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Moscheen in Deutschland Konflikte um ihre Errichtung und Nutzung

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3.3 Politische Parteien<br />

Entscheidend für den relativ reibungslosen Verlauf des Moscheebau-Prozesses ist<br />

sicher lich die Tatsache zu werten, dass sämtliche Stadtratsfraktionen (bei zwei<br />

Gegen stimmen) den Bau mittrugen. Ke<strong>in</strong>e Partei hat versucht, aus dem Bau auf<br />

Kosten der Muslime politisches Kapital zu schlagen; das Thema wurde von den<br />

Parteien, so der SPD-Fraktionsvorsitzende im Interview, „sehr sachlich behan delt,<br />

ohne Emotionen zu schüren“. Ohne die Rolle des Bürgermeisters wesentlich zu<br />

schmälern, stellte der SPD-Fraktions vorsitzende heraus, dass die Über zeugungsarbeit<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Stadt e<strong>in</strong>e „Geme<strong>in</strong>schaftsaktion der großen Parteien“ gewesen<br />

sei (Interview, Mai 2000). Innerhalb der Fraktionen hätten e<strong>in</strong>ige Ratsmitglieder<br />

dem Bau aber durchaus skeptisch gegenübergestanden:<br />

„Es waren e<strong>in</strong> paar [<strong>in</strong> der Fraktion], die auch noch kritisch waren: Angst hatten,<br />

Ausländer fe<strong>in</strong>dlichkeit kommt hoch; <strong>und</strong>: Was passiert <strong>in</strong> der Stadt, wenn hier<br />

F<strong>und</strong>amen talisten re<strong>in</strong>kommen, Unruhe <strong>in</strong> der Stadt, <strong>und</strong> vor allem der Zuzug. Es war<br />

damals schon angedacht, wenn die Moschee da ist, kommen noch mehr [Ausländer]<br />

<strong>in</strong> die Stadt re<strong>in</strong> (....) Es war natürlich schon e<strong>in</strong>e Vorarbeit notwendig [<strong>in</strong> der Fraktion],<br />

bis es zu dieser Stadtratssitzung letztendlich kam“ (Interview, Mai 2000).<br />

3.4 Kirchen<br />

Fallstudie Lau<strong>in</strong>gen<br />

Exponierte Vertreter beider großen christlichen Kirchen haben den „Lau<strong>in</strong>ger Konsens“,<br />

den Moscheebau zu unterstützen, wesentlich mitgetragen, <strong>und</strong> zwar, wie<br />

erkennbar, bereits zu e<strong>in</strong>em recht frühen Zeitpunkt. Der damalige katho lische<br />

Stadtpfarrer Albert Betz sagte im Februar 1993 gegenüber e<strong>in</strong>em Korres pondenten<br />

der Katholischen Nachrichten agentur KNA,<br />

„es gebe zwar ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>stitutionellen Kontakte [zwischen Christen <strong>und</strong> Muslimen, T.S.],<br />

dafür aber e<strong>in</strong> reges Mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Nachbarschaft <strong>und</strong> Schule (...) Den Katholiken<br />

sei vom Zweiten Vatikanischen Konzil Toleranz gegenüber anderen Religionen sowie<br />

Zusammenarbeit nahegelegt worden. Etwas Sorge bereitet dem Pfarrer die Vorstellung,<br />

daß f<strong>und</strong>amentalistische Gruppen von außen versuchen könnten, über die neue<br />

Moschee E<strong>in</strong>� uß auf die Lau<strong>in</strong>ger Muslime, <strong>in</strong> der Mehrzahl Türken, zu nehmen. Pfarrer<br />

Betz hofft, daß das religiöse Zentr<strong>um</strong> ke<strong>in</strong> ‚Unruheherd‘ wird.“ 32<br />

In dem Zitat kommt e<strong>in</strong>e zurückhaltende, wenn auch nicht sorgenfreie Zustimmung<br />

des katholischen Pfarrers z<strong>um</strong> Moscheebau z<strong>um</strong> Ausdruck. Die Wert schätzung, die<br />

der während der Bauphase verstorbene Pfarrer Betz schließlich auch bei den Muslimen<br />

genoss, kann man an der – sicher <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> noch nicht alltäglich zu nennenden<br />

– Geste ablesen, dass bei se<strong>in</strong>er Beerdigung auch Vertreter des Moscheevere<strong>in</strong>s<br />

anwesend waren.<br />

32 KNA-Korrespondentenbericht, 19.2.1993 (Autor: Jörg Hamman): „Der Muezz<strong>in</strong> wird nicht zu<br />

hören se<strong>in</strong>“.<br />

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