Zech et al. - 2014 - Böden der Welt ein Bildatlas
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F.1<br />
60<br />
Acrisole (AC) [lat. acer = (stark) sauer]<br />
Definition<br />
Saure, stark verwitterte Böden, die im Unterboden<br />
höhere Tongeh<strong>al</strong>te aufweisen <strong>al</strong>s im Oberboden. Die<br />
vollständige Horizontfolge laut<strong>et</strong> Ah-E-Bt-C, bei<br />
erodierten Profilen oftm<strong>al</strong>s Ah-Bt-C. Der meist gelbrote<br />
Bt erfüllt die Kriterien <strong>ein</strong>es argic** Horizont<br />
und weist zumindest in <strong>ein</strong>igen Abschnitten <strong>ein</strong>e geringe<br />
KAK pot auf. Die Tonminer<strong>al</strong>garnitur besteht<br />
nämlich überwiegend aus Zweischicht-Tonminer<strong>al</strong>en<br />
(LACs), vor <strong>al</strong>lem aus Kaolinit. Auch die BS pot<br />
ist niedrig. Der argic** Horizont beginnt innerh<strong>al</strong>b<br />
von 100 cm (bei sandigen Oberböden innerh<strong>al</strong>b von<br />
200 cm) u. GOF. Bei intakten Profilen liegt oberh<strong>al</strong>b<br />
des Bt <strong>ein</strong> tonverarmter Oberboden, <strong>der</strong> aus <strong>ein</strong>em<br />
Ah und <strong>ein</strong>em Eluvi<strong>al</strong>horizont E besteht. Durch<br />
starke Aufhellung kann <strong>der</strong> E <strong>ein</strong> <strong>al</strong>bic** Horizont<br />
werden, <strong>der</strong> aber nicht das <strong>al</strong>beluvic** Tonguing<br />
<strong>der</strong> Albeluvisole zeigt (vgl. Abschnitt B.4). Die A-<br />
Horizonte sind meist relativ humusarm, doch kommen<br />
auch humusreichere Varianten vor, welche die<br />
Kriterien <strong>ein</strong>es umbric** Horizonts erfüllen.<br />
Physik<strong>al</strong>ische Eigenschaften<br />
Sofern Trockenperioden vorkommen, neigen die<br />
OBH zu Verhärtung. Dieses „hard s<strong>et</strong>ting“ und tiefe<br />
pH-Werte erschweren die Durchwurzelbarkeit;<br />
während <strong>der</strong> regenreichen Zeit Neigung zu Wasserstau<br />
aufgrund des dichten Bt;<br />
instabiles Gefüge im vielfach schluffigen Oberboden<br />
(Erosionsgefahr).<br />
Chemische Eigenschaften<br />
A-Horizont i. d. R. humusarm;<br />
weniger verwittert <strong>al</strong>s Ferr<strong>al</strong>sole, desh<strong>al</strong>b können<br />
noch primäre Silicate und Reste von Dreischichtminer<strong>al</strong>en<br />
in <strong>der</strong> Tonfraktion enth<strong>al</strong>ten s<strong>ein</strong>;<br />
Hauptminer<strong>al</strong> <strong>der</strong> Tonfraktion ist Kaolinit;<br />
KAK pot < 24 cmol(+) kg –1 Ton, zumindest in <strong>ein</strong>em<br />
Teil <strong>der</strong> obersten 50 cm des argic** Horizonts;<br />
pH(H 2 O)-Werte um 5, im Oberboden oft darunter;<br />
BS pot in 50–100 cm u. GOF überwiegend < 50 %;<br />
hohe Al-Sättigung möglich, teils > 70 % (absolut<br />
≈ 2 cmol(+) kg –1 FE);<br />
P-Fixierung hoch;<br />
Nährstoffvorräte bevorzugt in <strong>der</strong> Phytosphäre,<br />
jene <strong>der</strong> Böden oftm<strong>al</strong>s gering.<br />
Biologische Eigenschaften<br />
Nach Rodung des W<strong>al</strong>des nimmt die biologische<br />
Aktivität des Bodens ab;<br />
geringe Durchwurzelung.<br />
Vorkommen und Verbreitung<br />
Acrisole entwickeln sich aus unterschiedlichen Gest<strong>ein</strong>en,<br />
am häufigsten aus tiefgründig ausgewaschenen<br />
intermediären bis basischen Gest<strong>ein</strong>en.<br />
Acrisole dominieren in den Immerfeuchten Subtropen,<br />
kommen aber auch in den Immerfeuchten Tropen<br />
vor, wobei dort die ältesten Landoberflächen<br />
(Kratone, hoch liegende Terrassen) von Ferr<strong>al</strong>solen<br />
<strong>ein</strong>genommen werden und die Hanglagen, Piedmontgebi<strong>et</strong>e<br />
und Schwemmfächer von Acrisolen.<br />
<strong>Welt</strong>weit nehmen Acrisole <strong>ein</strong>e Fläche von ca.<br />
1,0 · 10 9 ha <strong>ein</strong>, vor <strong>al</strong>lem im SO <strong>der</strong> USA, Mittelamerika,<br />
Brasilien, den Llanos, West- und Zentr<strong>al</strong>afrika,<br />
Zentr<strong>al</strong>- und SO-China sowie SO-Asien. Kl<strong>ein</strong>ere<br />
Vorkommen auch im Mittelmeerraum (Spanien).<br />
Nutzung und Gefährdung<br />
Ohne menschlichen Einfluss sind Acrisole i. d. R.<br />
bew<strong>al</strong>d<strong>et</strong>. Nach Rodung geringe Bodenfruchtbarkeit,<br />
erosionsanfällig. Ackerbauliche Nutzung erfolgt<br />
traditionell durch shifting cultivation. Dauerfeldbau<br />
o<strong>der</strong> Plantagenwirtschaft (z. B. Kaffee,<br />
F · Immerfeuchte Subtropen (immerfeuchte warm-gemäßigte Zone)<br />
DBG: z. T. Fersi<strong>al</strong>lite (tiefgründig entbast)<br />
FAO: Acrisols<br />
ST: z. B. Udults, Kan(di)…ults (früher: Red Yellow Podzolic Soils)<br />
Ölp<strong>al</strong>me, Cashew, Ananas, Tee, Gummi) erfor<strong>der</strong>n<br />
Dünger<strong>ein</strong>satz und K<strong>al</strong>kung. Ertragsbegrenzend<br />
wirken: Nährstoffarmut, Al-Toxizität, starke P-Fixierung,<br />
Neigung zur Bildung von Verkrustungen,<br />
gelegentlicher Wasserstau, Humusschwund, Erosion.<br />
Wegen <strong>der</strong> niedrigen KAK muss die Verabreichung<br />
kationischer Dünger in kurzen Abständen<br />
wie<strong>der</strong>holt werden. Die Applikation von Biochar<br />
erhöht nachh<strong>al</strong>tig die Erträge.<br />
Nachh<strong>al</strong>tige Nutzung möglich durch Wechsel von<br />
Acker- und verbesserter Weidewirtschaft. In den<br />
Llanos Kolumbiens wird z. B. 2 bis 3 Jahre Al-toleranter<br />
Trockenreis angebaut, dann N-bindende Futterpflanzen.<br />
Die Weideperiode kann bis 5 Jahre ausgedehnt<br />
werden, bevor wie<strong>der</strong> Ackerbau folgt.<br />
Durch diesen Wechsel von Ackerbau und improved<br />
pasture kommt es in Verbindung mit <strong>ein</strong>er mo<strong>der</strong>aten<br />
Düngung (P, K<strong>al</strong>k) zu <strong>ein</strong>er Intensivierung<br />
<strong>der</strong> Regenwurmtätigkeit und zu <strong>ein</strong>em Anstieg <strong>der</strong><br />
Humusgeh<strong>al</strong>te. Auch Agroforstwirtschaft ist <strong>ein</strong>e<br />
sinnvolle Option für nachh<strong>al</strong>tige Landnutzung.<br />
Qu<strong>al</strong>ifier für die Klassifikation<br />
Präfix-Qu<strong>al</strong>ifier. V<strong>et</strong>ic · Lamellic · Cutanic · Technic · Leptic<br />
Fractiplinthic · P<strong>et</strong>roplinthic · Pisoplinthic · Plinthic · Gleyic · Vitric<br />
Andic · Nitic · Stagnic · Umbric · Haplic<br />
Suffix-Qu<strong>al</strong>ifier. Anthric · Albic · Fragic · Sombric · Manganiferric<br />
Ferric · Abruptic · Ruptic · Alumic · Humic · Hyperdystric · Epieutric<br />
Oxyaquic · Greyic · Profondic · Hyperochric · Nudiargic · Densic<br />
Skel<strong>et</strong>ic · Arenic · Siltic · Clayic · Rhodic · Chromic · Transportic · Novic<br />
Qu<strong>al</strong>ifier für die Erstellung von Kartenlegenden<br />
Main Map Unit Qu<strong>al</strong>ifier. Leptic · Fractiplinthic/P<strong>et</strong>roplinthic/<br />
Pisoplinthic/Plinthic · Gleyic · Stagnic · Umbric · Albic · Manganiferric/Ferric<br />
· Humic · Rhodic/Chromic · Haplic<br />
Option<strong>al</strong> Map Unit Qu<strong>al</strong>ifier. Abruptic · Alumic · Andic · Anthric · Arenic<br />
· Clayic · Cutanic · Densic · Epieutric · Fragic · Greyic · Hyperdystric<br />
Hyperochric · Lamellic · Nitic · Novic · Nudiargic · Oxyaquic · Profondic<br />
Ruptic · Siltic · Skel<strong>et</strong>ic · Sombric · Technic · Transportic · V<strong>et</strong>ic · Vitric<br />
Profilcharakteristik · Ausgewählte Bodenkennwerte <strong>ein</strong>es Chromic Albic Acrisol aus p<strong>al</strong>äozoischem M<strong>et</strong>amorphit<br />
Diagnostika<br />
Argic** Horizont (diagnostischer UBH)<br />
Lehmiger Sand o<strong>der</strong> f<strong>ein</strong>körniger, und ≥ 8 % Ton in <strong>der</strong> FE;<br />
Variante a und/o<strong>der</strong> b:<br />
Variante a: Wenn ohne Wechsel des Ausgangsgest<strong>ein</strong>s** <strong>ein</strong><br />
ungepflügter grobkörnigerer Horizont über dem argic Horizont<br />
liegt, gelten folgende Tongeh<strong>al</strong>tsverhältnisse zwischen<br />
diesem darüber liegenden und dem argic Horizont:<br />
darüber liegend argic<br />
< 15 % Ton ≥ 3 % höher (absolut)<br />
15 – 40 % Ton ≥ <strong>der</strong> 1,2fache Tongeh<strong>al</strong>t<br />
≥ 40 % Ton ≥ 8 % höher (absolut)<br />
Zunahme des Tongeh<strong>al</strong>ts innerh<strong>al</strong>b 15 cm, wenn Ton<strong>ein</strong>waschungs-Merkm<strong>al</strong>e<br />
vorhanden innerh<strong>al</strong>b 30 cm;<br />
Variante b: Ton<strong>ein</strong>waschung, die durch mindestens <strong>ein</strong>es <strong>der</strong><br />
folgenden Merkm<strong>al</strong>e erkennbar ist:<br />
– Brücken aus <strong>ein</strong>geregeltem Ton zwischen Sandkörnern;<br />
– Toncutane an den Porenwandungen;<br />
– Toncutane sowohl an vertik<strong>al</strong>en <strong>al</strong>s auch an horizont<strong>al</strong>en<br />
Aggregatoberflächen;<br />
– <strong>ein</strong>geregelte Tonkörperchen, die im Dünnschliff ≥ 1 %<br />
des Querschnitts <strong>ein</strong>nehmen;<br />
– <strong>ein</strong>en Koeffizienten <strong>der</strong> linearen Ausdehnbarkeit (coefficient<br />
of linear extensibility – COLE) ≥ 0,04 und <strong>ein</strong><br />
Verhältnis von F<strong>ein</strong>ton zu Gesamtton, das im argic Horizont<br />
mindestens 1,2-m<strong>al</strong> so groß ist wie im darüber liegenden<br />
Horizont;<br />
nicht Teil <strong>ein</strong>es natric** Horizonts;<br />
Mächtigkeit ≥7,5 cm (bei lehmigem Sand: ≥15 cm; wenn<br />
aus Tonbän<strong>der</strong>n bestehend: kumul. ≥15 cm) und ≥10 % <strong>der</strong><br />
Mächtigkeit <strong>der</strong> darüber liegenden Horizonte (f<strong>al</strong>ls n. erodiert).<br />
Acrisole unterscheiden sich von Luvisolen (Abschnitt C), Lixisolen<br />
(Abschnitt H) und Alisolen (s. F.2) durch:<br />
KAK pot < 24 cmol(+) kg –1 Ton an <strong>ein</strong>er beliebigen Stelle des<br />
argic** Horizonts innerh<strong>al</strong>b von 50 cm unter s<strong>ein</strong>er Obergrenze;<br />
BS pot < 50 % im überwiegenden Teil von 50–100 cm.