Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

Teil IV - Kap. 8
Schließlich sei noch ein weiterer Gesichtspunkt angesprochen: Auch Barfuß erlebte
einen gewissen Gegendruck aus der städtischen Bevölkerung gegen die Errichtung
der Moschee. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgten, vermutlich von außerhalb,
sogar Morddrohungen an seine Person: die Kehrseite der Aufmerk samkeit, die das
„Lauinger Modell“ seit dem Frühjahr 1993 auch in den über regionalen Medien
erhielt. In einem Interview mit einem Journalisten gab Barfuß zu, dass im ersten
Moment die Anfrage des Moschee vereins auch für ihn nicht unproblematisch gewesen
war:
„Als die Türken vor drei Jahren mit dem Wunsch nach einem eigenen Gebetshaus an
ihn herangetreten seien, habe ihn erst mal die Angst gepackt, gibt Barfuß offen zu. ‚Du
lieber Gott‘, habe er gedacht, ‚das fehlt mir gerade noch.‘“ 31
Unklar blieb, worauf sich diese anfängliche Angst bezog, ob auf mögliche politische
Auseinander setzungen im Ort, oder auch zum Beispiel auf eine befürchtete
Etablierung islamisch-extremistischer Gruppen in der neuen Moschee. Im Interview
mit dem Autor machte Barfuß aber auch deutlich, dass er im hypothetischen
Fall des Bauantrags einer erkennbar fundamentalistischen Gemeinde diesen keinesfalls
unterstützen und stattdessen versuchen würde, den Bau zu verhindern.
Die konfliktpräventiven (oder entschärfenden) Handlungsstrategien des Bürgermeisters,
die sowohl auf der raumbezogen-städtebaulichen, als auch auf der ethnisch-kulturellen
und religionsbezogenen Konfliktseite ansetzten, wurden in der
Konfliktbiographie deutlich und werden auch im Fazit zur Fallstudie noch einmal
zusammenfassend benannt. Er griff dabei zu einem Maßnahmenbündel, dass von
rein strate gischen bis hin zu aufklä rerischen Elementen reichte. Eine wichtige Voraussetzung
für seinen diesbezüglichen Erfolg war seine persönliche Autorität vor
Ort, eine auto ritative Ressource im potentiellen Konflikt, die über seine formale
Amtsautorität hinaus reichte.
Dieses Kapitel mochte vielleicht bei manchen Lesern einen unkritischen Eindruck
in Bezug auf die Person des Lauinger Bürgermeisters hinterlassen haben.
Nichts desto weniger stimmten die befragten Akteure einschließlich des Vorsitzenden
der opposi tionellen SPD-Fraktion (welcher Barfuß in anderen Politik bereichen
heftig kritisierte) darin überein, dass Barfuß in Bezug auf den Moschee bau und
seine Durch setzung vor Ort eine Schlüsselrolle zukam.
31 FR, 7.2.1996 (Autor: Peter Fahrenholz): „Schmuckstück oder Fremdkörper?“
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