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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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Teil III - Kap. 6<br />

Entscheidende, kritische Punkte im Konfliktverlauf können dabei als Wendepunkte<br />

bezeichnet werden. Für GLASL (1992, S. 103) eskaliert e<strong>in</strong> Konflikt <strong>in</strong><br />

der Regel nicht unmerklich, sondern er spr<strong>in</strong>gt von Stufe zu Stufe <strong>und</strong> wird dabei<br />

größer, tiefer <strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiver.<br />

Mit crucial events bezeichnet GLASL (1992, S. 103) besondere Episoden im<br />

Konflikt verlauf, <strong>in</strong> denen sich z<strong>um</strong> Beispiel die Kern-Fragen, die typischen<br />

Verhaltens weisen der Parteien oder <strong>ihre</strong> gegenseitigen Beziehungen deutlich zeigen.<br />

Diese Episoden werden von den Konfliktparteien als exemplarisch für die<br />

jeweilige Konfliktphase erlebt.<br />

Formgeb<strong>und</strong>ene <strong>und</strong> formlose <strong>Konflikte</strong><br />

In Bezug auf die Austragungsformen von <strong>Konflikte</strong>n lassen sich formgeb<strong>und</strong>ene<br />

oder <strong>in</strong>stitutionalisierte <strong>Konflikte</strong> auf der e<strong>in</strong>en, <strong>und</strong> formlose <strong>Konflikte</strong> auf der<br />

anderen Seite unterscheiden. 17 Beim formgeb<strong>und</strong>enen Konflikt greifen die Konfliktparteien<br />

auf allgeme<strong>in</strong> anerkannte Institutionen <strong>und</strong> Kampfmittel zurück; der Konflikt<br />

verläuft <strong>in</strong> geregelten Bahnen – etwa über die Anrufung von Gerichten, was<br />

den Konfliktparteien e<strong>in</strong> gewisses Maß an Sicherheit verleiht. „Andererseits kann<br />

die Formbetonung gerade die wirkliche Lösung der Probleme, die dem Konflikt<br />

zugr<strong>und</strong>e liegen, verh<strong>in</strong>dern“ (GLASL 1992, S. 68). Durch die Institutionalisierung<br />

werden <strong>Konflikte</strong> unter Umständen abgewürgt, verlagert oder verwaltet, nicht aber<br />

unbed<strong>in</strong>gt gelöst.<br />

Bei den untersuchten Fallbeispielen wird deutlich werden, dass Moschee-<strong>Konflikte</strong><br />

sowohl <strong>in</strong>stitutionalisierte als auch „freie“ Austragungsformen aufweisen<br />

kön nen. Die <strong>in</strong>stitutionalisierte Form der juristischen Ause<strong>in</strong>andersetzung kann<br />

dabei den akuten Konflikt regeln, aber nur bed<strong>in</strong>gt dazu beitragen, dass tiefer liegende<br />

Konfliktursachen bearbeitet <strong>und</strong> konstruktiv thematisiert werden.<br />

Heiße <strong>und</strong> kalte <strong>Konflikte</strong><br />

Mit der von GLASL getroffenen Unterscheidung von sogenannten heißen <strong>und</strong> kalten<br />

<strong>Konflikte</strong>n bietet sich e<strong>in</strong>e idealisierte, aber nützliche Möglichkeit an, <strong>Konflikte</strong><br />

nach dem dom<strong>in</strong>ierenden Handlungsstil bei der Interaktion zwischen den Konfliktparteien<br />

zu unterscheiden:<br />

��Heiße Kon� ikte zeigen e<strong>in</strong> „Handlungs-Überangebot“ der Kon� iktparteien<br />

(GLASL 1992, S. 72). Die Akteure „versuchen e<strong>in</strong>ander mittels explosiver<br />

Taktiken zu überzeugen, Angriff <strong>und</strong> Verteidigung s<strong>in</strong>d für alle klar sichtbar<br />

<strong>und</strong> nehmen oft aufsehen erregende Formen an“ (ebd., S. 69). Die Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong> stellung<br />

der Kon� ikt parteien ist expansiv: Es wird e<strong>in</strong>e (thematische, per sonelle,<br />

rä<strong>um</strong>liche) „Gebietsvergrößerung“ angestrebt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Vermehrung der eigenen<br />

Anhängerschar. Heiße Kon� ikte zeigen oft e<strong>in</strong>e starke Führer zen trie rung;<br />

17 Die Unterscheidung formgeb<strong>und</strong>ener <strong>und</strong> formloser Kon� ikte folgt GLASL (1992, S. 67f.). Der<br />

Begriff des <strong>in</strong>stitutionalisierten Kon� ikts geht auf MACK/SNYDER 1957 zurück.<br />

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