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Die April-Ausgabe hat das Titelthema Breitbandausbau von Gewerbegebieten.

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Wirtschaft & Finanzen<br />

Finanzierung<br />

Wirtschaft & Finanzen<br />

Carry Trade<br />

Vorsicht vor verlockendem Kauf<br />

Viele Kommunen stehen bekanntermaßen finanziell mit dem Rücken zur Wand.<br />

In dieser Situation scheint <strong>der</strong> Kauf von Schuldscheindarlehen verlockend,<br />

um mit Zinseinnahmen die Kassenlage aufzubessern. Doch dieser Carry Trade<br />

ist riskant. Wenn es Ausfälle gibt, haften die Kommunen alleine.<br />

Immer mehr Städte kaufen am laufenden<br />

Band Schuldscheindarlehen in Millionenhöhe.<br />

Warum machen sie das,<br />

obwohl sie hoch verschuldet sind? Die<br />

Antwort klingt erst einmal wenig logisch:<br />

Gerade, weil sie hohe Schulden haben. Sie<br />

wollen damit ihre Finanzen aufbessern.<br />

Bei ihren Hausbanken nehmen diese Kommunen<br />

günstige Kredite auf. Öffentliche<br />

Schuldner erfreuen sich einer<br />

guten Bonität und damit vergleichsweise<br />

niedriger Zinsen.<br />

Zudem erhalten Kommunen<br />

relativ einfach Kredite.<br />

Mit dem Geld aus den Krediten<br />

kaufen diese Kommunen<br />

nun Schuldscheindarlehen.<br />

Die Zinsen,<br />

die sie auf die Schuldscheindarlehen<br />

erhalten,<br />

sind höher als die<br />

Kreditzinsen, welche<br />

die Kommune an ihre<br />

Hausbank zahlen muss.<br />

Dieser Carry Trade ist allerdings<br />

nicht ohne Risiko für die Kommunen.<br />

Denn die Schuldner,<br />

denen die Kommunen ihr<br />

selbst nur geliehenes Geld<br />

weiter verleihen, haben ein<br />

Ausfallrisiko.<br />

Die Schuldner, die sich<br />

in Form von Schuldscheindarlehen<br />

Geld bei<br />

den Kommunen leihen,<br />

sind Unternehmen, die<br />

sich dadurch günstiger<br />

finanzieren als über<br />

einen Kredit.<br />

Doch wie kommen<br />

die Kommunen<br />

überhaupt auf diese<br />

Idee? Durch (Investment-)Banker<br />

und Finanzvermittler.<br />

Denn diese verdienen an <strong>der</strong> Vermittlung<br />

<strong>der</strong> Schuldscheindarlehen sehr<br />

gut. Bei jedem Trade fällt eine ordentliche<br />

Spanne (Spread) für die vermittelnde<br />

Bank, den Broker o<strong>der</strong> die Kette an Vermittlern<br />

ab. Risikolos versteht sich.<br />

Münzstapel: Die finanzielle Not<br />

vieler Kommunen birgt<br />

eine gewisse Anfälligkeit für<br />

Versprechungen über schnelle<br />

Extraeinnahmen. Doch <strong>der</strong><br />

Kauf von Schuldscheindarlehen<br />

ist riskant.<br />

Die Vermittlung von Schuldscheindarlehen<br />

ist für Banken in mehrerlei Hinsicht<br />

attraktiv. Sie müssen selbst keinen Kredit<br />

vergeben. Denn eine Kreditvergabe kostet<br />

Eigenkapital und birgt Risiken. Durch die<br />

Vermittlung des Schuldscheindarlehens<br />

erfüllt die Bank trotzdem das Bedürfnis<br />

von Unternehmen nach frischem Geld. Die<br />

Bank bindet einen Kunden an sich, den sie<br />

möglicherweise zuvor nicht hatte, und sie<br />

verdient sehr viel Geld schlicht dadurch,<br />

dass sie mehrere Basispunkte des Zinses<br />

Foto: Schauer/Fotolia<br />

als Marge o<strong>der</strong> Gebühr einbehält. Broker<br />

und Finanzvermittler lockt die lukrative<br />

Marge an.<br />

Ein Schuldscheindarlehen ähnelt einem<br />

Kredit sehr. Es handelt sich nicht um ein<br />

Wertpapier, son<strong>der</strong>n um eine Schuld nach<br />

dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Entsprechend<br />

gibt es keine formalen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zur Dokumentation, keine Informationspflichten<br />

des Emittenten, keine<br />

Prospektpflicht und auch sonst keine Vorgaben,<br />

wie sie etwa für Anleihen gelten. In<br />

<strong>der</strong> Praxis erhält <strong>der</strong> Gläubiger im Gegenzug<br />

für sein Geld – oft mehrere Millionen<br />

Euro – ein ziemlich kurzes Schreiben, in<br />

dem nicht viel mehr als die Eckdaten <strong>der</strong><br />

Geldleihe festgehalten sind.<br />

Banken führen bei je<strong>der</strong> Kreditvergabe<br />

weitreichende Überprüfungen durch. Sie<br />

beschäftigen nicht umsonst riesige Abteilungen,<br />

die sich mit nichts an<strong>der</strong>em<br />

befassen. Denn das Kreditgeschäft birgt<br />

große Risiken. Selbst Kredite, die zuvor<br />

eingehend geprüft wurden, können notleidend<br />

werden und ausfallen. Dafür hält<br />

jede Bank Reserven vor.<br />

PRÜFUNG BRAUCHT ERFAHRUNG<br />

Doch wie sieht die Due Diligence (Risikoprüfung)<br />

bei den Kommunen aus, die sich<br />

auf diesen Carry Trade einlassen? Haben<br />

sie die nötige Expertise, die Zeit und die<br />

Erfahrung, ganz zu schweigen von den<br />

Werkzeugen, die helfen, den Schuldner<br />

und sein Kreditansuchen risikomäßig zu<br />

beurteilen und vor allem auch zu bewerten?<br />

Je höher das Risiko, desto höher muss<br />

<strong>der</strong> Risikoaufschlag und damit <strong>der</strong> Zins<br />

ausfallen. O<strong>der</strong> vertrauen die Kämmerer<br />

ihren Bankern und Finanzvermittlern in<br />

dieser Hinsicht blind? Vertrauen sie darauf,<br />

dass <strong>der</strong> Banker sich Gedanken gemacht<br />

hat und <strong>der</strong> Zins auf das Schuldscheindarlehen<br />

schon okay sein wird?<br />

Ein wenig erinnert die Situation an die<br />

Zeit <strong>der</strong> Zinsswaps, die vielen Kommunen<br />

vor gut zehn Jahren von ihren Bankern<br />

nicht zur Absicherung, son<strong>der</strong>n als sogenannte<br />

„Zinsvergünstigungsstrategien“<br />

schmackhaft gemacht wurden. Auch damals<br />

kontaktierten die Banker und Broker<br />

massenweise Kämmerer, zeigten diesen<br />

bunte Präsentationen, erfolgversprechende<br />

Charts und redeten klug daher. Es<br />

wurde zum Essen eingeladen, und selbst<br />

internationale Investmentbanken gaben<br />

sich in ihren schicken Anzügen in deutschen<br />

Rathäusern die Klinke in die Hand.<br />

Die großen Zeiten <strong>der</strong> Zinsswaps sind<br />

heute vorbei. Geblieben ist weiterhin die<br />

finanzielle Not vieler Städte und Gemeinden.<br />

Und damit eine gewisse Anfälligkeit<br />

für schöne Versprechungen, wie man<br />

schnell, einfach und kostenlos zu einer<br />

kleinen Extraeinnahme kommen kann.<br />

Der Carry Trade ist aber alles an<strong>der</strong>e<br />

als risikolos. Solange es keine Ausfälle bei<br />

den Schuldscheindarlehen gibt, läuft dieses<br />

Zinsspiel weiter. Die ersten, schönen<br />

Zinseinnahmen, die netto Geld in die leere<br />

Kasse spülen, motivieren zu weiteren Geschäften.<br />

Was aber, wenn die ersten Ausfälle<br />

kommen? Ein Spiel mit dem Feuer!<br />

Den Gewinn teilen die Kommunen mit<br />

den Banken und Brokern. Das Risiko tragen<br />

die Kommunen alleine. Martina Bahl<br />

KOMMUNALE FINANZEN 2016<br />

Die Kern- und Extrahaushalte <strong>der</strong><br />

Gemeinden und Gemeindeverbände<br />

in Deutschland (ohne Stadtstaaten)<br />

wiesen im Jahr 2016 einen Überschuss<br />

in Höhe von rund 5,4 Milliarden Euro<br />

aus. Nach Angaben des Statistischen<br />

Bundesamts war dieser Überschuss laut<br />

vierteljährlicher Kassenstatistik um 2,2<br />

Milliarden Euro höher als im Vorjahr.<br />

Die Kommunen verzeichneten im Jahr<br />

2016 einen deutlichen Zuwachs <strong>der</strong><br />

Einnahmen um sieben Prozent auf<br />

247,1 Milliarden Euro. Die positive Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Steuereinnahmen mit plus<br />

5,8 Prozent auf 89,8 Milliarden Euro<br />

führen die Statistiker auf den Anstieg<br />

<strong>der</strong> Gewerbesteuereinnahmen (netto)<br />

um 9,7 Prozent auf 38,3 Milliarden Euro<br />

zurück. Die günstigen Verhältnisse am<br />

Kreditmarkt ermöglichten den Kommunen<br />

eine Reduktion <strong>der</strong> Zinsausgaben<br />

um 9,6 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro.<br />

DIE AUTORIN<br />

Martina Bahl ist Geschäftsführerin des<br />

Beratungsunternehmens Bahl Consult<br />

in Kaarst<br />

(martina.bahl@bahlconsult.com)<br />

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