SOCIETY 372 /2017
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WIRTSCHAFT<br />
RECHT<br />
unterzeichnet. Gleichzeitig wurden mithilfe dieses<br />
Dokumentes auch frühere Sanktionen gegen<br />
Russland zum Gesetz erhoben. Das bedeutet, dass<br />
ab jetzt die Sanktionen gegen Russland nicht mehr<br />
vom Präsidenten aufgehoben werden können und<br />
ein Aufhebungsakt die Mehrheit der Stimmen in<br />
beiden Parlamentshäusern benötigt. Ausnahmen<br />
bilden lediglich Sanktionen gegen bestimmte Personen:<br />
Diese darf der Präsident aufheben, indem<br />
er den Kongress darüber in Kenntnis setzt, dass<br />
diese Person keiner „sanktionierbaren“ Tätigkeit<br />
mehr nachgeht, diese eingestellt hat oder eine solche<br />
Tätigkeit in Zukunft unterlassen wird. Ebenso<br />
können Sanktionen betreffend der Cyber-Sicherheit<br />
und der Situation in der Ukraine vom Präsidenten<br />
aufgehoben werden: Zum Beispiel, wenn<br />
dies im Interesse der amerikanischen Nationalsicherheit<br />
liegt, die russische Regierung ihrerseits<br />
spürbare Bemühungen zur Einschränkung von<br />
Cyber-Attacken unternimmt oder bezüglich der<br />
Ukraine Schritte zur Erfüllung der Minsker Vereinbarungen<br />
macht. Sanktionen in Gesetzesform<br />
lassen jedenfalls vermuten, dass sie für eine lange<br />
Zeitdauer angedacht sind. So befürchtet auch<br />
der ehemalige Finanzminister Russlands, Alexei<br />
Kudrin, dass jahrzehntelange Strafmaßnahmen<br />
Russlands Wirtschaft und Reputation gefährden<br />
könnten, da diese das Land in dieselbe Reihe wie<br />
Iran und Nordkorea stellen.<br />
•<br />
Neuer Inhalt<br />
Die neuen gesetzlich genormten Sanktionen<br />
machen nun eine „Universalanwendung“ möglich.<br />
So enthält das Dokument keine Listen mit<br />
konkreten Personen, sondern schreibt lediglich<br />
Kriterien fest, wonach gegen einzelne Personen<br />
Sanktionen fällig werden können. Zum Beispiel,<br />
wenn Personen an einer „Unterminierung der<br />
Cyber-Sicherheit“ der Gesellschaft, der Regierungen<br />
oder demokratischen Institutionen seitens<br />
Russland beteiligt sind oder Verletzungen der<br />
Menschenrechte auf durch Russland kontrollierten<br />
Territorien begehen. Im Gegenzug soll dann<br />
ihr Eigentum beschlagnahmt, ihre Visa aufgehoben<br />
und ihre Einreise in die USA verweigert<br />
werden. Zudem beschränkt dieses Gesetz auch<br />
die Finanzierungsdauer von russischen Banken<br />
auf maximal 14 Tage bzw. von Gesellschaften des<br />
Energieversorgungssektors auf maximal 60 Tage.<br />
Ebenso sind ab jetzt US-Behörden legitimiert, Untersuchungen<br />
gegen hohe politische Funktionäre<br />
im Ausland, Organisationen mit Kontakten zu<br />
russischen Militär- und Aufklärungsstrukturen<br />
sowie gegen russische Oligarchen einzuleiten.<br />
Analysiert werden dabei etwa Geldflüsse, eventuelle<br />
korrupte Verbindungen oder Geschäftsbeziehungen<br />
zu Präsident Putin.<br />
Dipl. iur. ELIZAVETA DUB-<br />
ROVSKAYA, LL.M. ist Senior<br />
Legal Counsel und Co-Lead<br />
des Russian & CIS Desk bei<br />
LGP. Die russische Juristin<br />
spezialisiert sich auf komplexe<br />
grenzüberschreitende<br />
Projekte (insbesondere mit<br />
Russland und dem GUS-<br />
Raum) in den Bereichen<br />
Unternehmensrecht,<br />
Immobilienrecht, Investitionsrecht,<br />
Energierecht, EU-<br />
Recht und internationales<br />
Handelsrecht.<br />
•<br />
Exterritorialität als Premiere<br />
Besonders interessant ist der Abschnitt des Gesetzesentwurfes,<br />
in dem es um Sanktionen im Rahmen<br />
der Entwicklung von Rohrleitungen geht. Der<br />
US-Präsident wird das Recht haben, all jene Investoren<br />
zu sanktionieren, die Russlands Möglichkeiten<br />
beim Bau von Rohrleitungen zum Energieträgerexport<br />
fördern. Außerdem können Sanktionen auch<br />
über jene Personen verhängt werden, die an Russland<br />
Waren, Dienstleistungen, Technologien oder<br />
Informationen verkaufen oder Unterstützung (im<br />
Marktwert von über 1 Million US-Dollar oder über<br />
5 Millionen US-Dollar binnen 12 Monaten) zum<br />
Bau solcher Rohrleitungen leisten. Und obwohl die<br />
Verhängung von Sanktionen in diesem Fall keine<br />
Pflicht, sondern ein Recht des Präsidenten ist und<br />
in „Kooperation mit den US-Verbündeten“ erfolgen<br />
muss, löste diese Neueinführung in Europa eine<br />
Kritikwelle aus. Denn – theoretisch gesehen – fällt<br />
unter diese Regelung auch die „Nord-Stream-2-Pipeline“,<br />
an dem Unternehmen wie Gazprom, Engie,<br />
OMV, RoyalDutchSchell, Uniper und Wintershall<br />
beteiligt sind. Auch OMV Generaldirektor Rainer<br />
Seele erklärte dazu, dass die neuen Sanktionen die<br />
Finanzierung dieser wichtigen Rohrleitung de facto<br />
unmöglich machen und die Projektrealisierung<br />
letztlich von einer Eigenmittelfinanzierung der<br />
einzelnen Partner abhängig sein wird.<br />
•<br />
Ein Blick in die Zukunft<br />
Wie sich die neuen US-Sanktionen in Zukunft<br />
konkret auswirken werden, erfahren wir am 28.<br />
November <strong>2017</strong>. Berlin und Brüssel haben jedenfalls<br />
Gegenmaßnahmen angedroht, sollte Washington<br />
europäische Gesellschaften mit Strafen<br />
belegen wollen. Der deutsche Außenminister<br />
Sigmar Gabriel und der österreichische Bundeskanzler<br />
Christian Kern warnten einhellig davor,<br />
dass dieses neue Sanktionspaket die Beziehungen<br />
zwischen den USA und Europa negativ beeinträchtigen<br />
würde und betonten dabei gleichzeitig, dass<br />
der Bau von Rohrleitungen eine Sache Europas<br />
und nicht der USA“ wäre. Viele Experten glauben<br />
jedoch, dass Europa die neuen amerikanischen<br />
Sanktionen trotz allem unterstützen wird. Sollten<br />
also die EU-Politiker die Interessen ihrer Gesellschaften<br />
und Unternehmen nicht in Schutz<br />
nehmen, so bleibt letzteren nur mehr ein einziges<br />
juridisches Mittel übrig: nämlich die Streitigkeiten<br />
im WTO-Rahmen beizulegen, was in der Regel<br />
mehrere Jahre dauern kann. Bislang wurde bei<br />
der WTO jedoch nicht eine einzige Klage betreffend<br />
der Sanktionen gegen Russland eingereicht.<br />
Der Russian & CIS-Desk bei LGP verfügt über<br />
langjährige praktische Erfahrungen und betreut<br />
Kunden beim Geschäftsaufbau mit Russland. Unsere<br />
Experten beraten Sie gerne bei sämtlichen<br />
juristischen und wirtschaftlichen Fragen – nicht<br />
nur im Zusammenhang mit den US-Sanktionen,<br />
sondern auch mit Gesellschaftsstrukturen, Investitionsstrategien<br />
und sonstigen Aspekten einer erfolgreichen<br />
Internationalisierung. •<br />
TEXT: Dipl. iur. Elizaveta Dubrovskaya, LL.M.<br />
<strong>SOCIETY</strong> 2_<strong>2017</strong> | 111