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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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Fallstudie Duisburg<br />

3.3 Soziale <strong>und</strong> ethnisch-kulturelle Dimensionen <strong>und</strong> Diskurse im<br />

Kon� ikt<br />

Wer die vorangegangenen Kapitel über die juristischen <strong>und</strong> theologischen Aspekte<br />

im Duisburger Ezan-Konflikt liest <strong>und</strong> die Konfliktbiographie oder weitere<br />

H<strong>in</strong>tergründe des Konflikts nicht kennt, könnte vielleicht den E<strong>in</strong>druck gew<strong>in</strong>nen,<br />

der Duisburger Ezan-Konflikt sei im wesentlichen e<strong>in</strong> fast schon scholastisch 130<br />

anmutender Disput <strong>um</strong> theo logische Fragen <strong>und</strong> juristische Normen gewesen. Doch<br />

der Konflikt hatte e<strong>in</strong>e hohe emotionale Aufladung <strong>und</strong> lebens weltliche Bedeutung<br />

für die Konfliktparteien, welche <strong>in</strong> diesem Kapitel über die sozialen <strong>und</strong> ethnischkulturellen<br />

Dimensionen des Konflikts noch e<strong>in</strong>mal sichtbar wird. Dabei wird <strong>in</strong><br />

dem Kapitel sowohl nach den sozial <strong>und</strong> ethnisch-kulturell geprägten Diskursen als<br />

auch nach den möglichen sozialen <strong>und</strong> ethnisch-kulturellen Ursachen, Eskalations-<br />

<strong>und</strong> H<strong>in</strong>tergründen des Konflikts gefragt.<br />

1. Der Ezan-Konflikt als Anerkennungskonflikt<br />

Türkische <strong>und</strong> muslimische Repräsentanten betonten, dass es beim Ezan für sie<br />

weniger <strong>um</strong> theologische Fragen g<strong>in</strong>ge – <strong>in</strong> diesem Fall hätte auch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliger<br />

Ruf pro Woche nicht ausgereicht, stattdessen hätte der Ruf mehrmals am Tage zu<br />

den Gebetszeiten erkl<strong>in</strong>gen müssen –, sondern <strong>um</strong> e<strong>in</strong>e gesell schafts politische Fragestellung.<br />

Die Genehmigung des Ezan wurde aus türkisch-musli mischer Sicht zu<br />

e<strong>in</strong>er symbolhaften Frage der Anerkennung e<strong>in</strong>er ethni schen <strong>und</strong> religiösen M<strong>in</strong>derheit<br />

durch die Mehrheit; e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>derheit, die seit über dreißig Jahren <strong>in</strong> diesem<br />

Land lebt <strong>und</strong> vielfach immer noch margi nalisiert wird. Es g<strong>in</strong>g <strong>um</strong> gleiches Recht<br />

für alle: Wenn die Christen z<strong>um</strong> Gottes dienst läuten, muss es auch den Muslimen<br />

erlaubt se<strong>in</strong>, z<strong>um</strong> Gebet zu rufen.<br />

2. Der Ezan-Konflikt als Symptom sozialer Des<strong>in</strong>tegration<br />

Der Ezan-Konflikt als Symptom gesamtstädtischer Not <strong>und</strong> sozialer Des<strong>in</strong>te gration<br />

– das ist zunächst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Interpretation des Konflikts, die von Duisburger<br />

Akteuren <strong>und</strong> Beobachtern noch während des Konfliktverlaufs gegeben wurde, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Art Meta-Diskurs, der natürlich zugleich auch Teil des Konflikts bzw. der<br />

konflikt bezogenen Diskurse selbst war.<br />

Lieferanten dieser zeitnahen Deutungen des Konflikts waren neben Journalisten<br />

der örtlichen <strong>und</strong> überregionalen Presse vor allem Personen mit e<strong>in</strong>em akademischen<br />

H<strong>in</strong>ter gr<strong>und</strong>, die sich professionell mit dem Ezan-Konflikt ause<strong>in</strong>andersetzen<br />

mussten, z<strong>um</strong> Beispiel aus dem kirchlichen Ra<strong>um</strong> oder E<strong>in</strong>richtungen der<br />

Migrantenarbeit:<br />

„Die Situation im Duisburger Norden ist geprägt von hoher Arbeitslosigkeit, schlechten<br />

Wohn verhältnissen, hoher Umweltbelastung <strong>und</strong> der Angst vor organisierter<br />

Krim<strong>in</strong>alität. Und: Sie wird nicht verbessert werden von e<strong>in</strong>er Stadtverwaltung, die<br />

nicht mehr Politik betreiben kann, weil z<strong>um</strong> Beispiel 99 Prozent des Sozialhaushaltes<br />

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