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aber die Cherusker und an<strong>de</strong>re Stämme zum Aufstand<br />
gegen die Römerherrschaft vereinigte, vernichtete<br />
drei römische Heere in <strong>de</strong>r berühmten Varusschlacht<br />
im Teutoburger Wald. Da steht er heute noch, 27 Meter<br />
groß auf 30 Meter hohem Sockel, in <strong>de</strong>r Hand das gegen<br />
die Franzosen gerichtete Elf-Zentner-Schwert, so wie<br />
ihn <strong>de</strong>r Bildhauer Ernst von Ban<strong>de</strong>l vor rund 130 Jahren<br />
schuf. Aber die jüngsten Ausgrabungen erhärten<br />
<strong>de</strong>n Verdacht, dass <strong>de</strong>r schwerste Hermann <strong>de</strong>r Welt<br />
am falschen Platze steht. Der <strong>de</strong>utschen Denkmäler<br />
germanischstes aber scheint diesem Historikerstreit<br />
mit großer Standfestigkeit zu begegnen. Seine echten<br />
Freun<strong>de</strong> bewegt weniger die Frage, wann <strong>de</strong>r eiserne<br />
Hermann <strong>de</strong>n Standort wechseln, als vielmehr, wann<br />
er <strong>de</strong>n Arm wechseln o<strong>de</strong>r − wer weiß − vielleicht sogar<br />
das Schwert senken wird.<br />
Erich Loest, geboren 1926 in Mittweida, wur<strong>de</strong> 1957 wegen<br />
„konterrevolutionärer Gruppenbildung“ verhaftet und<br />
zu siebeneinhalb Jahren Zuchthaus in Bautzen verurteilt.<br />
1979 trat er aus <strong>de</strong>m Schriftstellerverband aus und verließ<br />
die DDR. Der Roman- und Hörspielautor erhielt 1984 <strong>de</strong>n<br />
Marburger Literaturpreis und war von 1994-1997 Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s Deutscher Schriftsteller. 1999 wur<strong>de</strong> Erich<br />
Loest mit <strong>de</strong>m Großen Bun<strong>de</strong>sverdienstkreuz ausgezeichnet.<br />
Die Rundfunkautoren Ulrich Land, geboren 1956, und Winfried<br />
Sträter, geboren 1957, bereicherten in <strong>de</strong>n 90er-Jahren<br />
das „Land und Leute“-Programm mit eigenwilligen, humorvollen<br />
Ortsbeschreibungen, u. a. über Enkhausen im Sauerland,<br />
<strong>de</strong>m Geburtsort <strong>de</strong>s legendären Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten<br />
Heinrich Lübke, über <strong>de</strong>n Hellweg o<strong>de</strong>r die Externsteine.<br />
Foto: Intertopics<br />
Ruhrgebietsredaktion<br />
Michael-Klaus-Abend<br />
Preußens, Olschewskis und<br />
die alte Broda<br />
von Michael Klaus<br />
Regie: Frank-Erich Hübner<br />
Produktion: wdr 1981/46’<br />
Irland an Försters Küchentisch<br />
von Michael Klaus<br />
Regie: Holger Rink<br />
Produktion: wdr 1996/49’<br />
30. Mai Sa 20:05 wdr 5<br />
Preußens sind dabei,<br />
ihre Wohnung in ein<br />
Naturparadies umbauen<br />
zu lassen. Ein See<br />
wird angelegt, Berge<br />
entstehen und Urwald.<br />
Natur soll einziehen ins<br />
Ruhrgebiet – zumin<strong>de</strong>st<br />
in Preußens Wohnung.<br />
Olschewski, Freund und<br />
Nachbar, ist begeistert<br />
und macht mit;<br />
er erklärt sich bereit,<br />
seinen Fußbo<strong>de</strong>n durchstemmen<br />
zu lassen,<br />
damit die Alpen bis in<br />
seine Wohnung wachsen<br />
können. Nur die alte Broda ist stinksauer. Wer jemals<br />
gebaut hat, weiß, welches Chaos da Einzug hält – nicht<br />
nur in die Wohnungen, son<strong>de</strong>rn auch in die Herzen und<br />
Gehirne <strong>de</strong>r Beteiligten.<br />
Sie tun nichts an<strong>de</strong>res als re<strong>de</strong>n, übereinan<strong>de</strong>r,<br />
gegeneinan<strong>de</strong>r. Sie sind „dropouts“ und lieben die<br />
Flasche, die Freun<strong>de</strong>, die sich an Försters Küchentisch<br />
treffen. Turninsky blättert im Pin-up-Kalen<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />
HIV-positive Robert mit <strong>de</strong>m schönsten Männerpo hat<br />
am Morgen seinen todkranken Freund getötet, Mucki<br />
hat eine kaputte Leber, weil er zuviel Anabolika<br />
geschluckt hat. Förster dreht am Radio und erwischt<br />
zufällig ein Kapitel aus James Joyce „Finnegan’s Wake“.<br />
Ständig schwärmt er von <strong>de</strong>r grünen Insel. Sie wollen<br />
gemeinsam nach Irland aufbrechen, zusammen mit<br />
Evi, Försters Freundin. Nur Kiki, die Noch-Flamme<br />
von Mucki, hat die Nase endgültig voll von <strong>de</strong>m ewigen<br />
Gelabere und Rumhängen, sagt sie je<strong>de</strong>nfalls in einer<br />
Live-Reportage im Radio, die gera<strong>de</strong> über „Cocooning“<br />
berichtet.<br />
Michael Klaus (1952-2008), aufgewachsen in Gelsenkirchen,<br />
studierte Germanistik und Kunst und veröffentlichte<br />
ab 1981 Gedicht- und Erzählbän<strong>de</strong>, Satiren, Romane<br />
und Hörspiele. Er schrieb Drehbücher zu Fernsehspielen<br />
und zum Adolf-Winkelmann-Kinofilm „Nordkurve“. Er<br />
war Mitglied im P.E.N. (Vizepräsi<strong>de</strong>nt ab 2003) und im<br />
Verband Deutscher Schriftsteller VS, Gastdozent an <strong>de</strong>r<br />
Universität Essen und an <strong>de</strong>r Internationalen Filmhochschule<br />
Köln. Michael Klaus erhielt zahlreiche Auszeichnungen,<br />
darunter <strong>de</strong>r Literaturpreis Ruhrgebiet (1991).<br />
wdr hörspielprogramm 75