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Zech et al. - 2014 - Böden der Welt ein Bildatlas

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4<br />

A.1 Cryosole (CR) [gr. krýos = Kälte, Eis]<br />

Definition<br />

Böden mit <strong>ein</strong>em cryic** Horizont (Symbol f), <strong>al</strong>so<br />

<strong>ein</strong>er ganzjährig gefrorenen Bodenlage (Permafrost).<br />

Während des kurzen Sommers taut <strong>der</strong> Oberboden<br />

auf („active layer“), was zu Wasserstau und Redoximorphose<br />

oberh<strong>al</strong>b des cryic** Horizonts führen<br />

kann. Während des Wie<strong>der</strong>gefrierens tr<strong>et</strong>en häufig<br />

Verwürgungen (Kryoturbationen) auf (Symbol @),<br />

welche die Ausbildung horizont<strong>al</strong> verlaufen<strong>der</strong><br />

Horizonte verhin<strong>der</strong>n (Turbic*). Typische Horizontfolgen<br />

sind Ah-Bw@-Cf, Ah@-Bw@-Cf, Ah-<br />

Bwf-Cf o<strong>der</strong> Ah-Cf. Der cryic** Horizont beginnt<br />

innerh<strong>al</strong>b 100 cm u. GOF. Sofern Kryoturbation<br />

innerh<strong>al</strong>b <strong>der</strong> oberen 100 cm auftritt, genügt es,<br />

wenn <strong>der</strong> cryic** Horizont innerh<strong>al</strong>b 200 cm beginnt.<br />

Wegen <strong>der</strong> langsamen Zers<strong>et</strong>zung organischer<br />

Substanzen entwickeln sich oft Torflagen<br />

(Histic*), doch werden Permafrostböden mit mächtigeren<br />

organischen Lagen (wenn direkt auf Eis,<br />

dann genügen ≥10 cm) zu den Histosolen gestellt.<br />

In semiariden Regionen können sich aszendent<br />

S<strong>al</strong>zkrusten an <strong>der</strong> Oberfläche ausbilden (S<strong>al</strong>ic*).<br />

Physik<strong>al</strong>ische Eigenschaften<br />

Im gefrorenen Zustand Eisgeh<strong>al</strong>te zwischen 30<br />

und 75 Vol. -% in Form von Krist<strong>al</strong>len, Linsen<br />

o<strong>der</strong> Schlieren; Horizonte mit massivem Eis<br />

>75 Vol.-% erh<strong>al</strong>ten das Symbol I;<br />

häufig Wasserstau und Redoximorphose über<br />

<strong>der</strong> stauenden Permafrostlage;<br />

organische Horizonte: während <strong>der</strong> Tauperiode<br />

locker gelagert mit geringer Dichte, hohes Wasserh<strong>al</strong>tevermögen;<br />

Luftmangel;<br />

miner<strong>al</strong>ische Horizonte: an <strong>der</strong> Bodenoberfläche<br />

oft Frostmusterstrukturen; im Oberboden<br />

häufig Platten- aber auch Einzelkorn- o<strong>der</strong> Polye<strong>der</strong>gefüge,<br />

im Unterboden Kohärentgefüge<br />

hoher Dichte; f<strong>ein</strong>körnige Lagen haben höhere<br />

Eisgeh<strong>al</strong>te <strong>al</strong>s grobkörnige;<br />

vielfältige Formen <strong>der</strong> Kryoturbation: Polygon-,<br />

Tropfen-, Taschen-, Würgestrukturen und<br />

Mischformen; nach Austrocknung Verhärtung;<br />

Bildung von Stresscutanen möglich, da Gefrieren<br />

mit Volumen- und Druckzunahme verbun-<br />

den ist. Während <strong>der</strong> Auftauphase entsteht<br />

reichlich elektrolytarmes Schmelzwasser was<br />

zur Verlagerung von Ton- und Schluffteilchen<br />

führen kann („Häutchenbildung“ bzw. Verlagerungscutane<br />

in Böden aus Solifluktionsdecken).<br />

Chemische Eigenschaften<br />

Chemismus stark abhängig vom Ausgangsgest<strong>ein</strong>:<br />

– pH(H 2 O)-Werte ≈ 4 (z. B. auf Quarzit) bis 8<br />

(z. B. auf K<strong>al</strong>kgest<strong>ein</strong>);<br />

– BS variabel, 20–100 %;<br />

– KAK pot unterschiedlich, bei höheren Geh<strong>al</strong>ten<br />

an OS bis 40–60 cmol(+) kg –1 FE;<br />

– oft N- und P-Mangel trotz z. T. hoher Vorräte,<br />

da niedrige Miner<strong>al</strong>isierungsrate;<br />

– oft große Humusvorräte (ca. 1 700 Pg C org<br />

glob<strong>al</strong> in Permafrostböden); wenig untersucht<br />

sind die Prozesse <strong>der</strong> C org -Stabilisierung<br />

durch Gefrieren und in welchem Umfang<br />

Ton-Humus-Kopplungen vorliegen.<br />

Biologische Eigenschaften<br />

Organische Horizonte: beachtliche biologische<br />

Aktivität während <strong>der</strong> kurzfristigen Auftauphase,<br />

beson<strong>der</strong>s in Böden mit hohem pH-Wert,<br />

sofern k<strong>ein</strong> Wasserstau;<br />

Miner<strong>al</strong>ische Horizonte: nennenswerte mikrobiologische<br />

Aktivität im Oberboden möglich, da<br />

die bei Frostbeginn abgestorbenen Organismen<br />

während <strong>der</strong> Auftauphase rasch miner<strong>al</strong>isiert<br />

werden.<br />

A · Polare und Subpolare Zone (Tundra)<br />

DBG: (Permafrostböden)<br />

FAO: Gelic …, Cryic …<br />

ST: Gelisols<br />

Vorkommen und Verbreitung<br />

Cryosole entwickeln sich oftm<strong>al</strong>s aus Deckschichten<br />

(z. B. Solifluktionsdecken), bevorzugt mit f<strong>ein</strong>körniger<br />

Matrix.<br />

<strong>Welt</strong>weit nehmen CR <strong>et</strong>wa <strong>ein</strong>e Fläche von<br />

1,8 · 10 9 ha <strong>ein</strong>. In Nordamerika dominieren sie in<br />

<strong>der</strong> Subpolaren (NO-Kanada) und Alpinen/Niv<strong>al</strong>en<br />

Zone, sind aber auch in <strong>der</strong> Bore<strong>al</strong>en Zone verbreit<strong>et</strong><br />

(N-, NW-Alaska, NW-Kanada). In Eurasien tr<strong>et</strong>en<br />

sie vor <strong>al</strong>lem in Zentr<strong>al</strong>- und Ostsibirien auf<br />

(„Helle Taiga“) und reichen dort weit in die Bore<strong>al</strong>e<br />

Zone nach Süden hin<strong>ein</strong> (Mittelsibirisches Bergland,<br />

Jakutisches Becken, Ostsibirische Gebirge). In<br />

Skandinavien und im europäischen Russland nur<br />

sporadische Vorkommen. Außerdem in den Küstengebi<strong>et</strong>en<br />

Grönlands und <strong>der</strong> Antarktis sowie auf<br />

den Inseln des Nord- bzw. Südpolarmeeres.<br />

Nutzung und Gefährdung<br />

In <strong>der</strong> W<strong>al</strong>dtundra wie in <strong>der</strong> Taiga Holz<strong>ein</strong>schlag,<br />

in den moos- und zwergstrauchbedeckten Tundrengebi<strong>et</strong>en<br />

Rentierweiden.<br />

Sehr sensible Ökosysteme: Gefahr <strong>der</strong> Überweidung<br />

und Bodenerosion (Skandinavien); Schädigungen<br />

<strong>der</strong> Bodendecke bleiben über Jahrzehnte<br />

bis Jahrhun<strong>der</strong>te irreversibel; Bodenabtrag und<br />

Klimaerwärmung för<strong>der</strong>n Thermokarst.<br />

Als Folge <strong>der</strong> glob<strong>al</strong>en Luftzirkulation gelangen<br />

anorganische und organische Schadstoffe (z. B. Pb,<br />

Cd, PAK, PCB, Biozide), die in den industri<strong>al</strong>isierten<br />

Mittelbreiten emittiert o<strong>der</strong> in den tropischen<br />

Agrarlandschaften appliziert werden, bis in die<br />

(sub)polaren Gebi<strong>et</strong>e, wo sie bei niedrigen Temperaturen<br />

durch Kondensation abgeschieden werden.<br />

Dieser <strong>al</strong>s „glob<strong>al</strong> distillation“ bezeichn<strong>et</strong>e<br />

Effekt erklärt neben den Belastungen durch Bergbau<br />

und Ölgewinnung vor Ort die z. T. sehr hohe<br />

Schadstoffbelastung (sub)polarer Ökosysteme.<br />

Als Folge <strong>der</strong> zunehmenden Klimaerwärmung<br />

ist damit zu rechnen, dass Cryosole verstärkt auftauen,<br />

was die Freis<strong>et</strong>zung von Treibhausgasen wie<br />

CO 2 , N 2 O und CH 4 begünstigt.<br />

Qu<strong>al</strong>ifier für die Klassifikation<br />

Präfix-Qu<strong>al</strong>ifier. Glacic · Turbic · Folic · Histic · Technic · Hyperskel<strong>et</strong>ic<br />

Leptic · Natric · S<strong>al</strong>ic · Vitric · Spodic · Mollic · C<strong>al</strong>cic · Umbric · Cambic<br />

Haplic<br />

Suffix-Qu<strong>al</strong>ifier. Gypsiric · C<strong>al</strong>caric · Ornithic · Dystric · Eutric · Reductaquic<br />

· Oxyaquic · Thixotropic · Aridic · Skel<strong>et</strong>ic· Arenic · Siltic<br />

Clayic · Drainic · Transportic · Novic<br />

Qu<strong>al</strong>ifier für die Erstellung von Kartenlegenden<br />

Main Map Unit Qu<strong>al</strong>ifier. Glacic · Turbic · Folic/Histic · Hyperskel<strong>et</strong>ic/Leptic<br />

· Mollic/Umbric · Spodic · Reductaquic/Oxyaquic · Haplic<br />

Option<strong>al</strong> Map Unit Qu<strong>al</strong>ifier. Arenic · Aridic · C<strong>al</strong>caric · C<strong>al</strong>cic<br />

Cambic · Clayic · Drainic · Dystric · Eutric · Gypsiric · Natric · Novic<br />

Ornithic · S<strong>al</strong>ic · Siltic · Skel<strong>et</strong>ic · Thixotropic · Transportic · Vitric<br />

Profilcharakteristik · Ausgewählte Bodenkennwerte <strong>ein</strong>es Reductaquic Histic Turbic Cryosol aus silikatischem Geschiebelehm<br />

Diagnostika<br />

Cryic** Horizont (ständig gefrorener miner<strong>al</strong>ischer o<strong>der</strong> organischer<br />

Bodenhorizont)<br />

Kontinuierlich ≥ 2 auf<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> folgende Jahre <strong>ein</strong>es <strong>der</strong><br />

folgenden Merkm<strong>al</strong>e:<br />

– bei ausreichenden Porenwassergeh<strong>al</strong>ten: massives<br />

Eis, Verhärtung durch Eis o<strong>der</strong> leicht sichtbare Eiskrist<strong>al</strong>le;<br />

– <strong>ein</strong>e Bodentemperatur von ≤ 0 °C, wenn geringe<br />

Porenwassergeh<strong>al</strong>te die Ausbildung leicht sichtbarer<br />

Eiskrist<strong>al</strong>le verhin<strong>der</strong>n;<br />

Mächtigkeit ≥ 5 cm.

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