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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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Teil III - Kap. 6<br />

unterschwelligen Anspruch auf territoriale Dom<strong>in</strong>anz mit den ent sprechenden<br />

baulichen Symbolen verb<strong>in</strong>den. Sehr viel greifbarer ist allerd<strong>in</strong>gs der Umstand,<br />

dass Moschee-Gegner den Muslimen kollektiv e<strong>in</strong>e solche Absicht auf Erhebung<br />

e<strong>in</strong>es territorialen Machtanspruchs unterstellen. 41 Von Moschee-Gegnern wird e<strong>in</strong>e<br />

erstmalige bauliche Repräsentation der Muslime, e<strong>in</strong>er bisher unter repräsentierten<br />

M<strong>in</strong>derheit, unmittelbar als e<strong>in</strong> durch sie erho bener Anspruch auf Dom<strong>in</strong>anz<br />

wahrgenommen bzw. diskursiv gedeutet. Der Anerkennungs konflikt, wie er sich<br />

aus Sicht der Muslime darstellt, ersche<strong>in</strong>t Teilen der Mehrheits gesellschaft als e<strong>in</strong><br />

Dom<strong>in</strong>anzkonflikt, wobei hier die Frage gestellt werden muss, wie solche e<strong>in</strong>seitig<br />

verzerrten Wahrnehmungen bzw. diskursiven Umdeutungen zustande kommen.<br />

3.6 Kulturrä<strong>um</strong>licher Diskurs: Orient <strong>und</strong> Europa<br />

Mit der realen oder gedanklich antizipierten Veränderung der eigenen Lebenswelt<br />

durch e<strong>in</strong>en Moscheebau können entsprechende Perzeptionen <strong>und</strong> Gefühle<br />

e<strong>in</strong>hergehen. Von diesen zu nächst e<strong>in</strong>mal zu trennen s<strong>in</strong>d jene mentalen<br />

Konstruktionen, die mit der Gegen überstellung von Europa, dem „christlichen“<br />

<strong>und</strong>/oder durch Aufklärung geprägten „Abendland“, <strong>und</strong> Orient, dem „Land des<br />

Islam“ e<strong>in</strong>hergehen. In moschee bezogenen <strong>Konflikte</strong>n wird dabei nicht selten e<strong>in</strong>e<br />

sche<strong>in</strong>bar natürliche, rä<strong>um</strong> liche „Ordnung der D<strong>in</strong>ge“ (FOUCAULT) beschworen:<br />

Moschee <strong>und</strong> Muezz<strong>in</strong> gehören <strong>in</strong> den Orient <strong>und</strong> haben im christlich geprägten<br />

Abendland, <strong>in</strong> (Kern-)Europa ansche<strong>in</strong>end nichts zu suchen. Dort s<strong>in</strong>d als religiöskulturelle<br />

Sym bole (nur) Kirche <strong>und</strong> Glockengeläut zu Hause oder, <strong>um</strong> das<br />

Vokabular des Baur echts zu bemühen, zulässig. Hier wird, <strong>in</strong> der Term<strong>in</strong>ologie<br />

WERLENs (1997, S. 339), e<strong>in</strong>e Geographie normativer Aneignung betrieben, <strong>in</strong> der<br />

durch e<strong>in</strong>e (kulturrä<strong>um</strong>liche) Territorialisierung <strong>in</strong> bestimmten Gebieten bestimmte<br />

Hand lungen erlaubt, andere wieder<strong>um</strong> (wie z<strong>um</strong> Beispiel e<strong>in</strong> Moschee-Bau) als<br />

verbo ten oder z<strong>um</strong><strong>in</strong>dest als anstößig empf<strong>und</strong>en werden. Traditionelle Formen des<br />

Geographie-Machens, 42 wie sie auch im Schulunterricht immer wieder vermittelt<br />

wurden, kommen solchen Vorstellungen entgegen. Zugleich f<strong>in</strong>det hier offenbar<br />

e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>sätzliche anthropo logische Konstante <strong>ihre</strong>n Ausdruck, derzu folge<br />

bestimmte Handlungen <strong>in</strong> der Regel bestimmten Orten vorbehalten bleiben; sie<br />

wird dabei gewissermaßen aus der Maßstabs ebene der alltäglichen Lebens welt auf<br />

die Ebene von Rä<strong>um</strong>en (sub-)kon t<strong>in</strong>entalen Ausmaßes hoch projiziert. Nicht selten<br />

reicht der Verweis auf solche kulturrä<strong>um</strong>lichen Territo riali sierungen als normative,<br />

unh<strong>in</strong>terfragte Letztbegründung dafür aus, war<strong>um</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Handlung wie der<br />

Bau e<strong>in</strong>er Moschee an e<strong>in</strong>em bestimmten Stand ort nicht ausgeführt werden kann:<br />

41 Vergleiche <strong>in</strong>sbesondere die Fallstudien zu Bob<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Duisburg.<br />

42 Der Begriff des Geographie-Machens spielt auf die Erkenntnis an, dass geographische Sachverhalte<br />

nicht e<strong>in</strong>fach gegeben s<strong>in</strong>d, sondern im Rahmen der sozialen Systeme Wissenschaft, Politik <strong>und</strong><br />

Adm<strong>in</strong>istration, Medien <strong>und</strong> Schule etc. erst konstruiert werden (vgl. u.a. WERLEN 1997; GREGORY<br />

1994).<br />

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