ZAP-16-17
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<strong>ZAP</strong><br />
Berufsrechtsreport<br />
anwaltlichen Außendarstellungen nur dann zu<br />
verneinen ist, wenn hieraus keine Nachteile für<br />
die Mandanten entstehen können, was hier aber<br />
gerade nicht der Fall war (im Ergebnis ebenso<br />
WILLERSCHEID DStR 20<strong>17</strong>, 960). Immerhin mussten die<br />
Mandanten davon ausgehen, auch unter der virtuellen<br />
Büroadresse vollwertig beraten zu werden.<br />
V. Fachanwälte<br />
1. Fachanwalt werden – wichtige Präzisierungen<br />
durch die Rechtsprechung<br />
Fachanwaltschaften erfreuen sich einer immer<br />
größeren Beliebtheit. Es ist daher nicht verwunderlich,<br />
dass sich der Anwaltssenat häufig mit den<br />
Voraussetzungen für die Verleihung eines Fachanwaltstitels<br />
befassen muss. Zudem wurden zum<br />
1.7.20<strong>17</strong> die Anforderungen für Fachanwälte im<br />
Insolvenz- und Vergaberecht leicht geändert<br />
(Grundlage war der Beschl. der Satzungsversammlung<br />
v. 21.11.20<strong>16</strong>, vgl. BRAK-Mitt. 20<strong>17</strong>, 81).<br />
Außerdem soll künftig im Rahmen der Fortbildungspflicht<br />
nach § 15 FAO bei dozierender<br />
Teilnahme die Vorbereitungszeit in angemessenem<br />
Umfang zu berücksichtigen sein (vgl. den<br />
Beschl. der Satzungsversammlung v. 19.5.20<strong>17</strong>).<br />
Wer Fachanwalt werden oder bleiben will, sollte<br />
die Rechtsentwicklung zu dem von ihm favorisierten<br />
Titel daher gut im Auge behalten. So entschied<br />
der Anwaltssenat in Präzisierung von § 5 FAO, dass<br />
bei Zählung der für die Fachanwaltszulassung<br />
erforderlichen Fälle Mandate weder doppelt zählen,<br />
nur weil sie sich auf mehrere gerichtliche<br />
Instanzen erstrecken, noch allein aus diesem<br />
Grund höher zu gewichten sind (BGH, Beschl. v.<br />
27.4.20<strong>16</strong> – AnwZ [Brfg] 3/<strong>16</strong>). Der Senat hielt es<br />
zudem für verfassungsrechtlich unbedenklich, dass<br />
die Frage, was überhaupt als Fallbearbeitung<br />
anzusehen ist, bei den einzelnen Fachanwaltschaften<br />
gravierend unterschiedlich beurteilt wird<br />
(BGH, Beschl. v. 26.1.20<strong>17</strong> – AnwZ [Brfg] 49/<strong>16</strong>).<br />
Zulässig sei es daher, im Fachgebiet Strafrecht erst<br />
bei 40 Hauptverhandlungstagen vor dem Schöffengericht<br />
oder einem höheren Gericht innerhalb<br />
eines Dreijahreszeitraums von der notwendigen<br />
Anzahl von Fallbearbeitungen auszugehen, obwohl<br />
die FAO für andere Fachanwaltsbezeichnungen<br />
keine oder weniger Gerichtstage voraussetzt.<br />
Des Weiteren entschied der Anwaltssenat –<br />
zutreffend –, dass das Einstellen von Beiträgen<br />
auf einer eigenen Homepage keine zum Erhalt<br />
des Fachanwaltstitels berechtigende wissenschaftliche<br />
Publikation i.S.v. § 15 FAO sei, da ein<br />
derartiger Beitrag im freien Belieben des Homepageinhabers<br />
verändert oder ganz entfernt werden<br />
könne und daher weder eine nachhaltige<br />
Verfügbarkeit noch eine externe Absicherung des<br />
inhaltlichen Niveaus gewährleistet werde (BGH,<br />
Urt. v. 20.6.20<strong>16</strong> – AnwZ [Brfg] 10/15, zustimmend<br />
HUFF K&R 20<strong>16</strong>, 606). Dieselbe Entscheidung zeigt<br />
zugleich interessante Möglichkeiten des Pflichtigen<br />
auf, eine einmal versäumte Fortbildung<br />
nachzuholen (dazu WACKER DStR 20<strong>17</strong>, <strong>17</strong>6). Um<br />
das verwaltungsrechtliche Verfahren der Fachanwaltszulassung<br />
ging es auch in der Entscheidung<br />
des Anwaltssenats vom 28.11.20<strong>16</strong> (Az. AnwZ<br />
[Brfg] 53/15): Nach ihr kann ein Anwärter auf<br />
einen Fachanwaltstitel die erforderlichen Fortbildungsnachweise<br />
noch im gerichtlichen Verfahren<br />
nach Erhalt eines Ablehnungsbescheids<br />
nachreichen; diese sollen dann einer eigenständigen<br />
gerichtlichen Prüfung zu unterziehen sein.<br />
2. Spezialistenbezeichnungen<br />
Trotz der immer größeren Möglichkeiten, einen<br />
Fachanwaltstitel zu erwerben, sind einige<br />
Rechtsanwälte weiterhin versucht, ihre Briefbögen<br />
mit selbst kreierten Fantasiebezeichnungen<br />
anzureichern, die sie als besonders qualifiziert<br />
für bestimmte Rechtsbereiche ausweisen sollen.<br />
Besonders beliebt scheint insofern die Selbstbezeichnung<br />
„Spezialist für … “ zu sein. Insoweit<br />
legen die Vorgaben des § 7 BORA, die auf eine<br />
Entscheidung des BVerfG zurückgehen (Beschl. v.<br />
28.7.2004 – 1 BvR 159/04), fest, dass Teilbereiche<br />
der Berufstätigkeit unabhängig von Fachanwaltsbezeichnungen<br />
nur benannt werden dürfen,<br />
wenn sowohl den Angaben entsprechende theoretische<br />
Kenntnisse und praktische Tätigkeiten<br />
nachgewiesen werden als auch die Gefahr einer<br />
Verwechslung mit Fachanwaltschaften oder<br />
sonstigen Irreführung ausgeschlossen ist.<br />
Entsprechen die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts,<br />
der sich als Spezialist auf einem Rechtsgebiet<br />
bezeichnet, für das eine Fachanwaltschaft besteht,<br />
den an einen Fachanwalt zu stellenden<br />
Anforderungen, sollte nach einer Entscheidung<br />
des I. Zivilsenats gleichwohl keine Veranlassung<br />
bestehen, dem Rechtsanwalt die Führung einer<br />
entsprechenden Bezeichnung zu untersagen,<br />
selbst wenn beim rechtsuchenden Publikum die<br />
Gefahr einer Verwechslung mit der Bezeichnung<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>16</strong> 9.8.20<strong>17</strong> 843