Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

Das Verhältnis zwischen Bürgerinitiative und Moscheeverein hatte sich bis Ende
1999 nur teilweise entspannt. Die Interessengemeinschaft der Moschee-Gegner traf
sich auch noch während der Bauphase; anlässlich der Grundsteinlegung hatte sie
gegenüber der Presse erklärt, sie werde den Bau „mit Argusaugen beobachten“. 54
2 Die Akteure im Kon� ikt
Auch in dieser Fallstudie sollen die wichtigen Akteursgruppen gesondert im
Hinblick auf ihre vermutlichen Motive, diskursiven Positionen und Handlungsstrategien
betrachtet werden.
2.1 Der Islamische Verein
Ein Hauptmotiv für den Islamischen Verein, einen Moscheeneubau zu errichten,
war in der Tatsache begründet, dass man das bisherige Gebäude – einen stark
renovierungs bedürftigen Gewerbebau aus den dreißiger Jahren, eine „Ruine“, wie
es Vereins vertreter bezeichneten – durch ein angemessenes Gemeindezentrum
ersetzen wollte. Damit entspricht das Vorgehen des Lüner Moscheevereins zugleich
der gesamtgesellschaftlichen Tendenz einer Etablierung muslimischer Migrantenorganisationen.
Wie übereinstimmend meine Gesprächspartner, mit Ausnahme der
erklärten Gegner des Neubaus, feststellten, hat sich der Islamische Verein von
Anfang an um ein konstruktives Verhältnis zur Stadt, zur Gesamt bevölkerung wie
zu seinen Nach barn bemüht. Bereits bevor die Frage des Neubaus akut wurde,
führte der Verein „Tage der offenen Tür“ in der Moschee durch. Die durchaus
vorhandenen Park probleme etwa im Ramadan versuchte man mit einem eigenen
Ordnungs dienst aufzufangen, man bat die Anwohner im Vorfeld des Fastenmonats
schriftlich um Verständnis und gab dabei stets auch eine Telefonnummer für etwaige
Beschwerden an. 55
In seinen Presseerklärungen signalisierte der Verein immer wieder, dass ihm an
einem guten Verhältnis zu den Nachbarn und zur deutschen Lüner Bevöl kerung
gelegen sei. Der Vereins vorstand suchte auch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung
und war zu mehreren Zugeständnissen bereit, um zu einer Deeskalation
beizutragen. Dazu zählen der frühzeitige Verzicht auf den öffentlichen Muezzin-
Ruf und auf dem Höhepunkt des Kon flikts die Reduzierung der Minaretthöhe
wie des gesamten Bauvolumens. In weiten Teilen zeigte der Verein also eine
verständigungsorientierte Handlungsweise.
Aus Sicht des Moscheevereins könnte man nun fragen, ob sich dieser
verständigungs orientierte Kurs auch aus einer eigennutzenorientierten Sicht gelohnt
54 Siehe WAZ/WR, 25.6.1999.
55 So die Darstellung des Vertreters des Moscheevereins im Interview, August 1999.
Fallstudie Lünen
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