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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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Teil IV - Kap. 12<br />

sich ethnisch-kulturelle <strong>und</strong> ra<strong>um</strong>bezogene Aspekte. Es tauchte erkennbar <strong>in</strong> ganz<br />

unterschiedlichen sozialrä<strong>um</strong>lichen <strong>und</strong> stadtstrukturellen Kontexten auf:<br />

��<strong>in</strong> der zwar <strong>in</strong>dustriell geprägten, aber im ländlichen Ra<strong>um</strong> gelegenen Kle<strong>in</strong>stadt<br />

Bob<strong>in</strong>gen,<br />

��<strong>in</strong> den Stadtteilen des Duisburger Nordens mit <strong>ihre</strong>n hohen Ausländeranteilen<br />

<strong>und</strong> akk<strong>um</strong>ulierten sozialen Problemlagen bei großen Teilen der deutschen<br />

Bevölkerung,<br />

��<strong>in</strong> dem Lüner Wohnquartier, welches an die Moschee angrenzt, <strong>in</strong> der Bau substanz<br />

durch E<strong>in</strong>- <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>ere Mehrfamilienhäuser geprägt ist <strong>und</strong> über e<strong>in</strong>en relativ<br />

ger<strong>in</strong>gen Ausländeranteil verfügt.<br />

In se<strong>in</strong>er schwachen Form ersche<strong>in</strong>t dieses Motiv als e<strong>in</strong>e unbestimmte, allgeme<strong>in</strong>e<br />

Angst vor Veränderung e<strong>in</strong>er als vertraut empf<strong>und</strong>enen Umgebung, der eigenen<br />

„Heimat“. Letztlich könnte diese Angst auch durch andere Bauvorhaben ohne<br />

ethnisch-kulturellen H<strong>in</strong>ter gr<strong>und</strong> ausgelöst werden; allerd<strong>in</strong>gs wird sie offensichtlich<br />

bei solchen Bauwerken wie <strong>Moscheen</strong> recht schnell <strong>und</strong> <strong>um</strong>fassender mobilisiert.<br />

In „mittleren“ Ausprägungsformen des Motivs bezog sich die Befürchtung<br />

der „Türkisierung“ bzw. „Orientalisierung“ nicht nur auf den jeweiligen Bau mit<br />

den Symbolen e<strong>in</strong>er fremden Religion an sich, sondern auch auf die angeblichen<br />

Folgewirkungen, die e<strong>in</strong>em solchen Bau (Moschee, M<strong>in</strong>arett) unterstellt wurden: Er<br />

diene als Anziehungspunkt für Muslime aus der ganzen Region (Bob<strong>in</strong>gen, Lünen,<br />

Gladbeck), werde <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er unmittelbaren Umgebung als Kristal lisations punkt für<br />

e<strong>in</strong> Ghetto fungieren (Lünen), außerdem erfolge der Gebetsruf früher oder später<br />

vom M<strong>in</strong>arett aus mit se<strong>in</strong>er ebenfalls die Umgebung akustisch „verfrem denden“<br />

Art (Bob<strong>in</strong>gen, Lünen). Dabei war dieses Motiv offensichtlich an Verlust ängste<br />

gekoppelt: Das Wohn gebiet (die Stadt) könne die bisherige Ruhe, se<strong>in</strong>en Charakter,<br />

se<strong>in</strong>en Status <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Ruf verlieren. In Duisburg wurde gegen die E<strong>in</strong>führung<br />

des Gebetsrufs damit arg<strong>um</strong>entiert, dass er e<strong>in</strong>e bereits bestehende Ghetto-Situation<br />

noch verschärfe. Auf der Sachebene wurden diese Arg<strong>um</strong>en tationen <strong>in</strong> den entsprechenden<br />

Kapiteln der Fallstudien kommentiert.<br />

Bei stärkeren Ausprägungsformen dieses Motivs ist zusätzlich nicht nur e<strong>in</strong>e<br />

unter schwellige, sondern e<strong>in</strong>e offene Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit erkennbar, <strong>in</strong>dem etwa<br />

türkische Bevölkerungs gruppen <strong>in</strong> hohem Maße diskrim<strong>in</strong>iert, abqualifiziert <strong>und</strong><br />

als unerwünscht erklärt wurden. Dies wurde <strong>in</strong>sbesondere bei den Duisburger Diskussionen<br />

z<strong>um</strong> öffentlichen Gebetsruf deutlich.<br />

Bei diesem Motivbereich wird ersichtlich, wie differenziert <strong>in</strong> ethischer H<strong>in</strong>sicht<br />

se<strong>in</strong>e schwächeren <strong>und</strong> stärkeren Ausprägungsformen zu bewerten s<strong>in</strong>d: Diffusen<br />

Verlustängsten <strong>in</strong> Bezug auf die eigene Heimat (<strong>und</strong> damit persönliche Identität)<br />

an e<strong>in</strong>em Ende der Skala, stehen am anderen Ende offen fremdenfe<strong>in</strong>dliche<br />

E<strong>in</strong>stellungen gegenüber, die sich nahtlos <strong>in</strong> rechtsextreme Weltbilder e<strong>in</strong>fügen<br />

lassen.<br />

Eng verwandt mit diesen ethnisch-kulturellen Motiven ist die Reklamation von<br />

Vorrechten, die die „Alte<strong>in</strong>gesessenen“, die „Etablierten“, gegenüber den „Außen-<br />

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