flut beschleunigend über diesen Zufluss,<br />

erreicht die Strömung Geschwindigkeiten von 6 bis 7<br />

Knoten. So mancher Skipper, der ins Mittelmeer einfuhr, blickte<br />

ungläubig auf sein GPS und den angezeigten SOG (Geschwindigkeit<br />

über Grund) von 12 und 13 Knoten und dachte<br />

bei sich, jetzt haben die Amis schon wieder an ihren Satellitenknöpfen<br />

gedreht. Genießen kann’s alleine der Segler, wenn er<br />

von Westen auf der nördlichen Seite der Straße auf Tarifa zufährt<br />

und der Leuchtturm vorbeizieht, als wäre dieser in der<br />

Gegenrichtung unterwegs. Je näher man sich südwärts der<br />

Grenze zwischen Küstenverkehrszone und Verkehrstrennungszone<br />

nähert, umso schneller der Strom. Allerdings ist hier genaue<br />

(GPS-)Navigation gefragt, um nicht als „Geistersegler“<br />

in den Gegenverkehr der VTZ zu geraten.<br />

Des einen Spaß, des anderen Mühsal: Wer gen Westen den<br />

größeren Teich vor sich hat, das Boot durchgechecked für die<br />

atlantischen Herausforderungen, gebunkert für den Trip<br />

z. B. auf die Kanaren, gepackt ist vom Ablegefieber, der wird<br />

Stund’ um Stund’ auf die Winddaten schauen: wann sie denn<br />

endlich abweichen von steten 270 Grad und 20 Knoten. Der<br />

nächste Winddreher auf Ost kommt bestimmt. Alleine die<br />

Frage bleibt: wann?<br />

Der eine wagt vielleicht die Kreuz, der andere muss es wagen,<br />

weil die Zeit zum Warten nicht mehr reicht. Gezeitenstudium<br />

(empfohlen z. B. Colin Thomas, Straits Sailing Handbook) und<br />

genaue Zeitplanung sind dann unabdingbar. Denn etwa drei<br />

Stunden nach dem Hochwasser in Gibraltar beginnt ein Neerstrom<br />

von bis zu einer Seemeile Breite an den Küsten entlang<br />

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