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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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Teil IV - Kap. 11<br />

SPD sah sich e<strong>in</strong>erseits mit diesen Forderungen <strong>und</strong> Rückmeldungen „von unten“<br />

konfrontiert, andererseits mit den <strong>in</strong> der eigenen Partei vertretenen Ansprüchen<br />

an e<strong>in</strong>e Politik, die die Interessen von ethnischen <strong>und</strong> sozialen M<strong>in</strong>derheiten<br />

berücksichtigt <strong>und</strong> sich zudem an rechtsstaatliche Gr<strong>und</strong>sätze hält. An dieser<br />

Bruchl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong>nerhalb der SPD offenbart sich unter anderem die „Doppelgestalt“<br />

oder doppelte Verortung des Konflikts, der sich e<strong>in</strong>erseits zunächst <strong>in</strong> zwei<br />

Stadtteilen abspielte, anderer seits aber von Anfang an <strong>in</strong> der Gesamtstadt auf<br />

Resonanz stieß <strong>und</strong> zudem auf gr<strong>und</strong> der Kompetenzverteilung <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Kommune gesamtstädtisch gere gelt werden musste. In den unterschiedlichen<br />

Soziokulturen beider (rä<strong>um</strong>lich def<strong>in</strong>ier ter) Ebenen herrschten unterschiedliche<br />

Sichtweisen des Konflikts vor.<br />

Die (im November 1996 erfolgte) Festlegung von Teilen der SPD-Spitze, dass es<br />

ke<strong>in</strong>e Entscheidung auf Kosten des sozialen Friedens geben dürfe, kann man e<strong>in</strong>erseits<br />

als Ausdruck e<strong>in</strong>er verständigungs orientierten Haltung <strong>in</strong>terpretieren; andererseits<br />

konnten Gegner des Ezan dies als Ermutigung gesehen haben, <strong>ihre</strong> Proteste<br />

zu verstärken.<br />

Grüne<br />

Die Bündnisgrünen waren letztlich die e<strong>in</strong>zige Partei, die vorbehaltlos zustimmend<br />

zur Geneh migung des lautsprecherverstärkten Ezan stand. Allerd<strong>in</strong>gs zeigte sich,<br />

dass die Ablehnung des Ezan auch im grünen Milieu verbreitet war.<br />

Die Grünen Duisburg hatten sich auf <strong>ihre</strong>r Mitgliederversammlung im Dezember<br />

1996 e<strong>in</strong>deutig z<strong>um</strong> Ezan-Ruf bekannt <strong>und</strong> die SPD wegen des abseh baren<br />

„Rückziehers“ heftig attackiert. Im Rat der Stadt trugen sie bis dah<strong>in</strong> die etwas<br />

vorsichtigere L<strong>in</strong>ie der SPD <strong>und</strong> der Verwaltung mit. Aber auch <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Grünen <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>ihre</strong>m Umfeld war die Zustim mung ke<strong>in</strong> selbstverständlicher, durch<br />

die e<strong>in</strong>stigen Bekenntnisse der Partei zu e<strong>in</strong>er multi kulturellen Gesellschaft gegebener<br />

Automatismus. So gab die WAZ den Duisburger Geschäfts führer der Grünen<br />

<strong>in</strong> der Frühphase des Konflikts wie folgt wieder:<br />

„Ihn hätten <strong>in</strong> den letzten Tagen Anrufe von Bürgern erreicht, die ‚grün‘ gewählt hätten.<br />

Die Anrufer hätten deutlich gemacht, daß sie nur dann weiterh<strong>in</strong> ‚grün‘ wählen würden,<br />

wenn die Rats-Fraktion der Partei den Gebetsaufruf nicht unterstütze.“ 93<br />

Neben denselben Vorbehalten, die auch bei den Wählermilieus anderer Parteien<br />

anzutreffen waren, mag bei den Grünen auch e<strong>in</strong>e Rolle gespielt haben, dass bei<br />

Teilen <strong>ihre</strong>r Wählerschaft e<strong>in</strong> ausgesprochen distanziertes Verhält nis zu religiösen<br />

Institutionen anzutreffen ist, was sich <strong>in</strong> gewissen Maße wohl auch auf die Haltung<br />

z<strong>um</strong> Ezan übertrug. So formulierte denn auch die Presse erklärung der Grünen<br />

Duisburg vom 9.12.1996, „daß Menschen mit nicht religiöser <strong>und</strong> antiklerikaler<br />

Haltung ebenso e<strong>in</strong>en festen Platz im Me<strong>in</strong>ungs spektr<strong>um</strong> der GRÜNEN haben wie<br />

Menschen mit e<strong>in</strong>er festen Verwurzelung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em religiösen Glauben.“<br />

93 WAZ Duisburg, 2.11.1996: „Muezz<strong>in</strong>-Ruf als Prüfste<strong>in</strong>“.<br />

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