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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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Fallstudie Bob<strong>in</strong>gen<br />

Stadtrats mitglieder <strong>und</strong> die Stadtspitze zu e<strong>in</strong>er Ablehnung bewegten, konnten im<br />

E<strong>in</strong>zelfall durchaus variieren.<br />

Rekapitulation: Öffentlich vertretene Arg<strong>um</strong>ente im „städtebaulichen Diskurs“<br />

Wie bereits mehrfach dargelegt, arg<strong>um</strong>entierten Stadtrat <strong>und</strong> –verwaltung nach<br />

außen vor allem mit städtebaulichen <strong>und</strong> baurechtlichen Arg<strong>um</strong>enten. Die<br />

Akteursgruppe wollte den Ansche<strong>in</strong> erwecken, als g<strong>in</strong>ge es vor allem <strong>um</strong> die<br />

Frage, ob sich die Moschee baulich e<strong>in</strong>füge, wie es § 34 B<strong>und</strong>esbaugesetz von<br />

Bauvorhaben fordert. Als Referenzgröße des Sich-E<strong>in</strong>fügens wurde allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> den öffentlich vertretenen Positionen, im lokalen „städtebaulichen Diskurs“,<br />

weniger die Eigenart der näheren Umgebung herangezogen, wie es der <strong>in</strong>frage<br />

kommende § 34 BauGB eigentlich vorsieht. Deren heterogene Bebauung (Fabrikgelände<br />

mit In dustrieschornste<strong>in</strong>, Blockbauten, E<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Mehr familien häuser)<br />

hätte sich hierfür auch ka<strong>um</strong> geeignet.<br />

Vielmehr hob man nicht nur auf e<strong>in</strong>e angebliche Bee<strong>in</strong>trächtigung des Ortsbildes<br />

ab (auch nach § 34 BauGB darf e<strong>in</strong> Bauvorhaben das Ortsbild nicht<br />

bee<strong>in</strong>trächtigen), sondern man scheute sich auch nicht, als Referenzgröße für das<br />

E<strong>in</strong>fügen die (mittel-)schwäbische Landschaft heranzuziehen (vgl. Kap. 9.1.2). Insbesondere<br />

Stadträte der CSU machten sich die Ortsbild-Arg<strong>um</strong>entation zu eigen.<br />

Die „Harmonie“ des Ortsbildes, das seit Jahrh<strong>und</strong>erten von drei Kirchen, dem<br />

„Schlößle“ <strong>und</strong> den Mühlen geprägt sei, „wäre auf Dauer gestört“. 54<br />

Wer solche Äußerungen als Ortsunk<strong>und</strong>iger liest, könnte vermuten, bei Bob<strong>in</strong>gen<br />

handle es sich <strong>um</strong> e<strong>in</strong>e geradezu typisch ausgeprägte schwäbische Kle<strong>in</strong>stadt,<br />

mit e<strong>in</strong>em seit Jahrh<strong>und</strong>erten tradierten, e<strong>in</strong>heitlichen Stadtbild <strong>und</strong> mith<strong>in</strong><br />

hohem touristischem Potential, e<strong>in</strong>e museale Kle<strong>in</strong>stadt <strong>in</strong>mitten e<strong>in</strong>er musealen<br />

schwäbischen Landschaft. Doch weder auf den Stadtkern, noch auf die nähere<br />

Umgebung der Moschee mit Fabrikgelände e<strong>in</strong>schließlich Schornste<strong>in</strong>, E<strong>in</strong>- <strong>und</strong><br />

Mehrfamilienhäusern <strong>und</strong> Blockbauten trifft diese Beschreibung <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />

Weise zu. E<strong>in</strong> seriöses Stadtmarket<strong>in</strong>g für Bob<strong>in</strong>gen könnte zwar auf die Nähe<br />

z<strong>um</strong> Oberzentr<strong>um</strong> Augsburg h<strong>in</strong>weisen <strong>und</strong> auf die ruhigen Wohn verhältnisse<br />

<strong>und</strong> naturnahen Erholungsmöglichkeiten im ländlichen Ra<strong>um</strong>, aber eben nicht mit<br />

e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> besonderer Weise ausgebildeten schwäbischen Stadtbild werben. So zeigt<br />

sich e<strong>in</strong>e für den auswärtigen Besucher augenfällige Diskrepanz zwischen der allzu<br />

stilisierenden Beschreibung durch die Bob<strong>in</strong>ger Stadträte <strong>und</strong> der Wirklichkeit,<br />

wie sie sich optisch präsentiert. Die Stadträte konstruierten e<strong>in</strong> Stadtbild, das<br />

Beobachter von außen – e<strong>in</strong>schließlich der Augsburger <strong>und</strong> Münchner Richter<br />

bei den jeweiligen Ortsbesichtigungen – so nicht vorfanden. Ob es sich hierbei<br />

<strong>um</strong> e<strong>in</strong>e Art kollektiven Selbstbetrug handelt, was die E<strong>in</strong> schätzung des Bob<strong>in</strong>ger<br />

Stadtbildes durch die Bob<strong>in</strong>ger Akteure betrifft, e<strong>in</strong>en verzeihlichen Ausfluss e<strong>in</strong>es<br />

Lokalpat riotismus, oder <strong>um</strong> e<strong>in</strong> bewusst, strategisch gewähltes „Ra<strong>um</strong>bild“ 55<br />

54 Zitiert nach: SAZ, 29.10.1992: „Jetzt heißt die Frage nur: Wie hoch?“; vgl. auch Protokoll der<br />

Stadtratssitzung vom 27.10.1992.<br />

55 Zur strategischen Verwendung von Ra<strong>um</strong>bildern <strong>in</strong> Kon� ikten vergleiche REUBER 1999.<br />

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