Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

Teil IV - Kap. 11
3 Inhaltliche Dimensionen und Diskurse des Duisburger Kon-
� ikts
In diesem Teil der Fallstudie werden zentrale, ausgesuchte inhaltliche Dimensionen
des Duisburger Ezan-Konflikts betrachtet. Das Augenmerk liegt dabei auf den
juristischen, den theologischen und religionsbezogenen, den sozialen und den
ethnisch-kulturellen Dimensionen des Konflikts. In den jeweiligen Kapiteln
werden die entsprechenden Diskurs stränge 102 und ihre Voraussetzungen vorgestellt
und teilweise kommentiert, zum anderen wird auch die Bedeutung, die Relevanz
der betreffenden Aspekte für den Gesamtkonflikt untersucht.
3.1 Der Ezan im juristischen Diskurs
Befürworter wie Gegner des Ezan argumentierten in Duisburg u.a. mit juristischen
Argumenten. Ein solcher juristischer Diskurs war in diesem Umfang nur deshalb
möglich, weil bis dahin tatsächlich keine einheitliche Rechtsmeinung oder höchstrichterliche
Rechtsprechung zum laut sprecher verstärkten Ezan vorlag. Am Diskurs
beteiligten sich überwiegend juristische Laien.
Befürworter wiesen immer wieder darauf hin, dass der Ezan in den Schutzbereich
des Grundrechts auf Religionsfreiheit falle (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG). Auf dieses
Grundrecht bezogen sich sowohl muslimische Vertreter als auch Befürworter
aus dem politischen und kirchlichen Raum. Ein Befürworter meinte gar, dass
aufgrund „der hohen Bedeutung dieses Menschenrechtes (..) auch jegliche
Eingriffsmöglichkeit für den Staat [fehle], die gewähr leisteten Freiheiten und
Schutzwirkungen durch (..) staatliche Maßnahmen einzu schränken.“ 103 Die
Duisburger Grünen machten hingegen deutlich, dass bezüglich der Laut stärke des
Ezan auch das Landesimmissionsschutzgesetz von Nordrhein-Westfalen relevant
sei, wobei jedoch Ausnahmegenehmigungen zugunsten des Ezan bei Überschreitung
der Lärmgrenzwerte möglich seien. 104 Vergleichbar, allerdings etwas restriktiver zu
Ungunsten der Moscheevereine, hatte auch die Verwaltung argumentiert.
Gegner des Ezan argumentierten mit unterschiedlichen Argumenten gegen den
laut sprecher verstärkten Ezan. Drei Beispiele sollen herausgegriffen werden:
102 JÄGER (1993, S. 181) erklärt Diskursstränge als „Abfolgen von Mengen thematisch einheit licher
Diskurs fragmente“. Als Diskurs fragmente bezeichnet JÄGER (a.a.O.) Texte oder Text teile, die ein
bestimmtes Thema behandeln.
103 WAZ Duisburg, 31.1.1997: „Das Grundgesetz schützt den Ruf des Muezzins. Versuch einer
Rechtsbewertung“. Die WAZ gibt hier die rechtliche Bewertung des stellvertretenden Vorsitzenden
des Duisburger SPD-Arbeitskreises „International“ wieder.
104 Bündnis 90/Die Grünen, Kreisverband Duisburg: „Medieninformation. Muezzin-Ruf: Grüne
sprechen sich für eine zügige Genehmigung der Anträge aus“, 9.12.1996.
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