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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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Teil III - Kap. 6<br />

den Bereich der E<strong>in</strong>stellungen/Perzeptionen sowie den Bereich der Wider sprüche<br />

<strong>in</strong> Bezug auf die vordem unvere<strong>in</strong>baren Ziele. 22 Um die bisher als unvere<strong>in</strong>bar<br />

sche<strong>in</strong>enden Ziele wieder kompatibel zu machen, bedarf es mitunter e<strong>in</strong>es<br />

hohen Maßes an Kreativität. E<strong>in</strong> Konflikt ist für Galtung damit immer auch e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>tellektuelle <strong>und</strong> emotionale Herausforderung für die Konfliktparteien (1975, S.<br />

115). E<strong>in</strong>e Veränderung der E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Perzeptionen der Konflikt parteien<br />

setzt voraus, dass die Konfliktparteien Empathie, e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>füh lungs vermögen,<br />

entwickeln <strong>und</strong> damit die spezifischen Beweggründe anderer Konflikt parteien<br />

verstehen lernen. Was die Handlungsebene betrifft, ist es notwendig, dass die<br />

Konfliktparteien auf destruktive Handlungen <strong>und</strong> Verhaltens weisen verzichten,<br />

also zu, im weiteren <strong>und</strong> <strong>um</strong>fassenden S<strong>in</strong>n, Gewal tfreiheit f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> sich auf<br />

gewaltfreie Aktionen beschränken. E<strong>in</strong>e solche Gewaltfreiheit <strong>um</strong>fasst nach<br />

Galtung nicht nur die Abwesenheit direkter, physischer <strong>und</strong> psychischer, sondern<br />

auch von struktureller <strong>und</strong> sogenannter kultureller Gewalt. 23 Der Begriff der<br />

Gewaltfreiheit ist dabei für Galtung nicht nur negativ def<strong>in</strong>iert; er lässt sich auch<br />

positiv füllen <strong>und</strong> charakterisieren.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>um</strong>fassende Konflikttransformation be<strong>in</strong>haltet nach GALTUNG also Gewaltfreiheit<br />

(<strong>in</strong> Bezug auf das Handeln <strong>und</strong> Verhalten), Empathie (zur Verän derung der<br />

Perzeptionen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>stellungen) <strong>und</strong> Kreativität, <strong>um</strong> die Wider sprüche <strong>in</strong> den Zielen<br />

<strong>und</strong> Interessen der Konflikt parteien zu überw<strong>in</strong>den. Damit spiegelt sich die<br />

Konflikttransformation <strong>in</strong> allen drei Seiten des Konflikt dreiecks wider. Wie der<br />

Konflikt im triadischen Konfliktmodell auf jeder „Seite“ des Konflikts beg<strong>in</strong> nen<br />

kann, so kann auch e<strong>in</strong> Trans formations prozess auf jeder Seite e<strong>in</strong> setzen – idealerweise<br />

<strong>in</strong> allen drei.<br />

Es stellt sich natürlich die Frage, ob e<strong>in</strong>e solche Konflikttransformation, <strong>in</strong>sbe sondere<br />

die Überw<strong>in</strong>dung der Interessensgegensätze, des Widerspruchs, immer möglich<br />

se<strong>in</strong> wird. GALTUNG (1998a) betont dabei im Rückgriff auf Mahatma Gandhi<br />

den Wert e<strong>in</strong>es gelungenen Kompromisses, der mitunter auch dann vor zu ziehen<br />

ist, wenn e<strong>in</strong>e Partei im konkreten Konflikt fall e<strong>in</strong>en „Sieg auf der ganzen L<strong>in</strong>ie“<br />

durchsetzen könnte. Durch e<strong>in</strong>en Kompromiss wird die Basis für e<strong>in</strong> besseres<br />

Zusammenleben der Konfliktparteien nach dem Ende des Konflikts gelegt; die<br />

Konfliktfolgen werden damit bedacht. 24 Bestimmte Fragen s<strong>in</strong>d aller d<strong>in</strong>gs nicht<br />

e<strong>in</strong>em Kompromiss zugänglich. 25 So s<strong>in</strong>d die Gr<strong>und</strong> bedürfnisse nach Sicherheit,<br />

Identität <strong>und</strong> Anerkennung nicht verhandlungs- <strong>und</strong> kom pro miss fähig (HOFFMAN<br />

22 Zu den folgenden Ausführungen vgl. GALTUNG 1998b, S. 191f.<br />

23 Zur Kritik an Galtungs Konzept der strukturellen Gewalt vgl. z<strong>um</strong> Beispiel MEYER 1997, S. 26.<br />

Ungeachtet der Fragen der Schwierigkeit der Operationalisierung struktureller Gewalt <strong>und</strong> der<br />

Abgrenzung zu jeglichen, immer auch durch Zwänge bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen,<br />

bleibt der heuristische Wert des Begriffs gegeben. Unter kultureller Gewalt versteht Galtung jene<br />

Aspekte der Kultur (e<strong>in</strong>schließlich Religion, Wissenschaft, Sprache <strong>und</strong> Kunst), die geeignet s<strong>in</strong>d,<br />

direkte oder strukturelle Gewalt zu rechtfertigen <strong>und</strong> zu legitimieren (GALTUNG 1998a, S. 342).<br />

24 E<strong>in</strong>e negative Sicht des Kompromisses vertrat Galtung übrigens 2001 auf e<strong>in</strong>em Sem<strong>in</strong>ar <strong>in</strong> Trier,<br />

vgl. Paul<strong>in</strong>us, 10.6.2001 (Autor: Tobias Wilhelm): „Frieden ohne Kompromisse“.<br />

25 GALTUNG 1998a, S. 208.<br />

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